Keine Luxusautos mehr für Putin: So will die EU die Export-Hintertür für Karossen nach Russland stopfen
Trotz Sanktionen wurden viele Autos deutscher Hersteller seit Kriegsbeginn nach Russland exportiert. Dem will die EU nun entgegenwirken – indem sie Weißrusslands Sanktionen verschärft.
Brüssel/Moskau – Seitdem Russland infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine mit internationalen Sanktionen belegt worden war, liefern deutsche Autohersteller wie BMW oder Mercedes-Benz keine ihrer Luxus-Fahrzeuge mehr nach Russland. Grund dafür ist unter anderem ein in den EU-Sanktionen an Russland festgeschriebenes Verbot, Fahrzeuge im Wert von mehr als 50.000 Euro nach Russland zu verkaufen.
Automobil-Exportumsätze nach Weißrussland stiegen zwischen 2022 und 2024 enorm an
Dennoch gelangten in den vergangenen Monaten trotz Sanktionen immer wieder Luxus-Automobile deutscher Hersteller ins Reich von Wladimir Putin, wie unter anderem eine ZDF frontal-Recherche vom Jahresbeginn offenlegte. Ihren Weg dorthin fanden sie von Deutschland aus über Polen und Litauen bis nach Weißrussland – dort wiederum bereitete man sie für den Weitertransport nach Russland vor. Auch gegen den russischen Verbündeten Weißrussland waren von der EU zwar Sanktionen verhängt worden, allerdings in abgeschwächter Form im Vergleich zu den russischen Sanktionen. So blieb etwa der Export von Luxus-Karossen nach Weißrussland weiterhin legal.
Mit Folgen: Zwischen Januar 2022 und 2024 stiegen die monatlichen Auto-Exportumsätze nach Weißrussland von 46 Millionen Euro auf 246 Millionen Euro an. Dabei seien die größten Zuwächse in den teuersten Autokategorien verzeichnet worden. Dem Export von Luxus-Karossen über das weißrussische Drehkreuz nach Russland will die EU nun jedoch entgegenwirken, indem sie ihre Sanktionen gegen Weißrussland verschärft.
Die Beschränkungen werden gegenwärtig von den EU-Mitgliedsstaaten diskutiert. Einem Entwurf zufolge, der der Financial Times vorliegt, sollen die neuen Maßnahmen darauf abzielen, „das Risiko einer Umgehung“ der weißrussischen Sanktionen zu minimieren. Gegenstand strikterer Sanktionen gegen Weißrussland könnten dann auch Technologien und Güter werden, die sich militärisch auch in Russland nutzen ließen. Daneben werde aktuell auch über ein Exportverbot von flüssigem Erdgas nach und über Weißrussland diskutiert.
Wie konnten so viele deutsche Luxus-Autos überhaupt nach Russland gelangen?
Dass der Export deutscher Luxus-Karossen nach Russland scheinbar reibungslos in großem Stil ablaufen konnte, ist sicherlich zu einem Teil den effektiven Kommunikationsweisen der Händler geschuldet. Denn teils findet der Handel mit deutschen Luxus-Fahrzeugen über Weißrussland nach Russland schnell und effizient über einschlägige Kanäle statt, wie etwa auf dem Messengerdienst Telegram.
Hinzukommt, dass die zum Weiterverkauf nach Russland bestimmten Automobile von Fahrern zunächst bis über die litauisch-weißrussische Grenze gebracht werden – was aber mit den Fahrzeugen geschieht, sobald sie auf weißrussischem Boden angekommen sind, lässt sich dann nicht immer zuverlässig nachverfolgen.

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Denn die betreffenden Fahrer sehen ihren Job als getan an, sobald sie die Luxus-Karossen in Weißrussland abgeliefert haben, wie aus der Recherche von ZDF frontal hervorgeht. Obwohl sich die Spur in Weißrussland verwischt, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass viele dieser Autos weiter nach Russland befördert werden.
Litauens Premierministerin sieht „sehr deutliche Lücken“ bei Sanktionen gegen Russland und Weißrussland
„Für einen Russen ist es kein Problem, in Weißrussland ein Auto zu kaufen“, sagte die litauische Premierministerin Ingrida Šimonytė der Financial Times. Zu den großen Profiteuren des weißrussischen Sanktionen-Schlupflochs gehörten vornehmlich hochrangige Politiker des Landes aus dem Dunstkreis von Präsident Alexander Lukaschenko, betonte sie.
„Sie haben sich selbst bereichert“, wird Vytis Jurkonis, Projektleiter beim Think-Tank Freedom House in Vilnius von der Financial Times zitiert. Seitens der vergleichsweise kleine litauischen Zollbehörde kämpfe man unterdessen mit einem „komplizierten System“ sanktionierter und verbotener Waren, wenn die litauischen Zoll-Beamten die Fracht für das benachbarte Weißrussland kontrolliere, fügte Šimonytė hinzu. Darüber hinaus sei es eine „sehr hohe Arbeitsbelastung“, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern.
Durch die verschieden harten Sanktionen gegen Russland und Weißrussland seien unter dem Strich „sehr deutliche Lücken“ hervorgetreten, betonte Šimonytė. Die effektivste Methode, um sicherzustellen, dass Russland die schwächeren Sanktionen gegen Weißrussland nicht mehr aushebeln kann, sei eine Angleichung der beiden restriktiven Regelungen aneinander. Sowohl Šimonytė als auch Polens Außenminister Radosław Sikorski drängen aktuell darauf, dass die EU über ihre bestehenden Bemühungen hinausgeht, die Sanktionen Sektor für Sektor aneinander anzugleichen. (fh)
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