Rund 500 Arbeitnehmer weniger: Hirschvogel baut Personal ab – Vor allem Denklingen und Schongau betroffen
Die Autoindustrie steckt in der Krise und so auch Hirschvogel: Das Unternehmen muss rund 500 Stellen, vor allem in Schongau und Denklingen, abbauen.
Denklingen / Schongau – Bereits im Juli dieses Jahres hat Hirschvogel bekannt gegeben: Die Mitarbeitenden im Schongauer Werk müssen in Kurzarbeit. Der Absatz von E-Autos sinke, war damals die Begründung. Nur vier Monate später sieht die Situation nicht besser aus – nach wie vor befindet sich die Autoindustrie in der Krise und somit auch der große Hersteller für Stahl- und Aluminiumkomponenten. Daher muss das Unternehmen jetzt einen weiteren Schritt gehen: Hirschvogel muss an allen deutschen Standorten Stellen abbauen, vorwiegend in Schongau und Denklingen.
Die Hirschvogel Group beschäftigt aktuell 6.200 Mitarbeitende, 3.600 davon in Deutschland. „Die Entwicklung des globalen Automobilmarktes, die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die hier anhaltende Schwäche vor allem des E-Mobilitätsmarktes zwingen das Familienunternehmen zur Neuordnung – und im Zuge dessen zum Personalabbau an seinen deutschen Standorten und zur teilweisen Verlagerung von Kapazitäten nach Polen, Indien und China“, erklärt Hirschvogel-Pressesprecherin Michaela Heinle. Betroffen seien davon sowohl die Zentralfunktionen und der Verwaltungsbereich des Unternehmens als auch die Produktion.
„Die aktuellen Rahmenbedingungen führen dazu, dass das Unternehmen in den kommenden beiden Jahren rund 500 Stellen an seinen deutschen Standorten einsparen muss, vorwiegend in Denklingen und Schongau“, so Heinle weiter. Auf Nachfrage des KREISBOTEN gab sie an, dass im Denklinger Werk rund 220 Stellen und im Schongauer Werk rund 120 Arbeitsplätze in der Produktion entfallen sollen.
Außerdem muss das Unternehmen deutschlandweit 130 Stellen in den Zentralfunktionen und im Verwaltungsbereich abbauen, die sich zusätzlich auf die beiden bayerischen Werke und auf das im thüringischen Marksuhl aufteilen. Ein Stellenabbau dieses Ausmaßes erfolge erstmals in der Unternehmensgeschichte. „Wir werden versuchen, unserer Verantwortung als Familienunternehmen auch in dieser schwierigen Situation bestmöglich gerecht zu werden“, sagt Matthias Kratzsch, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Hälfte der Stelleneinsparungen bei Hirschvogel soll Zeitarbeitende treffen – Freiwilligenprogramm für weiteren Abbau
Rund die Hälfte der Stellen will das Unternehmen einsparen, indem es sich von Zeitarbeitenden trennt und einen Großteil der befristeten Verträge auslaufen lässt. Für den Abbau der weiteren Stellen hat Hirschvogel den Betriebsräten einen Vorschlag für ein Freiwilligenprogramm unterbreitet. „Sollten sich nicht genügend Mitarbeitende für das Freiwilligenprogramm melden, müssen wir einen Sozialplan umsetzen, den wir mit den Betriebsräten verhandeln“, sagt Annette Teusen-Eichin, Personalchefin der Hirschvogel Group.
Die Hirschvogel Group stellt massivumgeformte und weiterbearbeitete Stahl- und Aluminiumkomponenten für die Automobilindustrie her. In Deutschland hat das Unternehmen drei Standorte. An den bayerischen Standorten Denklingen und Schongau sowie im thüringischen Marksuhl bleiben aktuell aufgrund der schleppenden Nachfrage nach Elektroautos, aber mittlerweile auch nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor oder Hybridantrieb, die Bestellzahlen der Fahrzeughersteller unter Plan.
Neben dem Stammwerk in Denklingen leidet besonders das Komponentenwerk in Schongau. Hier hat die Unternehmensgruppe, die im Branchenvergleich früh Komponenten für die Elektromobilität in ihr Portfolio aufgenommen hat, in mehrere Fertigungslinien investiert, auf denen unter anderem Rotorwellen für Elektromotoren produziert werden. „Die Abrufe unserer Kunden bleiben bis zu 60 Prozent hinter den ursprünglich geplanten Stückzahlen zurück“, sagt Dr. Davis Fata, Werkleiter in Schongau. „Wir haben Maschinen, die im Dreischichtbetrieb laufen sollten und nun wird maximal eine Schicht benötigt.“
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Wettbewerbsdruck und Nachfrageflaute für Hirschvogel ein Problem
„Die Nachfrageflaute ist für Hirschvogel wie für alle anderen Unternehmen, die viel Geld in die neue Technologie gesteckt haben, ein Problem“, so Heinle weiter. Hinzu komme der hohe Wettbewerbsdruck: „Durch die Preisaggressivität im umkämpften Markt sinken die Gewinnspannen der Komponenten auf ein Niveau, das keine Luft mehr für weitere notwendige Investitionen lässt.“
Aber nicht nur der schwache Absatzmarkt in Deutschland belastet die Unternehmensgruppe mit Stammsitz in Denklingen. Auch durch die im internationalen Vergleich hohen Personal- und Energiekosten an den deutschen Standorten sinkt die Wettbewerbsfähigkeit von Hirschvogel drastisch. „Damit wir global wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir in Deutschland von den Kosten runter und Fertigungsumfänge verlagern. International werden wir vor allem in Indien wachsen“, erklärt und prognostiziert CEO Matthias Kratzsch.
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