Gemüse auf einen Klick: Ismaninger zeigen, wie moderne Landwirtschaft funktioniert
Auf dem Ruasshammer Hof in Ismaning dreht sich fast alles um Kartoffeln und Gemüse. Mit dem Online-Supermarkt Knuspr haben die Landwirte einen neuen Vertriebskanal gefunden.
Ismaning - Bernhard Hartl (32) und Fee Schröder (34) beugen sich über das Förderband. Hier rattern Kartoffeln vom Hänger ins Lager. Verwachsene und zu kleine Knollen sortieren sie aus. „Sissi“ heißt die festkochende Sorte. Seit Generationen werden Kartoffeln auf dem Ruasshammer Hof angebaut. Relativ neu ist dagegen die Abfüllmaschine, die nebenan in der Halle steht, seit die Familie über den Online-Supermarkt Knuspr einen neuen Vertriebskanal bedient.
Bernhard und Fee leben in der Schlossstraße mitten in Ismaning. Gemeinsam mit ihren zwei kleinen Pflegekindern wohnen sie in einer gemütlichen Wohnung – nebenan von Bernhards Eltern. In der großen Küche schenkt Fee Kaffee aus einer Porzellankanne ein und bietet selbstgebackene Muffins an.
Die Kartoffel ist das wichtigste Produkt
Für den 45 Hektar großen Betrieb, den Bernhard mit seinem Vater Franz führt, ist die Kartoffel, auch wenn sie nur ein Drittel der Fläche ausmacht, das wichtigste Absatzprodukt, gefolgt von Getreide und Mais. Gemüse wächst auf einem halben Hektar: „Auch auf kleiner Fläche lässt sich viel Gemüse anbauen“, sagt Bernhard. Als Sohn von Franz und Cornelia ist der studierte Landwirt von klein auf in die Verantwortung hineingewachsen. „Uns treibt an, immer wieder etwas Neues zu probieren“, sagt er, eine Spezialität sind ihre bayerischen Süßkartoffeln.

Mit Heu und Stroh eine Marktlücke entdeckt
Eine andere Marktlücke haben sie mit hochwertigem Heu, Stroh und Einstreu gefunden. Drei Hektar sind Wiesen. Das Heu verkaufen sie an Pferdehöfe oder, abgepackt in Plastiksäcke, an Besitzer von Kaninchen oder Meerschweinchen.

An der Einfahrt steht der Hofladen, eine Holzhütte. Hier liegen eigene Produkte auf den Regalen, aber auch zugekaufte Ware anderer Landwirte, um das Sortiment zu erweitern. Gerade ist Kraut-Saison, und Kraut wächst ja auf den Ismaninger Böden traditionell gut. „Kraut schmeckt, ist äußerst vitaminreich und sehr haltbar“, sagt Fee: „Ein sogenanntes Superfood, das direkt vor der Haustür wächst und noch dazu kostengünstig ist.“ Spitzkohl, Wirsing, Weiß- und Blaukraut – ein großer Korb ist gut gefüllt. Ganz oben liegt ein Grünkohl, er sieht aus wie ein riesiger Blumenstrauß. Auch der Rosenkohl ist ein Prachtexemplar, eine Stange, an der die Röschen wie Perlen sitzen.
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Ein Kunde schaut sich gerade um, er ist aber wegen einer anderen Sorte gekommen, dem Flower Sprout: „Eine Delikatesse, schmeckt nussig“, schwärmt er. Die grün-violetten Flower Sprouts – eine Kreuzung von Rosenkohl und Grünkohl – gibt es nicht im Supermarkt. Ebenso wie die Kraut-Klassiker wächst sie im Freiland.
Knuspr wird per Instagram auf Ismaninger Landwirte aufmerksam
Neben der Direktvermarktung im Hofladen beliefern die Hartls seit Jahrzehnten einen österreichischen Pommes-Produzenten und seit drei Jahren den Online-Supermarkt Knuspr. Die Idee: Frische Ware von lokalen Landwirten direkt vom Feld auf die Teller der Kunden zu bringen. Die Einkäufe werden von Boten nach Hause geliefert. Die weiß-grün-violetten Lieferwagen sieht man überall, in Ismaning, in Garching und vor allem in München.

Als das Unternehmen im August 2021 den Münchner Markt ansteuerte, suchte es lokale Landwirte und stieß auf den Instagram-Kanal von Fee Schröder. Ihre Themen sind Landwirtschaft, Gemüse und Ernährung. Die Produkte der Hartls überzeugten mit ihrem Geschmack bei Knuspr. Die Hartls verkaufen Kartoffeln, Rosenkohl und Heu über den Online-Supermarkt und konnten ihren Kundenkreis deutlich erweitern. Zwei Tonnen Kartoffeln liefern sie jede Woche ins Logistikzentrum nach Garching-Hochbrück, abgepackt in Ein-Kilo-Tüten.
Konsequente Kreislaufwirtschaft
Auf dem Ruasshammer Hof wird in konsequenter Kreislaufwirtschaft gearbeitet. Dadurch kann die Fruchtbarkeit der Böden erhalten und gesteigert werden. Dank ihrer vielfältigen Flächen können die Hartls das Wetterrisiko steuern, indem sie ihre Pflanzen auf die Flächen verteilen. „Bei Trockenheit gibt der fruchtbare Almboden Feuchtigkeit ab“, erklärt Bernhard, „er ist wie ein Schwamm.“ Bei Dauerregen ist der Kiesboden von Vorteil, auf dem das Wasser ablaufen kann. „So gibt es Flächen, wo es gut läuft, und andere, auf denen es besser läuft“, er schmunzelt. Bedrohlich sei ein neuer Schädling: Die Schilf-Glasflügel-Zikade ist 2023 aufgetreten und könnte den Kartoffelanbau in Bayern gefährden. „Verschrumpelte, gummiartige Knollen“, seien die Folge, beschreibt Fee: „Bis jetzt hat man kein Gegenmittel.“ Man wisse sich nur zu helfen, indem man die Fruchtfolge umstellt und weniger Getreide, dafür mehr Mais anbaut.

Vorträge für Schüler und TV-Auftritte
An diesem eisig kalten Tag geht die Arbeit in der Halle weiter. Die Kartoffeln, ob Laura, Sissi oder Lady Amarilla, werden ungewaschen in braune Papiertüten gefüllt. „Sie behalten ihren Erdfilm. Das macht sie haltbarer, und die Kunden können den Staub leicht abwaschen“, sagt Fee. Sie studierte nach einer Ausbildung im Hotelfach in Weihenstephan Landwirtschaft. Die Agraringenieurin bildet sich gerade zur Hauswirtschafts-Meisterin fort und gibt als Referentin für Alltagskompetenzen ihr Wissen an Schüler weiter. Auch in der TV-Sendung „Landfrauen kochen auf“ ist sie schon aufgetreten.
Möglichkeiten erkennen und nutzen
Bernhards und Fees Leben auf dem Ruaßhammer Hof wird ziemlich anders aussehen als das Leben der Eltern. Aber die Zukunft macht den beiden keine Angst: „Im Münchner Raum findet man Kunden, wenn man möchte“, ist Bernhard Hartl überzeugt. Die umtriebigen Landwirte schauen optimistisch in die Zukunft: „Auch Rote Beete, Zwiebeln oder Karotten könnten interessante Kulturen für uns werden“, sagt Fee Schröder: „Es gibt viele Möglichkeiten.“
Zur Serie
Mit unserer Serie „Mit jungen Landwirten durchs Jahr“ stellen wir den Alltag und die Zukunftsperspektiven von Bauern, Viehzüchtern und Forstwirten im Landkreis vor – jeden Monat einen anderen Betrieb.