Merz hat sich von der SPD übertölpeln lassen
Mit seiner Zustimmung zum Billionenpaket hat CDU-Chef ein Wahlversprechen gebrochen. Doch SPD-Chef Klingbeil treibt den Preis weiter hoch. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Friedrich Merz hat ein Problem. Er hat der SPD gleich zu Beginn der Sondierungen das größtmögliche Geschenk gemacht und entgegen den Beteuerungen im Wahlkampf alle Geldschleusen geöffnet, quasi als vertrauensbildende Maßnahme. Er habe, eröffnete er seiner verdutzten Fraktion, der nach dem Wahldesaster wackeligen SPD-Spitze helfen wollen. Vertraute er im Gegenzug auf den Dank von SPD-Chef Klingbeil? Dann hat ihm dieser sein Entgegenkommen schlecht vergolten. Klingbeils überraschend harte öffentliche Festlegung, er werde die von Merz verlangten (und den Wählern hoch und heilig versprochenen) Zurückweisungen von Migranten ohne gültige Einreisepapiere verhindern, war für CDU und CSU ein Schock. Einen zweiten schweren Wortbruch kann sich Merz nicht erlauben, er wäre sonst vom ersten Tag an rasiert.
Mancher in der SPD kann trotz Wahlniederlage vor Kraft kaum laufen
Die Verhandler werden übers Wochenende viel Kreativität brauchen, um diesen Knoten zu durchschlagen und sich auch bei den Reizthemen Bürgergeld und Wirtschaftswende zu einigen. Vor allem braucht es viel guten Willen und Kompromissbereitschaft. Manche Wortmeldung aus der SPD lässt befürchten, dass dort nicht alle den Schuss gehört haben. Die Genossen haben die Wahl krachend verloren, trotzdem scheinen einige ihrer Wortführer vor Kraft kaum laufen zu können. Zusätzlich hat CSU-Chef Markus Söder mit seinen unnötigen Kraftmeiereien beim politischen Aschermittwoch die Grünen maximal provoziert. Sie werden sich ihre (für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötige) Zustimmung zum Billionenpaket der angehenden Groko mit Zugeständnissen in der Klimapolitik teuer abkaufen lassen. Söder dürfte diesen Preis noch weiter in die Höhe getrieben haben.
Söder und Merz könnten die Union noch teuer zu stehen kommen
Schon kursieren in Berlin wilde Verschwörungstheorien: Die SPD wolle die Union dazu bringen, gemeinsam mit ihr die Sondervermögen noch im alten Bundestag zu verabschieden, und danach mit Maximalforderungen die Koalitionsverhandlungen zum Scheitern bringen. Dann könnte Scholz als Minderheitenkanzler mit den Grünen weiterregieren, Geld genug wäre dann ja da. So weit wird es kaum kommen. Doch ist die SPD aktuell in einer erkennbar starken Position. Das und die Ungeschicklichkeiten von Merz und Söder in den Verhandlungen könnten die Union noch teuer zu stehen kommen.