Doppelschlag gegen russische Diamanten – EU packt den Sanktionshammer aus

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Nachdem Russland vorige Diamantsanktionen umgangen hatte, spielt die EU eine neue Karte aus. In einem neuen Paket erweitert sie die bestehenden Sanktionen.

Brüssel – Seit Jahresbeginn gilt das neu verhängte Einfuhrverbot für russische Diamanten. Die EU-Staaten haben noch einmal nachgelegt und zusätzliche Sanktionen gegen den staatlichen Diamantenkonzern Alrosa und den Alrosa-Chef Pawel Alexejewitsch Marinytschew verhängt. Laut dem Europäischen Rat gehören beide zu einer Gruppe von Verantwortlichen, die die territoriale Sicherheit, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Ukraine planmäßig untergraben.

Anteil von Alrosa am russischen Diamantmarkt (laut EU) 90 Prozent
Einnahmen des Konzerns (Stand 2021) 3,4 Milliarden Euro
Jährliche Konzerneinnahmen (Nach Schätzung der EU-Kommission)) 4,0 Milliarden Euro

EU belegt Diamantenriesen Alrosa mit Sanktionen

Aktuell ist Alrosa das größte Unternehmen für die Förderung von Diamanten der Welt. Laut EU-Rat deckt es mehr als 90 Prozent der russischen Diamantproduktion ab. „Das Unternehmen ist ein wichtiger Teil des Wirtschaftssektors, der der Regierung der Russischen Föderation beträchtliche Einnahmen beschert“, heißt es in einer Meldung von EU-Seite. Weiter heißt es, die neuen Sanktionen seien Teil einer gemeinsamen Strategie der G7, um Russland die Einnahmen aus dem Diamanthandel zu nehmen.

In der ersten Jahreshälfte 2022 nahm Alrosa laut der Nachrichtenagentur Reuters umgerechnet rund 1,9 Milliarden US-Dollar ein. Das entsprach einem Plus von 3,5 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 2021.

Das bewirken die EU-Sanktionen

Marinytschew ist damit, genau wie die anderen von der EU sanktionierten Personen, mit einer Reisesperre belegt. Das bedeutet, ihm ist das Einreisen in die EU sowie die Durchreise durch EU-Länder verboten. Außerdem werden seine finanziellen Mittel eingefroren. Europäischen Bürgern und Unternehmen ist es verboten, ihm finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ein Mann untersucht einen Diamanten mit dem Vergrößerungsglas.
Doppelschlag gegen russische Diamanten – EU packt den Sanktionshammer aus © IMAGO / Pond5 Images

Die neuen Sanktionen ergänzen das Einfuhrverbot für russische Diamanten, das Teil des zwölften Pakets wirtschaftlicher und individueller Sanktionen ist. Die EU hatte dieses Paket bereits am 18. Dezember 2023 in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verabschiedet.

Wie wirksam ist das Verbot russischer Diamanten?

Obwohl die Vereinigten Staaten nebst anderen Ländern russische Diamanten bereits seit längerer Zeit sanktioniert haben, sollen erstaunlich viele dieser Edelsteine in westliche Märkte gelangen. Einem Bericht der Wirtschaftswoche aus dem vergangenen Jahr zufolge hat Russland einen Trick gefunden, um die Sanktionen zu umgehen: Unternehmen wie Alrosa verkaufen die noch unbearbeiteten Steine, Rohdiamanten genannt, die die Endkonsumenten nicht wollen.

Diese Rohdiamanten schicke das Unternehmen dann in ein kooperatives Land, etwa Indien, wo Politur und Schliff stattfänden. Anschließend würden die Diamanten als beispielsweise indische Steine betrachtet – dem Weiterverkauf in den Westen stünde nichts mehr im Weg. Indische Diamanten seien in den US-Sanktionen nicht aufgeführt.

Wie der Schliff Diamanten „transformiert“

Bereits im Sommer vergangenen Jahres berichtete die Nachrichtenagentur Reuters von dieser Praxis. „Opportunistische Akteure am Diamantenmarkt haben Handelsmechanismen entwickelt, um die Wirkung der Sanktionen zu umgehen, vor allem beim Handel mit russischen Diamanten in US-Dollar“, zitierte Reuters den Diamantenexperten Paul Zimnisky. Sobald russische Diamanten außerhalb des Landes geschliffen und poliert würden, betrachten die Händler das Land des Schliffs als Ursprungsland.

So reagiert die EU

Daraus hat die Europäische Union gelernt. Im neuen Verbot, das seit dem 1. Januar 2024 gilt, sind explizit die Einfuhr, der Kauf und die Verbringungen, mittelbar oder unmittelbar, von Diamanten aus Russland aufgeführt. Das gilt sowohl für Diamanten mit Ursprung in Russland und für aus Russland ausgeführte, als auch durch Russland durchgeführte und in Drittländern außerhalb Russlands verarbeitete Diamanten.

Vom 1. März 2024 bis zum 1. September 2024 will die EU ein indirektes Einfuhrverbot für russische Diamanten einführen, deren Verarbeitung (Politur, Schnitt, Schliff) in Drittländern stattfand. Dies betrifft auch Schmuckwaren mit aus Russland stammenden Diamanten. Dabei „wird berücksichtigt, dass ein geeigneter Rückverfolgungsmechanismus eingeführt werden muss, der eine wirksame Durchsetzung ermöglicht und die Störungen für die Marktbeteiligten auf ein Minimum beschränkt“, teilte der Europäische Rat weiter mit.

Antwerpen als Diamant-Prüfstelle

Einem Bericht der Euronews zufolge steht bereits eine mögliche Lösung für das Problem mit dem Rückverfolgungsmechanismus im Raum. Eine auf der Blockchain basierende Technologie soll es möglich machen, den Weg der Diamanten zurückzuverfolgen. Weiter müsse jeder Diamant, der in einem der Länder, die Sanktionen gegen Russlands Diamanten verhängt haben, in der belgischen Diamanthochburg Antwerpen zertifiziert werden.

Auf Anfrage, wie die Rückverfolgung funktionieren sollte und wie die EU sicherstellen will, dass Russland die Sanktionen nicht umgeht, hat sich der Europäische Rat noch nicht zurückgemeldet.

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