„Die Aussage des Kanzlers hilft nicht!“ Scholz verärgert Bauwirtschaft mit Plattitüde zum Wohnungsbau
Mit seiner Aussage zu den Neubauzielen hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Bauwirtschaft verärgert. Anstatt neue Ziele auszuschreiben, sollte endlich gehandelt werden.
Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz hat das bisher verfehlte Ziel der Bundesregierung, dass in Deutschland 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, eher als untere Grenze des Bedarfs bezeichnet. „Das Thema treibt mich um“, sagte er. 400.000 Wohnungen seien „eher zu wenig als zu viel“. Es gebe eine ganze Reihe von Gründen, warum die Zielmarke bisher nicht erreicht worden sei. Dazu gehöre unter anderem ein psychologisches Problem durch einen schnellen Zinsanstieg in den vergangenen Jahren, aber auch eine „unglaubliche Fehlkalkulation“ durch den Bau zu vieler teurer Wohnungen, sagte Scholz.
„Wir müssen endlich handeln“: Baubranche fordert endlich Taten
Doch damit hat Scholz zumindest in Teilen der Baubranche wenig Freude erregt. „Die Aussage des Kanzlers hilft nicht der Wohnungswirtschaft! Wir dürfen nicht immer wieder aufs Neue nur Feststellungen treffen, sondern müssen endlich handeln und die gutgemeinten Hinweise umsetzen“, sagt der Präsident des hessischen Baugewerbes, Thomas Reimann, gegenüber Ippen.Media.
Stattdessen müssten Scholz und die Bauministerin Klara Geywitz (SPD) endlich „seine Versprechen vom 25.9.23 einlösen und liefern, um Investoren zurückzuholen und Verlässlichkeit zeigen“, so der Unternehmer. Im September 2023 wurden Branchenvertreter nach Berlin eingeladen, um bei einem Baugipfel mit der Regierungskoalition einige Maßnahmen zur Ankurbelung der Branche zu besprechen. Daraus resultierte das Versprechen eines „Bau-Turbos“, das unter anderem Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlanken soll. Im November haben sich auch Bund und Länder auf einen Pakt zur Vereinfachung des Genehmigungsprozesses geeinigt.

Jedoch ist bisher wenig passiert, unter anderem weil die Bundesregierung in den letzten Monaten des Jahres vor allem mit dem Haushalt beschäftigt war. Scholz gab in dieser Woche an, dass Geywitz daran arbeite, die viele bürokratischen Vorschriften, die die Baubranche weiter ausbremsen, abzubauen. Entscheidend sei aber auch: „Mehr Wohnungen gibt es nicht ohne mehr Bauland, nicht ohne mehr Verdichtung“, sagte Scholz. Bei der Ausweisung von Bauland liege aber eine Hauptverantwortung nicht bei der Bundesregierung oder den Landesregierungen, sondern bei den Kommunen.
Bürokratie ist das zentrale Problem in der Wirtschaft
„Der Kanzler sollte mit seinem Stab das Bürokratiemonster angehen“, so Reimann in seiner Reaktion auf den Kanzler weiter. Und er rechnet vor: „Laut der Arbeitsgemeinschaft zeitgemäßes Bauen aus Kiel tragen kommunale Vorgaben durchschnittlich mit 172 Euro/Quadratmeter zu den Baukosten eines Mehrfamilienhauses bei. Vorgaben von Bund und Ländern addieren zusätzlich 403 Euro/m² zu den Baukosten, was in Summe Kosten von 575 Euro/m² ergibt.“ Allein der Bürokratieabbau könne damit die Preise nachhaltig senken.
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Nicht nur die Baubranche leidet unter Bürokratie und Auflagen in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft als Ganzes warnt vor allem in Zeiten von schwacher Konjunktur vor zu vielen Anforderungen, die schwer umsetzbar seien. In einem „Brandbrief“ an Scholz hatten Ende Januar Spitzenverbände und führende Unternehmen des Landes ein „Aufbruchssignal“ aus der Bundesregierung gefordert. Konkret fordern die Verbände zum Beispiel schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, einen „Befreiungsschlag“ bei der Bürokratie, eine Steuerreform, ein „Stoppschild“ bei den Sozialversicherungsabgaben sowie Reformen bei der Rente.
Das Schreiben kommt von den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Bundesverbands der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammer und des Zentralverband des Deutschen Handwerks.
Mit Material von Reuters und dpa