Selenskyj raus, Krim rein? - Experte hat Insider-Infos: Trump könnte "riesigen Schritt auf Russland zugehen"
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Es ist ein Satz, der im US-Wahlkampf häufig zu hören war. "Kurz nachdem ich die Präsidentschaftswahl gewonnen habe, werde ich den verheerenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine beendet haben, innerhalb von 24 Stunden", sagte Donald Trump immer wieder, bevor er zum neuen US-Präsidenten gewählt wurde.
Dass er dieses Versprechen nicht halten konnte, steht mittlerweile fest. Den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine will das US-amerikanische Staatsoberhaupt aber nach wie vor schlichten. So kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Gesprächen mit Vertretern der russischen sowie der ukrainischen Seite.
Am heutigen Dienstag will Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin telefonieren. Politische Beobachter schauen jedoch kritisch auf das Gespräch, das erst gestern von russischer Seite bestätigt wurde. Trump drängt weiterhin auf eine Waffenruhe in der Ukraine, Putin gab sich zuletzt zögerlich. Am Sonntag erklärte der US-Präsident, bei den Gesprächen soll es unter anderem um Gebietsansprüche und Kraftwerke gehen.
Fischer: "Es wird zu keinem Vorgespräch mit Selenskyj kommen"
"Das Telefonat ist – nach ungeschriebenen Regeln der Diplomatie – so vorbereitet, dass ein Ergebnis herauskommt, mit dem Trump zeigen kann, dass er Ergebnisse erzielt, und Putin, dass er bereit ist, über ein Ende der Kampfhandlungen zu verhandeln", sagt Klemens Fischer im Gespräch mit FOCUS online.
Fischer ist Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln. Er war viele Jahre Angehöriger der österreichischen EU-Botschaft in Brüssel, zuletzt im Rang eines Gesandten und Abteilungsleiters. Fischer hat als Mitglied des österreichischen Beitrittsverhandlungsteams an entscheidenden Verhandlungen der europäischen Integration teilgenommen, kennt sich also auf diplomatischem Parkett aus.
Der Sicherheitsexperte beruft sich auf Quellen aus der US-Administration, die offenbar an den Vorbereitungen des Telefonats zwischen Trump und Putin beteiligt waren. "Demnach wird es zu keinem Vorgespräch zwischen Trump und Selenskyi beziehungsweise der EU kommen. Es ist nicht einmal sicher, ob beide anschließend direkt informiert werden", sagt er.
Glaubt man Fischers Quellen, könnten Trump und Putin also Fakten schaffen, ohne die Ukraine und die EU wirklich einzubeziehen. Dann würde ohne die Ukraine über die Ukraine verhandelt. Der Sicherheitsexperte hat auch schon eine Ahnung, was Trump vorschlagen könnte. "Mehrere Quellen lassen den Schluss zu, dass er erwägt, die Krim als russisches Territorium anzuerkennen", sagt er.
"Trump würde einen riesigen Schritt auf Putin zugehen"
"Das ist völkerrechtlich möglich, eine Anerkennung durch die USA würde aber niemanden zwingen, dies zu übernehmen. Trump würde sich damit der normativen Kraft des Faktischen beugen und einen riesigen Schritt auf Russland zugehen", analysiert der promovierte Völkerrechtler Fischer.
Denkbar wäre auch, dass ein solcher Vorschlag Trumps nur ein Testballon ist. Er würde aber dem entsprechen, was beispielsweise US-Außenminister Marco Rubio in den vergangenen Tagen propagiert hat. Der Politiker sagte der "New York Times", die Ukraine werde auf jeden Fall Territorium an Russland abgeben müssen.
Fischer glaubt, dass Putin bei seinem Telefonat mit Trump einige verhandelbare Bedingungen nennen könnte, zum Beispiel den Rückzug der Ukrainer aus noch nicht von Russland besetzten, aber beanspruchten Gebieten im Donbass. "Darüber hinaus könnte ein „großzügiger“ Gefangenenaustausch vereinbart werden", sagt der Sicherheitsexperte. Nicht verhandelbar könnten für Putin bereits besetzte Gebiete sowie die Krim sein.
"Mit diesen Punkten würden die USA wiederum die Ukraine konfrontieren. Es ist zwar von einem Zweier-Treffen Trump-Putin noch im April auszugehen, ein Termin wird aber heute kaum bekanntgegeben werden." Fischer glaubt, dass die Zusammenkunft erst stattfinden wird, wenn Russland und die USA ein fertiges Ukraine-Paket geschnürt haben.
Fischer über Trumps und Putins langfristige Ziele
Für den Professor ist insgesamt klar, dass Trump und Putin versuchen, eine neue Weltordnung zu errichten. "Die zwei großen Mächte verhandeln im Namen „ihrer“ Einflusssphäre, die sich jeweils danach zu richten hat. Dazu kommt auch noch China, das aber erst im zweiten Schritt dazu stößt, wenn es um Wirtschaftsmacht geht", sagt er.
Trump will, so der Sicherheitsexperte, alle außen-, sicherheits-, wirtschafts- und verteidigungspolitischen Kapazitäten auf den Pazifik konzentrieren. "Für Putin wiederum ist es die als historisch gesehene Gelegenheit, Russland wieder zu alter Größe zu führen und den von ihm als geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichneten Untergang der Sowjetunion – vorerst zumindest teilweise – zu revidieren."