Die Maibaum-Wutrede

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Freinacht-Scherz aus Antdorf: Antdorfer Burschen stellten dieses Exemplar in Penzberg auf. © Wolfgang Schörner

Erst sah es so aus, dass Penzberg heuer keinen neuen Maibaum bekommt. Dann standen plötzlich zwei riesige Exemplare am Stadtplatz, einer von Antdorfer Burschen als „Multifunktionsbaum für finanzschwache Kommunen“, der andere von den Jungrittern. Zuvor hatte sich Bürgermeister Stefan Korpan zu einer Wutrede hinreißen lassen.

Einige Wendungen hat die Penzberger Maibaum-Frage diese Woche genommen. Am Dienstag im Stadtrat ließ Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) seiner Wut freien Lauf, worauf Jungritter-Chef und Stadtratsmitglied Hardi Lenk (SPD) nüchtern antwortete. Ausgelöst hatte die Wut ein Artikel der Heimatzeitung, in dem zwölf Tage zuvor berichtet worden war, dass die Stadt heuer aus finanziellen Gründen keinen neuen Maibaum vor der Stadthalle aufstellen lässt, obwohl die Jungritter dies übernommen hätten.

Dann standen am Donnerstag auf dem Stadtplatz, wo die „Alpenbuam“ eine Maifeier organisierten, plötzlich vier Maibäume, zwei davon riesige Exemplare: Den einen hatten Antdorfer Burschen mit dem Schild „Multifunktionsbaum für finanzschwache Kommunen“ und Bildern von Bürgermeister und Stadtratsmitgliedern aufgestellt. Den anderen Maibaum platzierten kurzerhand die Jungritter. Im Kopf gehabt habe man das, seit klar war, dass kein neuer Maibaum aufgestellt wird, erzählte Jung㈠ritter-Chef Lenk am Freitag. Dazu entschlossen habe man sich dann nach der Stadtratssitzung, „um die Hand zu reichen und ein Geschenk zu machen“. Bürgermeister und Stadtrat waren informiert worden.

Penzberg Stadtplatz - Maibaum neben dem Rathaus: Ihn stellten am Maifeiertag kurzerhand die Jungritter auf. 5/2025
Diesen Maibaum platzierten kurzerhand die Jungritter. Er darf noch ein paar Tage am Stadtplatz stehen. © Wolfgang Schörner

In der Stadtratssitzung hatte Bürgermeisterin Korpan zuvor eine Schimpfkanonade abgeschossen. Den Ball legte ihm Aleksandar Trifunovic (CSU) vor, der eingangs sagte, er habe sich in den vergangenen Tagen wegen des Maibaums ständig rechtfertigen müssen.

Korpan: Es gibt keine Pflicht der Stadt

Korpan wetterte, der Artikel habe ihn menschlich getroffen, und behauptete, er stimme nicht, sei schlecht recherchiert und enthalte Falschaussagen. Er sagte, es gebe keine Pflicht der Stadt, einen Maibaum aufzustellen. „Wo steht, dass wir das müssen?“ Es gebe zum Maibaum keinen einzigen Stadtratsbeschluss, zumindest so weit man es habe zurückverfolgen können. Außerdem gebe es keinen Drei-Jahres-Rhythmus. In der Vergangenheit sei ein neuer Maibaum mal nach drei, vier oder fünf Jahren aufgestellt worden. Das Maibaum-Aufstellen wurde nach seinen Worten auch nicht abgesagt, weil es weder eine Pflicht noch einen Drei-Jahres-Rhythmus gibt. Außerdem, so Korpan, habe man nie gesagt, dass die Vereine dies nicht dürften. Ebenso wurde ihm zufolge nie behauptet, die Vereine hätten es abgelehnt, das Maibaum-Aufstellen zu übernehmen.

Eine Aussage machte der Bürgermeister zu dem Betrag, den sich die Stadt das Aufstellen eines Maibaums im Schnitt kosten lässt, nämlich circa 12.000 Euro. Das Geld fließt allerdings nicht an die Jungritter. Die erhalten fürs Aufstellen, wie es hieß, Brotzeit und Bier. Korpan bestätigte außerdem, dass es Anfang Februar ein Gespräch mit Lenk gab, in dem er sagte, dass man es finanziell und personell nicht schaffe.

Lenk: Veranstalter war immer die Stadt

Jungritter-Vorsitzender und Maibaum-Chef Lenk, der auch dritter Bürgermeister ist, antwortete, die drei Jahre würden daher rühren, dass der Maibaum jedes Jahr geprüft werden muss, was er, Lenk, in den ersten drei Jahren selbst machen darf, weil er dafür einen Kurs absolviert hat. Dann brauche man aber einen Gutachter, der rund 1500 Euro kostet. Nach seiner Erfahrung wird der Maibaum in 90 Prozent der Fälle umgelegt. Der Rhythmus fußt ihm zufolge auch darauf, dass früher jedes Jahr an einem anderen Ort in Penzberg ein Maibaum aufgestellt wurde. Heute ist es nur noch vor der Stadthalle und am Hoislbräu der Fall.

Dass die Stadt den Maibaum aufstellen lässt, erklärte er mit der Historie. Der damalige Bürgermeister Kurt Wessner habe das in die Hand genommen. Erst habe der Bauhof den Baum aufgestellt, dann die Huadara und später die Jungritter. Veranstalter sei aber immer die Stadt gewesen, stellte er klar.

Keine Rückmeldung des Bürgermeisters

Zur aktuellen Situation sagte Lenk, er habe den Bürgermeister im Dezember erstmals darauf angesprochen, dass 2025 der Stadthallen-Maibaum an der Reihe sei. Dann habe er im Januar nachgefragt. Irgendwann habe der Bürgermeister mitgeteilt, aus Kosten- oder Zeitgründen gehe es nicht. Daraufhin hätten die Jungritter bei anderen Vereinen gefragt, ob man dies gemeinsam in der Hand nehmen könnte. Am 22. Januar habe es deshalb ein Treffen der Vereine gegeben. „Und jeder hat gesagt, dem könnten wir nähertreten.“ Das habe er Korpan mitgeteilt, aber keine Rückmeldung erhalten. Später habe er wieder gefragt.

„Irgendwann habe ich mir gesagt, ich muss ja keinen Maibaum aufstellen. Ich bin mir ein bisschen blöd vorgekommen“, so Lenk. „Dann war für mich die Sache gegessen.“

Bis vor zwei Wochen die Zeitung nachfragte, was denn die Jungritter am 1. Mai machen.

Kommentar: Dünnes Nervenkostüm

Kräftig Luft abgelassen hat Bürgermeister Stefan Korpan am vergangenen Dienstag im Stadtrat. 16 Minuten lang wetterte er gegen einen zwölf Tage alten Bericht in der Heimatzeitung, in dem es darum ging, dass in Penzberg heuer aus finanziellen Gründen kein neuer Maibaum aufgestellt wird. Was die Wutrede („Scheiß-Artikel“) zeigte: Korpans Nervenkostüm ist ein Jahr vor der Kommunalwahl dünn geworden. Die Vermutung liegt nahe: Der Bürgermeister ist angeschlagen. Das liegt wohl an den schlechten Nachrichten der vergangenen Monate, die sich um Sparen, Kürzen, Streichen und Verschieben drehten. Und nun auch noch die Maibaum-Sache, für die er viel Spott („Wir reden mich die Leute an“) erntete und die er im Stadtrat zusätzlich befeuerte. Eine Schuld weist Korpan von sich. Dabei wollte er offenbar die Sache aussitzen, als der Jungritter-Chef bei ihm persönlich mehrmals anfragte, Korpan aber nicht reagierte. Schuld ist also die Presse. Ein Satz Korpans ist in dem Zusammenhang interessant: „Wenn dieser Zeitungsartikel nicht gekommen wäre, behaupte ich mal, keine Sau hätte was gesagt, keine Sau hätte daran gedacht.“ Tja, der Zeitungsartikel ist erschienen. Und wir stehen zu dem Inhalt.

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