BYD & Co.: Warum chinesische E-Auto-Superstars in Deutschland unsichtbar sind
In China prägen die jungen chinesischen Autobauer wie BYD, Xiaomi, Li-Auto, XPeng und andere den Markt. Sie haben sich zu Technologie-Führern im weltweiten Autogeschäft entwickelt, Elon Musk und Tesla längst in den Schatten gestellt. Sie sind schnell, dynamisch und haben große Pläne und spielen im chinesischen Automarkt eine Schlüsselrolle, sind aber bei uns - bis auf Schlagzeilen in der Presse - nicht sichtbar.
Marktführer BYD in China
Etwa der Marktführer BYD in China. Mit riesigem Wachstum hat das Unternehmen die Marktführerschaft in China übernommen. BYD ist Technologie-getrieben mit immer mehr Modellen und mehr Marken. Mit einer Flotte von Riesen-Schiffen bringt man seine Autos nach Europa und hat sogar große Pläne für Autofabriken auf dem alten Kontinent. Mit hohen Budgets hat sich BYD als offizieller UEFA Partner der Fußball EM 2024 eingekauft. „Besuchen Sie unsere BYD-Händler während des Turniers & erleben Sie die Zukunft der Elektromobilität“ hat man in der Werbung getönt. Bereits im Oktober 2022 hatte BYD eine Zusammenarbeit mit Sixt, dem größten Autovermieter in Europa, bekanntgegeben. Ein Deal von 100.000 BYD-Autos mit Sixt wurde angekündigt. Man schloss sich zeitweise mit der schwedischen Handelsgruppe Hedin zusammen, um mit einem hochwertigen Vertriebsnetz Kunden anzusprechen. Das ist die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite sind die Marktergebnisse, etwa in Deutschland.
Situation in Deutschland
In Deutschland hat BYD in den ersten drei Monaten dieses Jahres gerade mal 1.225 Neuwagen auf die Straße gebracht. Das entspricht einem Marktanteil von 0,18 Prozent. Fast unsichtbar dabei die Zahl der Käufe von privaten Kunden. Magere 215 Neuwagen von BYD wurden von privaten Autokäufern gekauft. Mehr als 40 Prozent der neuen BYD Autos wurden dagegen von Autohändlern zugelassen. Noch dünner fiel der Absatz etwa der Automarke Xpeng aus: 432 Xpeng wurden in den ersten drei Monaten des Jahres beim Kraftfahrtbundesamt angemeldet von insgesamt 664.571 neuen Pkw, die in Deutschland in diesem Zeitraum auf die Straße kamen. Den Marktanteil muss man fast mit dem Mikroskop suchen: 0,07 Prozent der in Deutschland verkauften Neuwagen wurden von XPeng geliefert. Ferrari, bei denen ein neuer Renner eher bei Preisen von 300.000 Euro liegt, hat im selben Zeitraum 459 Auto verkauft. Was passiert da? Chinesische Autos werden in Tests hochgelobt, in China verzeichnet man Verkaufsrekorde - und in Deutschland ein Zwergen-Dasein.
Über den Top-Experten Ferdinand Dudenhöffer
Ferdinand Dudenhöffer ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Automobilexperte. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim arbeitete er bei Opel und Porsche, bevor er leitende Positionen in der Automobilindustrie übernahm. 1996 gründete er das CAR-Center Automotive Research und gilt als renommierter Analyst der Branche. Er ist Direktor des privatwirtschaftlichen Instituts Center Automotive Research, Bochum und oft gefragter Kommentator in Medien.
Europa ist anders als China
Was die Chinesen bei der Technologie „drauf“ haben, steht im krassen Widerspruch zu Ihren Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Man baut Händlernetze auf wie vor 100 Jahren. Mit anderen Worten: Man stellt Autohändlern, die schon einige Marken auf dem Hof haben, einfach noch eine Marke dazu. Das ist sehr simpel und kostenträchtig. Warum sollte sich eine unbekannte Marke jetzt beim Autohändler im Gewerbegebiet plötzlich verkaufen? Warum soll der Autokäufer seine bekannten Marken links liegen lassen und auf den Chinesen springen? Der deutsche Automarkt ist „gesättigt“. Auf 1000 Einwohner kommen 580 Autos, inklusive Babys und Opas und Omas. Wer ein neues Auto kauft, gibt ein Gebrauchtes ab. Der Kunde hat eine gewisse Erfahrung mit der Marke und dem Auto, vielleicht drei oder fünf Jahre. Warum sollte er jetzt auf eine neue, unbekannte Marke springen? Wegen der Bandenwerbung von BYD bei der Fußball-EM?
Unterschiede zwischen Deutschland und China
Deutschland steht damit im Gegensatz zu China. Dort ist die Pkw-Dichte noch niedrig. Dort sind viele Autokäufer „Neukäufer“, die eben noch keine Erfahrung mit einer Marke haben. Dort ist man offener für neue Hersteller.
Wie schaffte das Elon Musk mit Tesla? Tesla hatte auch das Marketing-Problem der Chinesen. Und wie hat es Elon gelöst? Indem er halt nicht das hundert Jahre alte Handelsnetz genommen hat und einfach ein Auto dazu gestellt hat. Tesla hat kleine Shops in City-Zentren eröffnet. Dort konnte man Einkaufserlebnis Auto spüren. Das Werkstattgeschäft hat er in die Randlagen gelegt. Dort sind Grundstücke billiger. Also das 100 Jahre alte Paradigma – alles muss in einem Haus sein – durchbrochen. Und Musk hat noch mehr gemacht.
Den Kunden machte Tesla zum Verkäufer, indem man Fahrzeug-Konfiguratoren entwickelte, die kinderleicht zu bedienen sind. Jeder kann sich seinen Tesla am Konfigurator selbst zusammenstellen und kaufen oder leasen. Probieren Sie das mal bei einem Audi, BMW, Mercedes oder VW und Sie werden scheitern. (BYD hat den Tesla-Konfigurator jetzt übrigens für sein Modell Atto weitgehend kopiert).
Und was hat Elon Musk noch gemacht? Ein Netzwerk von Super-Charger über Europa gelegt. Elektroautos – und das sind die großen Innovationen der Chinesen – brauchen ein Ladenetz. Und schließlich erzählte Musk eine Marketing-Geschichte. Tesla war der erste Hersteller, der ein emotional geprägtes Elektroauto auf den Markt brachte. BMW würde dazu sagen „Freude am Fahren“.
Fazit: Chinesische Autokonzerne und ihre Herausforderungen
Also: Während die Chinesen sich in „Aktiönchen“ tummeln, wenig systematisch vorgehen, keine zentrale Marketing-Botschaft haben – einfach ein Elektroauto haben oder mit 3000 Schiffen nach Europa bringen, ist a bisserl wenig – verlieren sie den Kontakt zum Kunden. Die Marketing- und Vertriebsaktivitäten erscheinen eher langweilig, „abgelatscht“. Die Innovationen und die Autos sind klasse, aber BYD und die anderen haben kein schlüssiges System, um dem Autokäufer das zu sagen. Ihre Aktionen sind sehr kostspielig, sie verbrennen im Vertrieb Geld. Man springt von Konzept zu Konzept, hat keine überzeugende Vertriebs- und Marketings-Strategie.
Das Resultat zeigt die Zulassungsstatistik. Selbst Technologie-Riesen werden zu Kunden-Zwergen, wenn sie nicht wissen, wie der Kunde funktioniert.