Putin sollte Wehrpflichtige schützen – doch jetzt stehen sie an der Front bei Kursk
Russland lässt seine Grenzen offenbar von schlecht ausgebildeten Wehrpflichtigen verteidigen. Das rächt sich im Ukraine-Krieg an der Kursk-Front.
Moskau – Russlands Armee war auf den ukrainischen Vorstoß in Kursk kaum vorbereitet. Das Problem könnte ein strukturelles sein: An der Grenze zur Ukraine stehen wohl vor allem Wehrpflichtige. Ein heikles Thema in Russland. Eigentlich sind sie nicht für schwere Kämpfe vorgesehen – was wohl auch ihre schlechtere Ausbildung begründet.
„Als die Grenze um 3 Uhr morgens von Panzern angegriffen wurde, waren dort nur Wehrpflichtige, die sich verteidigten“, klagte laut CNN eine Russin auf Telegram. Einträge dieser Art gäbe es zurzeit zahlreiche. Der Bericht zitiert auch eine russische Großmutter, die über ihren inzwischen vermissten wehrpflichtigen Enkel spricht: „Was hätten die Jungs tun können? Mit einer Schaufel gegen (die ukrainischen Soldaten) vorgehen?“ Weibliche Angehörige von Soldaten seien in Russland „traditionell eine einflussreiche Stimme“, betont CNN dabei.
Einsatz von Wehrpflichtigen in Russland ein heikles Thema
Wehrpflichtige in Russland können laut Gesetz schon vier Monate nach ihrem Eintritt in die Armee zu Kampfeinsätzen herangezogen werden, doch in der Realität mangele es diesen Männern an Ausbildung, berichtet aktuell auch das ZDF.
Kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs hatte Russlands damaliger Verteidigungsminister Sergej Schoigu betont, dass die neuen Rekruten nicht in Krisengebiete entsendet würden. Unwahr, wie sich herausstelle, und nach Informationen des Spiegel auch nicht einhaltbar: Unter russischem Recht könnten auch Wehrdienstleistende nach ihrer Grundausbildung in Kampfgebiete geschickt werden.
CNN schreibt hingegen, die Entsendung von Wehrpflichtigen ins Ausland sei gesetzlich verboten. Deshalb landeten sie häufig bei der Grenzsicherung – jedoch ohne, dass Russland einen Angriff erwarten würde. Das erwies sich in Kursk jetzt als fatal.
Neue Petition in Russland an Putin: Wehrpflichtige aus Kursk abziehen
Trotz großer Repressionen demonstrieren immer wieder Frauen in Russland für die Rückkehr ihrer Männer von der Front. Hintergrund ist die Mobilisierungswelle rund ein halbes Jahr nach dem Einmarsch in die Ukraine. Damals wurden offiziellen Angaben zufolge 300.000 Männer eingezogen.
Bei vielen Angehörigen wächst inzwischen der Unmut darüber, dass diese Männer oft noch immer nicht zurückgekehrt sind – während andere Kämpfer, die sich freiwillig zum Einsatz an der Front gemeldet hatten, teils schon wieder zurück in Russland sind. Im Internet zirkuliert jetzt eine Petition, die Kremlchef Wladimir Putin auffordert, die Wehrpflichtigen aus der Region Kursk abzuziehen, weiß CNN.
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ISW: Russland mangelt es kurzfristig an Soldaten für Kursk-Offensive der Ukraine
Wie das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem jüngsten Lagebericht zum Ukraine-Krieg schreibt, hat Russland wohl Probleme, besser ausgebildete Berufssoldaten an die Front in Kursk zu schicken. Die Militäranalysten berufen sich dabei auf zwei Quellen, die westlichen Geheimdiensten nahestehen. Demnach reagiert das russische Militär auf die Entwicklungen entweder verzögert – oder gar nicht, weil die Streitkräfte fehlen.
Das britische Verteidigungsministerium teilte zum Monatsanfang mit, die mangelnde Ausbildung der russischen Kräfte hätte auch im Gebiet Charkiw (Ukraine) dazu geführt, dass die Angreifer taktische Erfolge nicht ausnutzen könnten. Großbritannien rechnet angesichts der russischen Angriffe in der Ukraine mit andauernd hohen Verlusten. Im August würden wahrscheinlich weiterhin im Durchschnitt mehr als 1000 russische Soldaten jeden Tag getötet oder verwundet, teilte das Ministerium mit. (frs)