Teenager stirbt 2006 an Krebs - jetzt wird er als Influencer Gottes verehrt

In Assisi, auf dem Corso Giuseppe Mazzini, sind bereits Statuen von Carlo Acutis erhältlich, einem Teenager, der 2006 an Leukämie starb. Diese Darstellungen zeigen ihn in alltäglicher Kleidung, ergänzt aber mit einem Heiligenschein. Diese Figuren sind für 45 Euro zu erwerben, noch bevor die römisch-katholische Kirche Carlo offiziell heiligspricht. Der Vatikan plant die Heiligsprechung des 15-Jährigen erst am kommenden Sonntag. Als erster Heiliger aus der Millennial-Generation hätte er heutzutage 33 Jahre alt sein können.

Der Weg des „Influencer Gottes“ zur Heiligsprechung

Der Vatikan legt großen Wert auf die Heiligsprechung von Carlo Acutis. Ursprünglich wollte Papst Franziskus die Zeremonie persönlich durchführen, besonders da er mit seiner Namenswahl dem heiligen Franz von Assisi gedenken wollte. Nachdem sich der Papst jedoch von einer Lungenentzündung erholt, wird dies möglicherweise nicht möglich sein. Dennoch bleibt die Kirche aktiv in ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Sollte alles stimmen, wäre Carlo ein ideales Vorbild für die Jugend von heute.

In offiziellen Mitteilungen wird Carlo als „kleines Computergenie“, „Influencer Gottes“, und „Cyber-Apostel“ bezeichnet. Er wurde 1991 in London geboren, wo sein Vater in der Finanzbranche tätig war. Kurz nach seiner Geburt zog die Familie nach Mailand, und sie besitzen ein Ferienhaus in Umbrien, nahe Assisi.

Die drei Menschen, die zuletzt vom Vatikan heiliggesprochen wurden

  • Titus Brandsma: Ein niederländischer Karmelitermönch und Journalist, der während des Zweiten Weltkriegs Widerstand gegen die Nazi-Ideologie leistete und im Konzentrationslager Dachau starb. Er wurde am 15. Mai 2022 heiliggesprochen.
  • Charles de Foucauld: Ein französischer Priester und Einsiedler, bekannt für sein Leben in Gebet und Kontemplation und seine Mission in Algerien. Er wurde ebenfalls am 15. Mai 2022 heiliggesprochen.
  • Lazarus Devasahayam Pillai: Ein indischer Konvertit, der für seinen Glauben verfolgt wurde und starb. Auch er wurde am 15. Mai 2022 heiliggesprochen.
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Die Vermarktung des neuen Heiligen ist bereits in vollem Gange. Verschiedene Andenken wie T-Shirts, Medaillons und Kühlschrankmagnete werden angeboten getty

Technologie und Glaube: Carlo Acutis' Weg

Carlo Acutis fand laut Berichten durch sein Kindermädchen früh zum Glauben und empfing mit sieben Jahren die Erstkommunion. In einer Jesuitenschule setzte er seine technologischen Fähigkeiten für die Kirche ein, indem er Computerprogramme entwickelte und Webseiten designte. 

Zudem erstellte er eine Datenbank, die sich mit vermeintlichen Wundern beschäftigte, und installierte ein Rosenkranz-Programm auf seinem Laptop. Auch die Webseite seiner Kirchengemeinde betreute er.

„Die einzige Frau in meinem Leben ist die Jungfrau Maria“

Seiner Mutter gegenüber äußerte er den Wunsch, möglicherweise Priester zu werden. Seine Freunde warnte er angeblich davor, pornografische Webseiten zu besuchen, und soll gesagt haben: „Die einzige Frau in meinem Leben ist die Jungfrau Maria.“

Anfang Oktober 2006 erhielt er die Diagnose einer schweren Form der Leukämie. Kurze Zeit später fiel er ins Koma und verstarb am 12. Oktober. Bald darauf begann der kirchlich unterstützte Prozess seiner Heiligsprechung, gefördert durch seine Eltern. Der Leichnam wurde mehrfach umgebettet, zuletzt in die Wallfahrtskirche Santa Maria Maggiore in Assisi. Vergangenes Jahr pilgerten über eine Million Menschen dorthin, darunter viele Schulklassen.

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Carlo Acutis' sterbliche Überreste sind nun in einem gläsernen Sarkophag zu sehen Getty

Die Darstellung des Heiligen: In gläsernem Sarkophag in Jeans und Turnschuhen

Carlo Acutis' sterbliche Überreste sind nun in einem gläsernen Sarkophag in Jeans und Turnschuhen zu sehen, mit einem Rosenkranz in den Händen. Gesicht und Hände wurden kunstvoll nachmodelliert. Eine steinerne Bank steht bereit für Besucher, wobei die meisten schnell passieren. Fotografieren ist nicht erlaubt.

Der Prozess der Selig- und Heiligsprechung ist komplex und umfasst mehrere Schritte. Ursprünglich begann dieser Prozess erst Jahrzehnte nach dem Tod einer Person. Heute kann es deutlich schneller gehen, sofern einem potenziellen Heiligen ein Wunder zugeschrieben wird. Bei Carlo Acutis beurteilte die vatikanische Behörde die Heilung eines brasilianischen Kindes und einer jungen Frau aus Costa Rica als Wunder. Der Papst bestätigte dies.

Zweifel an der Schnelligkeit der Heiligsprechung

Einige kritisieren das Tempo der Heiligsprechungen. Bei Carlo Acutis gibt es Zweifel an seiner tatsächlichen Frömmigkeit. Sein Schulfreund Federico Oldani äußerte sich gegenüber „The Economist“, dass er Carlo nie über Jesus sprechen hörte. Auch die Aussage „Die Eucharistie ist meine Autobahn in den Himmel“, die Carlo zugeschrieben wird, habe Oldani nie gehört.

Dennoch ist die Wirtschaft rund um den neuen Heiligen bereits in vollem Gange. Verschiedene Andenken wie T-Shirts, Medaillons und Kühlschrankmagnete sind erhältlich. Selbst in der Kirche, wo Acutis ruht, können Figuren von ihm erworben werden. Franziskanerpater Marco Gaballo sagt dazu: „Die Leute wollen etwas haben, an das sie sich erinnern können. Dann ist das in Ordnung für mich.“