Der Wurf einer Müslischüssel und zwei ausgeschlagene Backenzähne sind nur ein Teil dessen, was einem 38-Jährigen kürzlich vor dem Weilheimer Amtsgericht vorgeworfen worden war. Am zweiten Verhandlungstag kam es nun zum Urteil.
Weilheim – Wie der mutmaßliche Geschädigte, ein 41-jähriger Weilheimer, vor Gericht beim zweiten Verhandlungstag erzählte, hatte sich seine Freundesgruppe im August 2024 in der Wohnung einer 30-jährigen Weilheimerin befunden, als plötzlich der Angeklagte am Fenster erschienen war. Mit ihnen in der Wohnung gesessen hatte auch die Lebensgefährtin des Beschuldigten. „Er war auf der Suche nach ihr“, berichtete der Geschädigte.
Keine große Leidensgeschichte
Eine große Leidensgeschichte, wie er von dem Angeklagten, der ohne Erlaubnis durch das Fenster gekraxelt sein soll, verprügelt worden war, lieferte der 41-Jährige vor Gericht allerdings nicht – ganz im Gegenteil. Keine gezielten Hiebe hätten ihn getroffen: „Es war ein Handgemenge“, behauptete der Zeuge und gestikulierte sogleich wild umher. „Wir haben uns ausgesprochen. Jetzt passt wieder alles“, ergänzte er und nickte dem Angeklagten zu. Der Beschuldigte habe damals erfolglos versucht, in die Wohnung zu klettern, erklärte der 41-Jährige und schraubte die Dramatik, die er einst bei der Polizei geschildert hatte, weit zurück. Tatsächlich wollte er sogar die Anzeige zurücknehmen.
„Die Wahrheit verändert sich ja nicht“
„Das ist ja nett, aber ich möchte, dass Sie mir den Vorfall schildern“, entgegnete Richterin Stefanie Rainer. „Was war denn mit der Müslischüssel?“, fragte sie. Irgendetwas habe er fliegen sehen, meinte der Zeuge. Was genau er da beob㈠achtet hatte, konnte er sich aber nicht zusammenreimen.
Wenig begeistert von der Geschichte des 41-Jährigen war auch die Staatsanwältin, die ihm deutlich machte, dass er bald selbst ein Verfahren am Hals haben könnte, sollte er vor Gericht Schmarrn erzählen. „Die Wahrheit verändert sich ja nicht“, hakte die Richterin ein. „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll“, sagte der 41-Jährige, während er erneut zu gestikulieren begann. „Wenn ich so überlege“, fuhr der Zeuge fort, habe es eigentlich nur den Anschein gemacht, als hätte ihn der Angeklagte schlagen wollen.
Müslischüssel soll nicht geflogen sein
Zwei Backenzähne verloren, wie es am ersten Verhandlungstag noch hieß, habe er im Übrigen nicht. „Kann es sein, dass Sie sich die Verletzungen selbst zugefügt haben“, fragte die Vorsitzende ins Blaue hinein. Immerhin hatte das die 30-jährige Zeugin am ersten Verhandlungstag vermutet. Doch der Geschädigte winkte ab und wollte wissen, wer denn so etwas behaupten würde.
Alkoholtechnisch „relativ gut angesäuselt“
Aus den Aussagen der übrigen Zeugen gepaart mit der Geschichte des Geschädigten, wurde letztlich keiner so wirklich schlau. Die 38-jährige Ex-Freundin des Angeklagten berichtete beispielsweise lediglich von einem verbalen Streit. Von der Müslischüssel, die ihr ehemaliger Lebensgefährte durch die Wohnung geschleudert haben soll, wusste sie offenbar nichts. „Da bin ich zu 1000 Prozent sicher“, behauptete die 38-Jährige und ergänzte, weder Schläge noch sonst irgendwelche „Körperkontakte“ beobachtet zu haben. Etwas Ähnliches erzählte auch eine weitere Zeugin, die alkoholtechnisch „relativ gut angesäuselt“ gewesen sein will.
Elfmonatige Bewährungsstrafe gefordert
Trotz zahlreicher Widersprüche war die Staatsanwältin letztlich überzeugt von der Schuld des Angeklagten. Unter Einbeziehung der zweiten Tat, bei der der Beschuldigte einem 50-Jährigen per Kopfstoß die Nase gebrochen, am ersten Verhandlungstag jedoch ein Schmerzensgeld gezahlt hatte, forderte sie eine elfmonatige Bewährungsstrafe plus Geldauflage.
„Da liegen wir ziemlich weit auseinander“, meldete sich der Verteidiger zu Wort. Für den Vorfall mit den Backenzähnen und der Müslischüssel forderte er einen Freispruch, da man trotz langer Beweisaufnahme keinesfalls schlauer geworden sei. Dass der Geschädigte seine Erzählungen dreimal geändert hatte, habe nicht gerade zu seiner Glaubwürdigkeit beigetragen, meinte der Rechtsbeistand. Weil der 41-Jährige seinen Mandanten im Handumdrehen wieder aus dem Fenster bugsiert habe, hätte der im Übrigen gar keine Zeit für einen Schüssel-Wurf gehabt. Verurteilt werden könne er folglich nur für den Kopfstoß.
Widersprüche erlauben kein Urteil
Ähnlich sah es auch Richterin Stefanie Rainer. Die Widersprüche erlaubten es ihr letztlich nicht, ein Urteil zu fällen. Lediglich für den Kopfstoß erwarten den Beschuldigten Konsequenzen in Form einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe, einer Geldauflage in Höhe von 1500 Euro sowie eines Anti-Aggressionskurses.