Der US-Sondergesandte Steve Witkoff hat einem Medienbericht zufolge einem Kreml-Berater Ratschläge gegeben, wie der russische Staatschef Wladimir Putin US-Präsident Donald Trump ein Ukraine-Abkommen vorschlagen sollte. Das berichtet "Bloomberg" und beruft sich auf das Transkript eines Telefonats zwischen Witkoff und dem Kreml-Berater Juri Uschakow am 14. Oktober.
"Juri, ich würde Folgendes tun"
Das Telefonat scheint auf den Ursprung eines von US-Präsident Trump unterstützten 28-Punkte-Plans hinzudeuten, der weithin als für Moskau vorteilhaft eingestuft wurde. Der Plan forderte von der Ukraine große territoriale Zugeständnisse und die Zusage, nicht der Nato beizutreten.
Auszug aus dem Telefonat im Wortlaut:
Uschakow: Mein Freund, ich brauche nur deinen Rat. Meinst du, es wäre hilfreich, wenn unsere Chefs telefonieren würden?
Witkoff: Ja, das denke ich.
Uschakow: Wirklich. Und wann wäre das möglich?
Witkoff: Ich denke, sobald du es vorschlägst, ist mein Mann bereit.
Uschakow: Okay, okay.
Witkoff: Juri, Juri, ich würde Folgendes tun. Mein Vorschlag.
Uschakow: Ja, bitte.
Witkoff: Ich würde anrufen und dem Präsidenten noch einmal gratulieren [zum Frieden zwischen Israel und der Hamas], dass ich ihn unterstützt habe, dass ich ihn respektiere, weil er ein Mann des Friedens ist, und dass ich mich sehr freue, dass es so gekommen ist. Das würde ich sagen. Ich denke, das wird ein sehr gutes Gespräch.
Denn – lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich dem Präsidenten gesagt habe. Ich habe ihm gesagt, dass die Russische Föderation sich immer ein Friedensabkommen gewünscht hat. Davon bin ich überzeugt. Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass ich daran glaube. Und ich glaube, die Frage ist – das Problem ist, dass wir zwei Nationen haben, die sich schwer tun, einen Kompromiss zu finden. Und wenn wir es schaffen, werden wir ein Friedensabkommen haben.
Ich denke sogar darüber nach, einen 20-Punkte-Friedensvorschlag zu erarbeiten, genau wie in Gaza. Wir haben damals einen 20-Punkte-Plan von Trump für den Frieden entwickelt, und ich denke, wir könnten das Gleiche mit Ihnen tun. Mein Punkt ist folgender …
Uschakow: Okay, okay, mein Freund. Ich denke, genau diesen Punkt könnten unsere Staats- und Regierungschefs besprechen. Hey Steve, ich stimme dir zu, dass er gratulieren und sagen wird, dass Herr Trump ein echter Friedensstifter ist und so weiter. Das wird er sagen.
Witkoff: Aber ich glaube, das wäre fantastisch.
Uschakow: Okay, okay.
Witkoff: Was wäre, wenn … hör mir zu …
Uschakow: Ich bespreche das mit meinem Chef und melde mich dann wieder. Okay?
Witkoff: Ja, denn hör mir zu. Ich möchte dich bitten, Präsident Putin Folgendes auszurichten, denn du weißt ja, dass ich Präsident Putin sehr respektiere.
Uschakow: Ja, ja.
Witkoff: Vielleicht sagt er zu Präsident Trump: „Steve und Juri haben einen sehr ähnlichen 20-Punkte-Plan für den Frieden besprochen, und das könnte etwas bewirken. Wir sind offen für solche Dinge – um zu erkunden, was nötig ist, um ein Friedensabkommen zu erzielen.“
Ich persönlich weiß, was nötig ist, um ein Friedensabkommen zu erzielen: Donezk und vielleicht ein Gebietsaustausch. Aber anstatt so zu reden, sollten wir lieber vernünftiger miteinander reden, denn ich glaube, wir werden hier eine Einigung erzielen. Und ich denke, Juri, der Präsident, wird mir viel Freiraum und Entscheidungsfreiheit geben, um das Abkommen zu erreichen.
Uschakow: Verstehe.
Witkoff riet Putin zu Telefonat mit Trump – das drehte wieder die Stimmung
Anschließend wies Witkoff Uschakow darauf hin, dass Selenskyj am 17. Oktober zu einem Besuch ins Weiße Haus komme. Putin solle unbedingt vor diesem Treffen mit Trump telefonieren. Am Ende des Gesprächs sagt Uschakow: "Okay, ich habe deine Ratschläge empfangen. Ich bespreche sie mit meinem Boss und dann komme ich wieder zu dir."
Tatsächlich gab es am 16. Oktober ein Telefonat zwischen Putin und Trump. Der US-Präsident bezeichnete es als "sehr produktiv" und stellte die ukrainischen Forderungen nach Tomahawk-Raketen in Frage – einen Tag bevor er Selenskyj im Weißen Haus empfing.
Trump spricht von "einer ganz normalen Verhandlungsform"
Trump selbst sagte am Dienstag zu Reportern, er habe die Aufzeichnung des Gesprächs nicht gehört. Er sprach aber von einer "ganz normalen Verhandlungsform".
Auf die Frage, ob er besorgt sei, dass Witkoff zu russlandfreundlich sei, ging Trump stattdessen auf die Opfer des Krieges ein. "Sehen Sie, dieser Krieg könnte noch Jahre andauern und Russland hat deutlich mehr Menschen, deutlich mehr Soldaten. Daher denke ich, wenn die Ukraine einen Deal machen kann, ist das eine gute Sache", fuhr Trump fort. "Ich denke, es ist großartig für beide Seiten."
"So nah wie möglich an unserer Version"
"Bloomberg" berichtete derweil auch über ein Gespräch zwischen Uschakow und dem Kreml-Wirtschaftsgesandten Kirill Dmitrijew, der stark in die Gespräche mit US-Vertretern involviert ist. Das Gespräch fand dem Bericht zufolge am 29. Oktober statt.
"Ich denke, wir werden dieses Papier über unsere Position erstellen, und ich werde es informell in Umlauf bringen", sagte Dmitrijew demnach. "Ich glaube nicht, dass sie unsere Version genau so übernehmen werden, aber zumindest wird es so nah wie möglich daran sein", fuhr er fort, offenbar in Anspielung auf US-Vertreter.
Witkoff reist zu Putin, um "einige strittige Punkte" zu besprechen
Tatsächlich soll sich Dmitrijew laut mehreren Medienberichten in Miami mit Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner getroffen haben, um den 28-Punkte-Plan zu übergeben.
Dieser wurde mittlerweile durch einen Vorschlag ersetzt, der die Interessen der Ukraine stärker berücksichtigt. Trump erklärte am Dienstag, er habe Witkoff gebeten, nach Moskau zu reisen, um mit Putin "einige strittige Punkte" zu besprechen.