Iran droht Israel mit Vergeltung – doch die Möglichkeiten sind begrenzt
Der Iran sieht Israel hinter dem Angriff auf ihr Botschaftsgelände in Syrien. Nun kündigt Teheran Rache für die getöteten Kommandeure an. Welche Szenarien es gibt.
Teheran/Damaskus – Die Angst vor einer Eskalation beim Krieg in Israel wächst. Nach dem mutmaßlich israelischen Luftschlag auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in Damaskus mit sieben Toten hat der Iran mit Vergeltung gedroht. Die möglichen Szenarien sind allerdings begrenzt. Laut CNN-Analysen stehen dem Iran vier Möglichkeiten offen.
Szenario 1: Iran nimmt US-Truppen ins Visier
Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian machte die USA für den Anschlag verantwortlich. „Es hat den Anschein, dass die Iraner die USA für das, was Israel getan hat, genauso verantwortlich machen wie die USA den Iran für das, was die irakischen Milizen tun“, sagte Trita Parsi, ein im Iran geborene Nahostexperte, gegenüber CNN.
Amir-Abdollahian rief die internationale Gemeinschaft laut einer Erklärung aus Teheran dazu auf, „ernsthaft“ auf die „kriminellen Handlungen“ Israels zu reagieren. Er berief zudem den Schweizer Gesandten ein. Da Washington keine diplomatische Vertretung im Iran unterhält, fungiert der Schweizer Missionschef als Vertreter der USA in Teheran.
Der Iran hat bereits einen Stellvertreterkonflikt mit den USA auf niedriger Ebene durch verbündete Milizen in Syrien und im Irak ausgetragen. Dieser Konflikt ist jedoch seit der Ermordung von drei US-Soldaten in Jordanien im Januar deeskaliert. Als Vergeltung führten die USA Dutzende von Angriffen auf mindestens sieben Orte im Irak und in Syrien durch.

Parsi sagte, die Rhetorik des Irans seit dem Angriff auf die Botschaft deute darauf hin, dass dieser „Waffenstillstand“ mit den USA vorbei sein könnte. „Das würde bedeuten, dass der israelische Angriff auf den Iran die amerikanischen Truppen im Nahen Osten ins Visier genommen hat“, sagte er.
Szenario 2: De Iran greift israelische Einrichtungen im Ausland an
Mit dem Anschlag auf die iranische Botschaft ist eine neue Stufe des Konflikts erreicht. Denn Botschaften und Konsulate stehen im Völkerrecht grundsätzlich unter besonderem Schutz. In der Wiener Konvention für diplomatische Beziehungen von 1961 sieht Artikel 22 die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten einer diplomatischen Vertretung vor.
Meine news
Mehrere arabische Staaten sowie China verurteilten den Luftschlag. In einer Mitteilung des saudischen Außenministeriums hieß es, Angriffe auf diplomatische Einrichtungen stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar. Ägypten äußerte sich ähnlich. Das Golfemirat Katar betrachtet den Angriff nach eigenen Angaben als einen „eklatanten Verstoß“ gegen internationale Abkommen und Konventionen.
Sanam Vakil, Direktorin des Programms für den Nahen Osten und Nordafrika bei der Denkfabrik Chatham House in London sagte, es sei unwahrscheinlich, dass der Iran israelische diplomatische Vertretungen im Ausland angreifen würde, und fügte hinzu, dass Teheran „wahrscheinlich nicht die Gunst verlieren“ wolle, die es durch diesen Angriff erlangt habe.
Szenario 3: Der Iran mobilisiert die Hisbollah gegen Israel
Die fähigste Miliz des Iran im Kampf gegen Israel ist die libanesische Hisbollah. Sie soll über etwa 150.000 Raketen und präzisionsgelenkte Munition in unmittelbarer Nähe zu Israel verfügen und hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, tief in israelisches Gebiet einzudringen.
Israel bereitet sich jedoch schon seit Monaten auf einen Krieg mit der Hisbollah vor und hat mehr als 40 Gemeinden im Norden des Landes evakuiert. Fachleute bezweifeln aber, dass die Hisbollah bereit ist, in einen verheerenden Krieg mit Israel zu treten.
Der Iran könnte auch andere verbündete Milizen in der Region mobilisieren, doch deren Möglichkeiten, Israel Schaden zuzufügen, sind aufgrund ihrer Entfernung begrenzt. Die jemenitischen Huthi-Rebellen greifen seit Mitte November verstärkt Handelsschiffe an, die auf der kürzesten Route zwischen Asien und Europa den Golf von Aden und das Rote Meer an der jemenitischen Küste entlang durchqueren. Die Miliz agiert nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen und richten ihre Attacken auf Frachter mit angeblicher Verbindung zu Israel, den USA oder Großbritannien. Zudem ist auch Israel selbst Angriffen der Huthi-Rebellen ausgesetzt.
Szenario 4: Iran verzichtet auf direkte militärische Konsequenzen
Fachleute sind der Meinung, dass der Iran dieses Mal zum Handeln gezwungen sein könnte, warnen jedoch davor, dass Teheran in eine Falle tappen könnte. Ein umfassenderer Krieg mit Israel, in den der Iran verwickelt ist, könnte westliche Staaten auf Israels Seite ziehen – zu einer Zeit, in der Israel aufgrund seines Verhaltens im Gazastreifen auf der Weltbühne zunehmend isoliert wird.
Sanam Vakil sagte gegenüber CNN, es sei unwahrscheinlich, dass der Iran mit einem direkten militärischen Angriff reagieren werde. Teheran wisse, dass die gesamte Region, Israel und die USA einen größeren Krieg vermeiden wollen. (bagum)