SPD im ewigen Weltschmerz – doch wer Merz nicht will, kriegt am Ende Weidel

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Weltschmerz bei der SPD: Friedrich Merz ist um seinen Koalitionspartner nicht zu beneiden, kommentiert Merkur-Chefradakteur Georg Anastasiadis. © Frank Turetzek/Imago

Die SPD stimmt dem Koalitionsvertrag mit der Merz-Union zu. Doch der Parteinachwuchs dürften noch für Stress sorgen. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Am Ende hat sich also doch noch knapp die Hälfte der Sozialdemokraten herbeibequemt, einem Koalitionsvertrag, der unverkennbar ihre rote Handschrift trägt, freudlos zuzustimmen. Anders als Juso-Chef Philipp Türmer und dessen Genossen-Generation Z haben die lebenserfahreneren älteren Parteimitglieder verstanden, dass 16 Prozent Wählerzuspruch kein Auftrag sind, 100 Prozent SPD-Positionen durchzusetzen – und dass, wer Friedrich Merz partout nicht will, am Ende wohl Alice Weidel kriegt.

Schwarz-rote Koalition: SPD spricht nicht über das Land, sondern über Esken

Es spricht für sich (und gegen den Zustand der SPD), dass weniger Deutschlands Zukunft das Hauptthema war, das die SPD-Debatten in den beiden Wochen des Mitgliederentscheids prägte, sondern die vergleichsweise nachrangige Frage, in welchem Amt man die ungelenke, aber sehr bleibewillige (Noch)-Parteichefin Saskia Esken verräumen soll.

Dabei hätte ein bisschen weniger Weltschmerz und Lamento über die Uneinsichtigkeit der Wähler der SPD gut zu Gesicht gestanden. Sie hat zwar nicht die Wahl gewonnen, aber den Poker danach. Wie schon 2005, 2013 und 2017. Auch wenn‘s umgekehrt besser wäre: Im Verhandeln hat es die Partei zu einer Raffinesse gebracht, die ihr Werben um Wähler seit Gerhard Schröder und erst recht Helmut Schmidt leider verloren gegangen ist.

Friedrich Merz ist für seine Koalition mit der SPD nicht zu beneiden

Friedrich Merz ist nicht zu beneiden um die Aufgabe, mit dieser Sozialdemokratie und ihrem übellaunigen Nachwuchs einen Aufbruch fürs Land herbeizuzaubern. Doch er hat eine Chance: Die Messlatte für Schwarz-Rot hängt ausweislich jüngster Umfragen so tief, dass es ein Kunststück wäre, sie trotzdem zu reißen.

Ließe man Merz durchfallen, würde man Mützenichs Tor zur Hölle sperrangelweit aufstoßen

Möglich ist zwar alles, selbst ein Scheitern von Merz bei der Kanzlerwahl am Dienstag, bei der die Koalition nur über ein knappes 12-Stimmen-Polster verfügt. Doch auch in der SPD wissen sie: Ließe man Merz durchfallen, würde man Mützenichs „Tor zur Hölle“ damit sperrangelweit aufstoßen. Denksportaufgabe für Philipp Türmer, den neunmalklugen Doktoranden an der Uni Frankfurt: Wen würden die Bürger bei den dann folgenden Neuwahlen für die geplatzte Regierungsbildung wohl zur Verantwortung ziehen?

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