Wirtschaftsrat der CDU will Verbrennerverbot kippen: „Wähler nicht in die Arme der Europa-Feinde treiben“
Das Verbot von neuen Autos mit Verbrennermotoren, das in der EU ab 2035 greifen soll, trifft auf Widerstand. Der Wirtschaftsrat der CDU positioniert sich jetzt klar: Das Verbrennerverbot kommt zu früh.
Berlin – Ein knappes Jahr ist es her, da hat sich die Europäische Union auf das Verbrennerverbot ab 2035 geeinigt. Ab diesem Datum dürfen dann keine neuzugelassenen Fahrzeuge in der EU CO₂ ausstoßen; sie müssen also entweder mit Elektroantrieb oder einem anderen alternativen Kraftstoff (sog. E-Fuels) betrieben werden.
Doch auch ein Jahr nach dem Beschluss regt sich Widerstand gegen die Pläne. Zudem stehen im Sommer dieses Jahres Europawahlen an – bei einer deutlichen Verschiebung der Mehrheiten wäre also eine Änderung der Bestimmungen durchaus denkbar. Zumal sich nun auch der Wirtschaftsrat der CDU aus der Deckung wagt und gegenüber Ippen.Media sagt: „Wir dürfen die Wähler nicht in die Arme der Europa-Feinde treiben, weil derart ideologische und bürokratische Ansätze verfolgt werden wie das Verbrennerverbot.“
„Verbrennerverbot in elf Jahren ist völlig unrealistisch“: Wirtschaftsrat plädiert für mehr Zeit
„Das Datum des Verbrennerverbots in elf Jahren ist völlig unrealistisch“, sagt Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, dieser Redaktion. „Den Verkehrssektor zu dekarbonisieren ist ein richtiges und wichtiges Unterfangen. Dies sollte aber mit Augenmaß und Pragmatismus geschehen und nicht durch ideologische Konzepte erzwungen werden.“ Sowohl Kunden als auch Hersteller zweifeln immer mehr am E-Auto, so Steiger weiter, weshalb auch wieder mehr Verbrenner verkauft würden. „Außerhalb Europas setzen in den USA und in Fernost unsere Wettbewerber sowieso weiter auf Verbrennertechnologie neben der Entwicklung von E-Modellen.“
Diese Position teilt zumindest auch der „Auto-Papst“ Ferdinand Dudenhöffer, der in einer in dieser Woche veröffentlichten Studie genau diese Entwicklung genauer untersucht hat. Demnach versuchen Autohersteller wie VW, BMW, Stellantis & Co. den Absatz von Benzin- und Dieselmodellen mit hohen Rabatten anzukurbeln. Das zeigt die Auswertung der Rabatte im März. Demnach sind die Nachlässe beim Kauf eines Verbrenners im Schnitt sogar höher als bei Elektroautos.

Nach dem Auslaufen der Kaufprämie für E-Autos in Deutschland Ende 2023 hatten die Hersteller die Rabatte für E-Autos zunächst deutlich erhöht, um den Wegfall der Prämie zu kompensieren. Inzwischen sei aber ein Umdenken zu erkennen, so Dudenhöffer. Angesichts der insgesamt schwachen Nachfrage werde versucht, das Geschäft mit den nach wie vor dominierenden Verbrennungsmotoren anzukurbeln und so die eigenen Fabriken auszulasten.
Habeck laut Dudenhöffer schuld an der strauchelnden Autoindustrie
Schuld an der Entwicklung haben aber dem Bochumer Experten zufolge nicht die Hersteller. „Nicht die Autobauer haben das E-Auto zerstört, sondern die Politiker“, sagte der Autoexperte in der Wirtschaftswoche. Als Hauptverantwortlichen macht er Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aus, der sich lieber um „Wolkenkuckucksheime“ wie die grüne Stahlproduktion als um die Automobilindustrie kümmere.
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2026 soll das Verbrennerverbot in der EU nochmal geprüft werden, also: Ob das Ziel 2035 noch erreicht werden kann, oder nicht. Wolfgang Steiger sieht noch viel Nachholbedarf in der Autoindustrie, damit das wirklich gegeben ist: „Europäische Fahrzeuge müssen finanziell erschwinglich und mit ausreichenden Reichweiten konkurrenzfähig sein. Zudem fehlt die Ladeinfrastruktur, vor allem für Schnellladevorgänge. Außerdem ist die Klimafreundlichkeit der E-Mobilität über die gesamte Lieferkette hinweg – man denke nur an die Lithium- und Kobaltgewinnung – sowie des Recyclings stark verbesserungswürdig.“
Rechnungshof warnte im Januar: Verkehrswende muss schneller vorangehen
Anfang 2024 hatte der Europäische Rechnungshof gewarnt, dass Europa bei der Verkehrswende noch weit hinterherhinkt. „Trotz hochgesteckter Ziele und strenger Anforderungen stoßen die meisten Pkw auf Europas Straßen immer noch so viel CO₂ aus wie vor zwölf Jahren“, hieß es in einem im Januar veröffentlichten Sonderbericht. Die Europäische Union könne ihre Klimaschutzziele nur durch den Umstieg auf lokal emissionsfreie Elektroautos erreichen. „Bei den Bemühungen dazu müsste jedoch ein Gang hochgeschaltet werden“, mahnten die Prüfer, denn der Marktanteil von E-Autos liegt erst bei knapp 15 Prozent.
Der Rechnungshof bemängelte die Hürden, die einem schnelleren Umschwung im Wege stehen: Hohe Preise für E-Autos und unzureichende Ladeinfrastruktur, mit gravierenden Lücken vor allem in den südlichen und östlichen EU-Ländern mit geringem Pro-Kopf-Einkommen. Die Behörde empfiehlt der EU-Kommission deshalb, den Autobauern eine Mindestquote für emissionsfreie Pkw vorzuschreiben. Als Verschärfung für Verbrennerautos rät sie zu einer Obergrenze für die tatsächlichen CO₂-Emissionen.