Internationale Presse: München-Anschlag lässt „letztes Kartenhaus zusammenbrechen“

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Nach dem Anschlag von München berichtet auch die internationale Presse über den Vorfall und fällt harte Urteile.

München – Der Anschlag von München hat Deutschland erschüttert und sorgt im Wahlkampf vor der Bundestagswahl am 23. Februar wieder für ordentlich Zündstoff. Während in München noch über das Motiv gerätselt wird, sind die Politiker und auch die internationale Presse am Diskutieren, was der Anschlag für Folgen hat. Wir haben die internationalen Pressestimmen durchgeschaut und eine Übersicht erstellt.

Presse über München-Anschlag: „Verbitterter, ärmerer und gespaltener Gesellschaft“ – „Land wurde zur Frontlinie“

La Stampa“ „Noch neun Tage bis zur Bundestagswahl, die das Gesicht Deutschlands verändern werden. Das Land befindet sich in einer totalen Krise: politisch, wirtschaftlich, identitätspolitisch. (...) Als gestern in München ein 24-jähriger Afghane in eine Demo raste, brach auch das letzte Kartenhaus zusammen: das der öffentlichen Sicherheit. Wieder einmal. Zurück bleibt abermals der Eindruck eines unsicheren, verängstigten, wehrlosen Landes im Alltag der Städte. Die Zahl der Anschläge in Deutschland ist eine beunruhigende Spur des Blutvergießens, die sich mit erschreckender Regelmäßigkeit wiederholt. […]“, weiter schreibt La Stampa aber auch: „Von den fast 60 Millionen Deutschen, die demnächst zur Wahl gehen, hat ein Drittel noch nicht entschieden, was sie wählen wollen. Der Wind der fremdenfeindlichen Propaganda der extremen Rechten weht schon seit einiger Zeit und hat die anderen Parteien in unterschiedlichem Maße infiziert. (...) (Altkanzlerin Angela) Merkels Aussage aus dem Jahr 2015 „Wir schaffen das“ scheint endgültig von der Realität begraben worden zu sein. (Bundeskanzler Olaf) Scholz fordert erneut harte Strafen für Attentäter, das eigentliche Problem ist jedoch eine immer verbitterte, ärmere und gespaltene Gesellschaft.“

Corriere della Sera: „Der Gesamtzusammenhang macht den Fall noch schwerwiegender. Deutschland war im vergangenen Jahr Schauplatz blutiger Taten, die mit Messern, Äxten oder Waffen verübt wurden. Die Protagonisten sind oft syrische und afghanische Einwanderer, die zu Mördern wurden. Und dann war da noch der in Saudi-Arabien geborene Arzt, der am 20. Dezember mit seinem BMW auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt raste – eine verdrehte und zwiespältige Persönlichkeit, voller Wut und Islamophobie, die es jedoch auf ein christliches Symbol abgesehen hatte. […] Das Endergebnis ist, dass das Land offenbar zu einer Frontlinie für weitverbreitete Gewalt und Terrorismus geworden ist. Da Verbindungen zwischen Einzeltätern und Bewegungen vermutet werden, vermischen sich auf Missionen geschickte Gestalten mit anderen, die erst später zu Angreifern werden.“

„Was läuft denn in Deutschland falsch?“: Schweizer Presse von deutschen Journalisten gefragt

Blick: „Überall liegen kreuz und quer Warnwesten und Fahnen der Gewerkschaft Verdi am Boden. Am Rand des Tatorts flattern gebrauchte silbern-goldene Wärmedecken im Wind. ‚Ihr Schweizer müsst ja auch denken: Was läuft denn in Deutschland falsch?‘, sagt einer der zahlreichen deutschen Journalisten und Kameraleute zu Blick, als im Hintergrund der cremefarbene Mini Cooper vom ADAC abgeschleppt wird […]“

Anschlag in München Internationale Presse
Ein Auto fährt in eine Menschenmenge in München, das Bild zeigt den abgesperrten Tatort. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Tages-Anzeiger: „Es hat in Frankreich, Belgien oder Großbritannien schon ähnliche Anschlagsserien gegeben, in Deutschland sind sie hingegen neu. Laut Fachleuten spielt Nachahmung dabei eine Rolle, zudem hat der Krieg zwischen Israel und den Palästinensern die islamistischen Milieus neu radikalisiert. Die Motive der Täter mögen von Fall zu Fall variieren oder – wie beim möglicherweise islamistischen Angreifer von München – noch nicht ganz klar sein. Gemeinsam ist ihnen, dass es alles Männer sind, die aus muslimischen Ländern nach Deutschland kamen, um hier Schutz zu finden. Ihr Dank an Deutschland war Gewalt.“

US-Amerikaner sprechen über „strauchelnden Olaf Scholz“ nach München-Anschlag

New York Times: „Die politischen Risiken des Angriffs könnten für den strauchelnden, amtierenden Kanzler Olaf Scholz, dessen Sozialdemokraten in Umfragen auf den dritten oder vierten Plätzen liegen, höher sein. Herr Scholz ist im Wahlkampf maßvoller mit der Migration umgegangen. Doch am Donnerstag reagierte er mit einer aggressiven Reaktion auf den Angriff, die unterstrich, wie heikel das Thema Migration – insbesondere aus Afghanistan und Syrien – geworden ist.“

Washington Post: „Der mutmaßliche Anschlag ereignete sich, als sich führende Politiker der Welt, darunter Vizepräsident JD Vance und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, zur Münchner Sicherheitskonferenz in der Stadt versammelten. Die Behörden sagten, es gebe keine Hinweise darauf, dass die Attacke mit der Konferenz in Zusammenhang stünden. Deutschland sei nach zwei Angriffen in den vergangenen zwei Monaten bereits in höchster Alarmbereitschaft gewesen. Im Dezember wurden sechs Menschen getötet und fast 300 verletzt, als ein Autofahrer auf einem Weihnachtsmarkt ein Auto in eine Menschenmenge rammte. Die Polizei verhaftete einen 50-jährigen Arzt aus Saudi-Arabien, der laut Behörden extreme antiislamische Ansichten hatte.“

Niederländer sprechen von „Wendepunkt bei den Wahlen“ – Österreicher über die „Schläfer“-These

De Volkskrant: „Anschlag eines afghanischen Migranten in München verschärft Wahlkampf weiter. In München wurden am Donnerstag 28 Menschen verletzt (Anm. d. Redaktion: mittlerweile 30), als ein afghanischer Migrant in eine Menschenmenge fuhr. Eine Reihe von Anschlägen hat die Migrationsdebatte in Deutschland in ein drastisches Licht gerückt. Die Wahlen nächste Woche könnten einen Wendepunkt einläuten.“

oe24: „Offen bleibt, ob er sich spontan radikalisierte oder als „Schläfer“ jahrelang auf einen Anschlag wartete. Der Zeitpunkt der Tat – kurz vor der Münchener Sicherheitskonferenz und zehn Tage vor der Bundestagswahl – stützt die Schläfer-These, wie „Bild“ unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet.“

Alle Informationen zum Anschlag in München und Entwicklungen rund um die Sicherheitskonferenz finden Sie bei uns auf Merkur.de.

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