Bolsonaro hinter Gittern: Der "Tropen-Trump" startet seine 27 Jahre Haft

Nach seiner Verurteilung wegen eines Putschversuchs muss der brasilianische Ex-Präsident Jair Bolsonaro seine über 27 Jahre lange Haftstrafe im Präsidium der Bundespolizei in der Hauptstadt Brasilia antreten. Der ehemalige Staatschef (2019-2022) werde seine Strafe zunächst auf der Polizeiwache verbüßen, auf der er sich bereits seit dem Wochenende in Untersuchungshaft befindet, entschied Bundesrichter Alexandre de Moraes.  

Urteil gegen den Ex-Militär ist rechtskräftig

Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen den Ex-Militär für rechtskräftig erklärt. Demnach können die Anwälte von Bolsonaro keine weiteren Rechtsmittel mehr einlegen, wie brasilianische Medien übereinstimmend berichteten. Damit war der Weg für die Vollstreckung der Haftstrafe wegen eines versuchten Staatsstreichs frei. 

Bolsonaro war im September wegen eines Putschversuchs nach seiner Wahlniederlage gegen den amtierenden Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva vom Obersten Gerichtshof zu 27 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. 

Bolsonaro ist gesundheitlich angeschlagen

Bundesrichter Alexandre de Moraes sprach von einem „konkreten Fluchtrisiko“ und einer „Bedrohung der öffentlichen Ordnung“. Wegen Verstöße gegen gerichtliche Auflagen stand der 70-Jährige bereits seit August unter Hausarrest. Nach Angaben seiner Anwälte ist er gesundheitlich schwer angeschlagen und leidet unter anderem an Lungeninfektionen, Gastritis, Hautkrebs, anhaltenden Schluckauf-Krisen sowie Komplikationen nach dem Messerattentat auf ihn im Wahlkampf 2018.

Trotz der Verurteilung hat Bolsonaro in dem südamerikanischen Land noch immer viele Unterstützer.
Trotz der Verurteilung hat Bolsonaro in dem südamerikanischen Land noch immer viele Unterstützer. Eraldo Peres/AP/dpa

Ex-Präsident in kürzlich renovierter Einzelzelle

Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Agencia Brasil verfügt Bolsonaro in dem Polizeipräsidium über eine etwa zwölf Quadratmeter große Zelle, die kürzlich renoviert wurde. Der Raum hat demnach weiße Wände, ein Einzelbett, Schränke, einen Beistelltisch, einen Fernseher, eine Minibar, eine Klimaanlage und ein Fenster sowie ein eigenes Badezimmer.

Bolsonaro wird laut „AP" keine Kontaktmöglichkeiten zu anderen Insassen haben, wie brasilianische Medien berichten. Zudem hat er freien Zugang zu seinen Ärzten und Anwälten; andere Besucher müssen vom Obersten Gerichtshof genehmigt werden.

Bolsonaro war bereits am Wochenende präventiv festgenommen worden, nachdem er versucht hatte, seine elektronische Fußfessel zu manipulieren. Er räumte ein, das Überwachungsgerät „aus Neugier“ mit einem Lötkolben bearbeitet zu haben. Bei seiner Anhörung sagte Bolsonaro, er habe „eine Halluzination“ gehabt, dass die Fußfessel abgehört werde, und er daher versucht habe, die Abdeckung zu öffnen. 

Zwei Mitverschwörer Bolsonaros, der ehemalige Minister des Kabinetts für institutionelle Sicherheit, Augusto Heleno, und Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira wurden am Dienstag von der Bundespolizei festgenommen, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete. Auch ihre Rechtsmittel sind ausgeschöpft. Heleno war in dem Strafprozess zu 21 Jahren Haft verurteilt worden, Nogueira zu 19 Jahren.  

Szenen wie beim Sturm auf das US-Kapitol: Radikale Anhänger von Brasiliens abgewähltem Präsidenten Bolsonaro dringen gewaltsam in Regierungsgebäude ein. Die Polizei kann sie nicht aufhalten.
Szenen wie beim Sturm auf das US-Kapitol: Radikale Anhänger von Brasiliens abgewähltem Präsidenten Bolsonaro dringen gewaltsam in Regierungsgebäude ein. Die Polizei kann sie nicht aufhalten. Matheus Alves./dpa

Anhänger des Ex-Militärs stürmten Regierungsviertel

Kurz nach Lulas Amtsantritt hatten Anhänger von Bolsonaro am 8. Januar 2023 gewaltsam den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Präsidentenpalast gestürmt. Erst Stunden später brachten Sicherheitskräfte das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasilia wieder unter Kontrolle. 

Die Bilder der Krawalle gingen damals um die Welt und erinnerten an die Erstürmung des US-Kongresses in Washington im Januar 2021 durch Anhänger des damals abgewählten Präsidenten Donald Trump, der seine Niederlage gegen Joe Biden nicht akzeptieren wollte. Bolsonaro wurde wegen seiner Rhetorik und Amtsführung auch als „Tropen-Trump“ bezeichnet.

Die Verhaftung von Jair Bolsonaro spaltete die brasilianische Bevölkerung. Vor dem Polizeipräsidium in Brasilia protestierten Anhänger des Ex-Präsidenten gegen seine Inhaftierung, beschimpften den Obersten Richter Alexandre de Moraes und forderten Bolsonaros Freilassung, so „AP". Gegner hingegen feierten die Verhaftung als Sieg für die Demokratie.