Zittern vor Trump? Wie sich die deutsche Industrie unersetzlich macht

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Die USA haben China als größter deutscher Handelspartner abgelöst. Die Frage ist nun, wie das US-Geschäft der deutschen Industrie unter dem neuen Präsident Donald Trump aussehen wird.

Die Industrie-Betriebe in Deutschland sehen der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump in den USA in weiten Teilen gelassen entgegen. „Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie sieht sich im internationalen Wettbewerb sehr gut aufgestellt“, sagte Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW). Einer Umfrage zufolge wollen rund 72 Prozent der Maschinenbau-Unternehmen ihr US-Geschäft ausweiten.

Die USA sind vor China der größte deutsche Handelspartner. Die deutschen Ex- und Importe mit den USA stiegen laut vorläufigen Daten für das Jahr 2024 auf rund 255 Milliarden Euro. Das bedeutet einen Vorsprung von acht Milliarden Euro gegenüber dem zweitwichtigsten Handelspartner China. Dem entsprechend wichtig ist die Frage, wie sich das Marktumfeld für deutsche Industriebetriebe in den USA nach der Amtseinführung von Donald Trump verändert.

Die USA könnten zum Zugpferd für deutsche Industriebetriebe werden

Der Branchenverband der Werkzeugmacher VDW sieht die USA als Zugpferd. Der Export sank bis Oktober 2024 um fünf Prozent. Europa war dabei mit 16 Prozent stark rückläufig. Amerika positionierte sich dagegen mit einem Plus von 17 Prozent eindeutig als Wachstumsmarkt. Die USA überholten damit nach langer Zeit China und legten um ein Fünftel zu. „Mit niedrigeren Energiepreisen und Steuern, weniger Bürokratie und großen Ausgabenprogrammen ziehen die USA Investitionen ins Land“, heißt es beim VDW. Dies werde sich unter der neuen Regierung Trump weiter verstärken. Deutsche Hersteller könnten profitieren, weil sie breit aufgestellt seien und Technologien böten, die vor Ort nicht hergestellt werden. Auch produzieren schon etliche deutsche Hersteller in den USA, die von den angedrohten Zöllen nicht betroffen wären.  

Ähnlich sieht es der Branchenverband VDMA, wonach die US-Wirtschaft für ihre Re-Industrialisierung Maschinen benötige, die es in dieser Form nur in Europa zu kaufen gebe. Die Firmen seien zwar auf mehr Störungen als in der ersten Amtszeit vorbereitet, wie sie durch einen Handelskrieg zwischen den USA und China entstehen könnten. Insgesamt sähen die Betriebe aber auf dem US-Markt nach wie vor auch Chancen. Einer aktuellen VDMA-Umfrage zufolge wollen 72 Prozent der befragten Unternehmen ihr USA-Geschäft ausweiten beziehungsweise ein solches aufnehmen. 

Der Volkswagen-Konzern setzt auf starkes Wachstum in den USA

Der Volkswagen-Konzern setzt weiter auf starkes Wachstum in den USA. Diesen Kurs sieht Konzernchef Oliver Blume durch den Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump nicht gefährdet. „Der nordamerikanische Markt spielt für uns eine große Rolle. Er ist zentraler Bestandteil unserer Wachstumsstrategie“, sagte der Chef von Europas größtem Autobauer der „Braunschweiger Zeitung/Wolfsburger Nachrichten“. Durch die Stärkung des US-Geschäfts will Volkswagen unabhängiger werden vom chinesischen Markt. In den USA investiere der Konzern 15 Milliarden Dollar, in Kanada 5 Milliarden. Das sei ein „extrem starkes Statement für Nordamerika“, betonte Blume. Unternehmen, die sich so stark engagieren, sollten von niedrigen Zöllen profitieren. Trump hat hohe Zölle auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada angekündigt. Dort betreibt beziehungsweise errichtet VW Produktionsstätten. „Wir haben in Donald Trumps erster Amtszeit einen wirtschaftlich denkenden Präsidenten kennengelernt, der sich positioniert, der polarisiert und dann konsequent in die Umsetzung geht.“

„Ungebrochenes US-Engagement“ beim Werkzeugmaschinenbauer Grob

Grob ist ein weltweites Unternehmen für die Entwicklung von Fertigungssystemen und Werkzeugmaschinen und seit über dreißig Jahren in den USA vertreten. Vor knapp einem Jahr kündigte Grob eine Erweiterung am US-Hauptsitz und in der Produktionsstätte in Bluffton im US-Bundesstaat Ohio an. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant. Das Produktionswerk in den USA ist ein zentraler Bestandteil der globalen Lieferkette. Grob hatte seit dem Bau des ersten Gebäudes im Jahr 1991 kontinuierlich in den US-Standort investiert. Die Erweiterung zeige „unser starkes und ungebrochenes Engagement für die Produktion in den USA“, sagte Grob-Chef Michael Hutecker.

Familienunternehmen Lapp setzt seit jeher auf Internationalisierung

Das Familienunternehmen Lapp ist seit rund 50 Jahren in den USA vertreten. Lapp-Produkte stecken in Fertigungsmaschinen, Industrierobotern, Bussen und Zügen, Anlagen zur Verarbeitung von Lebensmitteln, Windrädern und Ladesystemen für Elektroautos. Das Unternehmen setzt seit jeher auf Internationalisierung. Gute wirtschaftliche Beziehungen mit den USA seien für das Unternehmen eine Selbstverständlichkeit, sagt Firmenchef Matthias Lapp dem Branchenmagazin Produktion: „Lapps Antwort auf Trump und das zunehmende Decoupling der Märkte lautet: ‚local for local.“ Das sei eine Strategie, die das Unternehmen schon lange verfolge. „So machen wir uns unabhängiger von geopolitischen und ökonomischen Entwicklungen und können erfolgreich wirtschaften“, sagt Matthias Lapp. Die Wahl in den USA zeige, wie wichtig es ist, dass Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben – wirtschaftlich wie auch politisch. Ein Handelskonflikt mit den USA müsse vermieden werden.

Ähnlich sieht es auch René Petri, Senior Vice President vom Beratungsunternehmen Proxima. „Unternehmen stehen vor der Herausforderung, mit der oft unberechenbaren Politik von Donald Trump umzugehen.“ Obwohl die akute Bedrohung durch Zölle vorerst nachgelassen habe, dürften Unternehmen sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Denn die Zölle könnten jederzeit
in Kraft treten, weshalb eine proaktive Vorbereitung unerlässlich ist. Unternehmen sollten ihre Importstrukturen genau analysieren, betroffene Produkte identifizieren und die potenziellen Kosten abschätzen. Darauf aufbauend gelte es, Strategien zu entwickeln, um mögliche Auswirkungen abzufedern. „Dazu gehört die Optimierung der Warenklassifizierung, die Diversifizierung der Lieferantenbasis und die Anpassung der Lieferketten, um flexibel auf neue Herausforderungen reagieren zu können“, sagte Petri.

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