Rente wie in Österreich: Beamte und Selbstständige zahlen nicht ein – Ampel will das ändern

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Beamte und Selbstständige sollen künftig in die Rentenversicherung einzahlen, fordert der Paritätische Gesamtverband. Ein solches Gesetz ist von der Ampel auch schon in Planung.

Berlin – Millionen von arbeitstätigen Deutschen zahlen nicht in die Rentenversicherung ein, konkret: Beamte und Selbstständige. Geht es nach dem Paritätischen Gesamtverband, soll sich das ändern. Das forderte der künftige Hauptgeschäftsführer Joachim Rock in der Stuttgarter Zeitung. Könnten Beamte und Selbstständige durch ihre Extrabeiträge die gesetzliche Rente stabilisieren? Oft dient Österreich in der Debatte als Blaupause. Im politischen Berlin gehen die Meinungen auseinander.

Rente in Deutschland: Millionen Beamte und Selbstständige zahlen nicht ein

Rock kritisierte die Ampel-Koalition und bemängelte, dass das geplante Rentenpaket der Bundesregierung nicht weit genug gehe, um eine armutsfeste Rente zu erreichen. Hierfür müssten Beamte und Selbstständige in die Rentenversicherung einzahlen. Dann könne sogar das Rentenniveau angehoben werden, so Rocks Vorstoß. Rund ein Drittel der über fünf Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Beamte. Dazu kommen etwa 3,8 Millionen Selbstständige. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 45 Millionen Erwerbstätige.

In der Union hält man von Rocks Plänen wenig. Zwar kritisiert auch Marc Biadacz, Obmann für Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Ampel und verlangt gegenüber IPPEN.MEDIA „endlich ein Rentenkonzept aus einem Guss“. Vom Vorschlag, alle Berufstätigen in der Rentenversicherung zu vereinen, hält der CDU-Rentenexperte aber nichts. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Einbeziehung aller Selbstständigen und Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung keinen Mehrwert bringt und auch keinen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leistet.“

Beamte zahlen in Rente ein: CDU hält Vorschlag für sinnlos

Biadacz geht sogar weiter: „Das Gegenteil wäre der Fall, da die gesetzliche Rente umlagefinanziert ist. Die neuen Versicherten würden auch Leistungsansprüche erwerben, sodass unter dem Strich keine Leistungsverbesserungen zu erwarten wären.“ Der Unionspolitiker setzt stattdessen auch künftig auf die drei Säulen der Alterssicherung: die gesetzliche Rente, die betriebliche sowie die private Altersvorsorge. Darüber hinaus will Biadacz „die gesetzliche Rente durch eine kapitalgedeckte Altersvorsorge ergänzen“.

Während normal Beschäftigte monatlich verpflichtend 18,6 Prozent ihres Bruttolohns an die Rentenkasse abgeben, sind Selbständige nicht dazu gezwungen, können aber freiwillig Beiträge zahlen. Beamte dagegen zahlen gar nicht in die Rentenkasse ein, sie bekommen nach dem Arbeitsleben keine Rente, sondern ein sogenanntes Ruhegehalt. Nach 40 Dienstjahren kann das Ruhegehalt über 71 Prozent des Grundgehalts betragen. Zum Vergleich: Bei der Rente ist das Ziel der Regierung, 48 Prozent des Durchschnittsgehalts zu sichern. Während des Arbeitslebens zahlen Beamte nicht nur keine Rentenkassenbeiträge, sondern insgesamt keine Sozialversicherungsbeiträge – ihr Nettoanteil ist entsprechend höher.

Rente nach österreichischem Vorbild? Für Linke wäre das „fair, sozial und solidarisch“

Deutlich positiver bewertet Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, die Idee, eine gesammelte Rentenversicherung für alle einzurichten. „Die Linke und ich selbst streiten für die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung“, sagte Birkwald zu IPPEN.MEDIA. „Mir geht es nicht darum, Beamtenbashing zu betreiben. Kein Rentner hat etwas davon, wenn die Beamtenpensionen sinken. Es geht darum, dass die gesetzlichen Renten deutlich steigen mögen, denn sie sind im europäischen und im internationalen Vergleich zu niedrig“, so Birkwald.

Für den Linken-Politiker ist es eine „Frage sozialer Gerechtigkeit“, dass alle Erwerbstätigen nach denselben Regeln eine Rente im Alter erhalten. „Das wäre fair, sozial und solidarisch.“ Birkwald nennt Österreich als Vorbild, dort wurden Beamte bereits ab 2005 in die Rentenversicherung einbezogen. In der Alpenrepublik sind zwar die Beiträge etwas höher, jedoch werden diese zum größeren Teil vom Arbeitgeber gezahlt. Dafür sind Rente und Rentenniveau deutlich höher als in Deutschland. „Der österreichische Weg ist eine sehr gute Zielmarke für die deutschen Rentenziele“, sagt Birkwald dazu und ergänzt zum gemeinsamen Einzahlen in die Rente: „Das sollten wir auch in Deutschland tun.“

Grüne: Staat hat Beamten gegenüber besondere Verpflichtung

Auch für den Rentenexperten der Grünen im Bundestag, Markus Kurth, ist Österreich eine „interessante Blaupause“, die seiner Einschätzung nach zufolge aber nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar ist. Das höhere Rentenniveau Österreichs liegt Kurth zufolge an höheren Beiträgen, einer jüngeren Bevölkerung und einem höheren Bundeszuschuss. „Die Rentenausgaben in Österreich sind gemessen an der Wirtschaftsleistung deutlich höher“, so der Grünen-Politiker.

Dennoch zeigen sich die Grünen offen für den Vorstoß aus dem Paritätischen Gesamtverband: „Die Integration weiterer Menschen und Berufsgruppen in die gesetzliche Rentenversicherung im Rahmen der Bürger*innenversicherung ist Teil des grünen Grundsatzprogramms und auch Teil unseres Bundestagswahlprogramms. Insbesondere die Absicherung von Selbstständigen, die aktuell oft noch keine gute Altersvorsorge haben, tut not“, so Kurth.

Ganz so einfach ist die Frage um Beamte und die Rente dem Grünen Politiker zufolge aber nicht: „Einerseits trägt eine Einbeziehung der Beamt*innen sicherlich zu einer höheren Akzeptanz der Pflichtversicherung bei. Andererseits ist das Beamt*innenverhältnis nur bedingt mit einem Angestelltenverhältnis zu vergleichen“, sagt Kurth und führt weiter aus, dass zwischen Staat und Beamten ein wechselseitiges Treueverhältnis mit lebenslangen Pflichten herrscht. „Deshalb hat der Staat dann auch eine besondere, grundgesetzlich geschützte Verantwortung, die eine spürbare Zusatzversorgung erforderte. Wir sollten aber im Hinblick auf Österreich evaluieren, für welche Aufgaben der Staat zwingend Beamt*innen benötigt.“

Beamte in Rentenkasse bekommen: „Ist alles nicht so einfach“

Kritik etwa aus Unionskreisen, dass eine Umstellung des Ruhegehalts auf reguläre Renten von Beamten organisatorisch und auch finanziell im ersten Schritt einer Herkulesaufgabe gleichkäme, kann auch Birkwald von der Linken verstehen. Auch er räumt ein, dass es hierzu vorab etliches zu regeln gäbe – auch eine Grundgesetzänderung wäre nötig. Birkwald gibt zu: „Das ist alles nicht so einfach, aber wir Linken sind dennoch dafür.“

Die Ampel-Koalition plant tatsächlich, mit einem Rentenpaket III mehr Menschen verpflichtend in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Im Fokus stehen dabei erstmal Selbstständige. Das hatten SPD, Grüne und FDP auch im Koalitionsvertrag so vereinbart: „Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen.“ 

Ebenfalls Teil des neuen Rentenpakets soll nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine Neuregelung der privaten Vorsorge sein. Im September oder Oktober könnten die Parlamentsberatungen dazu beginnen, sagte er in dieser Woche. Es gehe um die Nachfolge der Riester-Rentenverträge. Ziel sei es, Garantien wie bei Riesterverträgen zu reduzieren und dadurch höhere Renditen zu ermöglichen.

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