Erdogans Schattenarmee SADAT bildet 5000 syrische Kämpfer in Libyen aus
Die türkische Sicherheitsfirma SADAT hat offenbar 5.000 syrische Kämpfer in Libyen ausgebildet. Die Söldner kämpfen dann für die Interessen von Präsident Erdogan.
Ankara - Die türkische Sicherheitsfirma SADAT gilt als die Schattenarmee von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Offiziell ist sie nur eine Beratungsfirma, die auch die Gebiete Ausbildung und Logistik abdeckt. Immer wieder waren in der Vergangenheit Informationen über SADAT öffentlich geworden, wie sie syrische Dschihadisten ausbildet und auch selbst Söldner in Krisengebiete schickt.
In den vergangenen Jahren hatten türkische Oppositionspolitiker immer wieder vor der SADAT gewarnt. Die Vorsitzende der IYI Parti, Meral Akşener, hatte 2022 auf Halk TV über zwei Trainingslager der SADAT gesprochen. In Konya und Tokat würden Männer trainiert werden, die „keine Soldaten“ seien, sagte sie damals. Eine Quelle habe ihr Fotos gezeigt, die das belegten.
Vorwürfe gegen Erdogans Schattenarmee SADAT – „Unternehmen, das Terroristen ausbildet“
„Die Türkei wird niemals zur Geisel paramilitärischer Gruppen“, sagte der ehemalige Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu (CHP) ebenfalls bei einer Pressekonferenz vor der Zentrale der SADAT in Istanbul am 13. Mai 2023. „Die SADAT ist eine paramilitärische Organisation und hat bis gestern noch Erdogan beraten“, sagte der CHP-Politiker und stellte unmissverständlich klar: „Das ist ein Unternehmen, das Terroristen ausbildet“.
Am 17. Juni 2021 stürmte ein bewaffneter Mann das Parteibüro der pro-kurdischen HDP in Izmir und erschoß dort die Kurdin Deniz Poyraz, ein Parteimitglied. Bei dem Attentäter handele es sich um den türkischen Nationalisten Onur Gencer, der sich in den sozialen Medien mit dem Wolfsgruß zeige. Der Mörder habe zudem HDP-Mitglieder, Kurden, Aleviten und andere Oppositionelle beleidigt und bedroht, sagte damals die ehemalige HDP-Abgeordnete Hüda Kaya. „Er wurde in Syrien von der SADAT ausgebildet“, stellte Kaya klar.

Türkischer Oppositionsführer kritisiert Erdogan – mit SADAT-Gründer eng verbandelt
Und die SADAT ist offenbar mit der Regierung von Präsident Erdogan eng verbandelt. Am 18. Mai 2023 legt Oppositionsführer Kilicdaroglu in einer Nachricht auf X nach. „Erdoğan, Sie haben gesagt: ‚Ich habe nichts mit SADAT zu tun.‘ Darf ich Ihnen vorstellen, die 6. Person zu Ihrer Linken bei dem Treffen, bei dem Staatsgeheimnisse besprochen wurden, ist der Gründer von SADAT. Er ist ein Waffenhändler. Er will einen neuen Staat gründen, mit Istanbul als Hauptstadt und Arabisch als Sprache. Erzählen Sie uns, was Sie von Ihrem Chefberater gehört haben, damit wir aufgeklärt werden können.“ Auf dem Foto zu dem Kommentar sieht man die engsten Vertrauten von Erdogan und einen Mann mit weißem Bart – der Gründer von SADAT und ehemalige General Mehmet Tanrıverdi.
Erdogan will mit SADAT Nahen Osten neu gestalten – Schattenarmee bildet 5000 syrische Kämpfer aus
Einem Artikel des Portals Sözcü zu SADAT, der sich auf UN-Berichte stützt, zufolge, ist die SADAT vor allem in Syrien und in Libyen aktiv. In einem der Berichte sei festgestellt worden, dass die SADAT etwa 5.000 syrische Kämpfer nach Libyen gebracht und ihre Gehälter gezahlt hat. Schließlich hatte die Türkei im libyschen Bürgerkrieg kräftig mitgemischt und auch Waffen in das Land geschmuggelt.
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Die Aktivitäten der SADAT im Auftrag von Erdogan bestätigt auch Dr. Kamal Sido, Nahostreferent bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA. Der mächtige Mann in Ankara versuche vor allem seine Macht im Nahen Osten auszubauen. „Erdogan hat die SADAT immer wieder genutzt, um eine strategische Position bei der Neugestaltung des Nahen Ostens und des sich verändernden internationalen Gleichgewichts zu erlangen. Seit Beginn der Syrienkrise 2012 hat Erdogan über die SADAT syrische Söldner ausbilden lassen. Er hat sie in vielen Ländern eingesetzt, nicht nur in Syrien selbst, sondern später auch in Libyen, im Irak oder im Südkaukasus“, so Sido.
Erdogans Schattenarmee: SADAT rekrutiert Söldner in Syrien für Nahen Osten und Afrika
Die Söldner würden aber auch in anderen Länder eingesetzt. „Wenn diese Söldner nicht mehr in anderen Ländern gebraucht werden, werden sie wahrscheinlich nur noch gegen die Kurden in Syrien, im Irak oder in der Türkei selbst eingesetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese kriminellen Aktivitäten Erdogans ohne Wissen und Zustimmung der NATO-Partner Erdogans geschehen“, sagt Sido.
Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) im Vereinigten Königreich bestätigte fr.de, dass die SADAT Söldner in Syrien rekrutiert. „Die Rekrutierung der Söldner durch SADAT erfolgt seit mindestens fünf Jahren für Einsätze außerhalb Syriens mithilfe der pantürkischen Milizen in Nordsyrien wie in der syrisch-kurdischen Region Afrin. Dann werden sie im Auftrag der Türkei nach Niger, in den Südkaukasus oder neuerdings in die Berge Kurdistans im Nordirak geschickt, um dort zu kämpfen“, erzählit Rami Abdulrahman, Direktor der SOHR im Gespräch mit unserer Redaktion.
Enge Verbindungen zum türkischen Präsidenten – Erdogan nimmt SADAT-Chef auf Golfreise mit
SADAT sieht sich dagegen als Opfer einer Schmutzkampagne, schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung am 26. Mai 2023. Darin weist es die Vorwürfe etwa des ehemaligen Oppositionsführers zurück. „Wir fordern Herrn Kilicdaroglu auf, unser Unternehmen, das eines der wenigen türkischen Unternehmen ist, die im Dienstleistungssektor der Verteidigungsindustrie tätig ist, nicht länger für seine politische Propaganda zu benutzen und die türkische Nation nicht länger zu täuschen. SADAT ist kein Akteur der türkischen Politik“.
Doch auch der türkische Präsident selbst widerspricht praktisch SADAT. Am 8. Oktober 2018 hatte Erdogan SADAT-Gründer Adnan Tanriverdi in sein Gremium für Sicherheits- und Außenpolitik einberufen. Im Juli hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Golfreise angetreten. Er hatte mehrere seiner Minister mitgenommen und auch den Vorstandsvorsitzenden der umstrittenen Privatarmee „Sadat“, Melih Tanriverdi, den Sohn des SADAT-Gründers. Tanriverdi hatte auf seinem X-Profil Fotos dieser Reise gepostet. (erpe)