„Er hat nahezu überall in der Gemeinde seine Spuren hinterlassen“: Bruno Danzer prägte 30 Jahre lang Karlsfeld
Kein anderer hat Karlsfeld so geprägt wie er: der ehemalige Bürgermeister Bruno Danzer. Eine Rückschau auf einen Menschen, der unzählige Spuren im Ort und in den Herzen seiner Mitmenschen hinterlassen hat.
Karlsfeld – Als Bruno Danzer im Jahr 1960 zum Bürgermeister gewählt wurde, war Karlsfeld ein zerrissenes Dorf, in dem es mehr Schwarzbauten gab als geteerte Straßen. Wenn Autos über die Kieswege bretterten, wirbelten sie riesige Staubwolken auf. Es gab weder eine Kanalisation, noch eine Schule, einen Kindergarten oder irgendwelche Sport- oder Kultureinrichtungen.
In dieser Aufbruchzeit gelang es dem damals 36-jährigen Danzer als Kandidat des Karlsfelder Bürgerblocks, der SPD und der Wählergemeinschaft sich mit gerade einmal 64 Stimmen Vorsprung zu behaupten. Bruno Danzer wurde der erste hauptamtliche Bürgermeister Karlsfelds.
Wie sehr sich der gebürtige Sudetendeutsche in den nächsten 30 Jahren seiner Amtszeit für die Gemeinde einsetzte, wird deutlich, wenn man durch den Ort fährt. „Er hat nahezu überall in der Gemeinde seine Spuren hinterlassen“, sagt Karlsfelds Heimatforscherin Ilsa Oberbauer. Und auch in der eigenen Lebensgeschichte der 85-Jährigen finden sich Danzers Spuren.
Warum Bruno Danzer Ilsa Oberbauer zur Hochzeit mit dem Kämmerer drängte
Denn Ilsa Oberbauer war 39 Jahre lang Lehrerin an jener Schule, die Bruno Danzer in seinen ersten beiden Amtsjahren bauen ließ. „Es ist Bruno Danzer zu verdanken, dass ich in Karlsfeld als Lehrerin arbeiten konnte. Er setzte sich dafür ein, dass ich nach Karlsfeld versetzt wurde“, erzählt Oberbauer, die damals am Tegernsee lebte und arbeitete.
Dass mein Mann und ich geheiratet haben, haben wir also Bruno Danzer zu verdanken.

Warum Oberbauer ausgerechnet in Karlsfeld als Lehrerin arbeiten wollte? Dort lebte ihre große Liebe: Alois Oberbauer, der damalige Gemeindekämmerer. Dessen Chef, Bruno Danzer, legte ihm ans Herz, seine Angebetete doch möglichst bald zur Frau zu nehmen, sonst hätte er nämlich keinen Grund, darauf zu pochen, dass sie als Lehrerin nach Karlsfeld versetzt wird, erzählt Oberbauer und lächelt. „Dass mein Mann und ich geheiratet haben, haben wir also Bruno Danzer zu verdanken.“
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Später passte Ilsa Oberbauer öfter auf Bruno Danzers Sohn Gerald auf. Er war im gleichen Alter wie ihr eigener Sohn Peter Oberbauer. Die beiden spielten als Kinder zusammen und sausten mit einer Art Bobbycar über den Hinterhof des Heimatmuseums, wo die Oberbauers im Hinterhaus lebten. Peter Oberbauer ist heute übrigens Leiter der Kläranlage, die Bruno Danzer im Jahr 1968 einweihte.
Die Liste von Karlsfelds Errungenschaften, die auf Bruno Danzer zurückgehen, ist lang. Da gibt es noch die Mittelschule, die Verbandsgrundschule, das Rathaus, der Karlsfelder See als Naherholungsgebiet, das Hallenbad und den größten Veranstaltungsraum im Landkreis Dachau, das Bürgerhaus. Auch die Legalisierung zahlreicher Schwarzbauten, die sogenannten Mondscheinsiedlungen, machte Danzer beliebt bei seinen Bürgern.

Was seine Nachfolgeran Bruno Danzer beeindruckte
Als er nach fünf Wahlen mit 66 Jahren aus Altersgründen nicht mehr als Bürgermeister kandidieren durfte, hinterließ Danzer große Fußstapfen. „Als ich das erste Mal nach meiner Wahl als Bürgermeister vorne saß, wurde mir plötzlich die Last der Verantwortung bewusst, die Bruno Danzer über 30 Jahre getragen hatte“, erinnert sich sein direkter Nachfolger Fritz Nustede.
Ich verstehe, wenn die Menschen sagen, dass andere Bürgermeister im Vergleich zu Bruno Danzer verblassen.
Der 84-jährige Altbürgermeister kann sich noch gut an Danzers „großartigen Wahlsieg“ 1972 erinnern, erzählt er. Danzer war damals gerade erst in die SPD eingetreten. Nustede, der damals Wahlhelfer war, ist noch heute schwer beeindruckt von Danzers Traum-Ergebnissen bei der Wahl. „Ich verstehe, wenn die Menschen sagen, dass andere Bürgermeister im Vergleich zu Bruno Danzer verblassen.“ Danzer habe eine ganze Ära geprägt. Als Erbauer, als Macher. „Von ihm habe ich Impulse bekommen, zuzupacken“, sagt Nustede.
Damit er nie in Vergessenheit gerät

Er hat die Bürgernähe gelebt. Das hat mich inspiriert.
Aber auch als Menschenfreund bleibt Danzer in Erinnerung. Bruno Danzer scheute sich nicht davor, auf die Menschen zuzugehen. Er war immer zur Stelle, hatte immer ein offenes Ohr. „Er hat die Bürgernähe gelebt“, sagt Bürgermeister Stefan Kolbe. Danzer habe immer wissen wollen, was die Menschen in seiner Gemeinde bewegt. Für Bürgermeister Kolbe war das eine Inspiration, wie er heute sagt. Danzer war es auch, der Kolbe als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus einstellte.

Warum die Handballer ohne Danzer keine Zukunft gehabt hätten
Wie wichtig für Danzer der Zusammenhalt in der Gemeinde und das Vereinsleben waren, weiß Günter Meikis. „Danzer war ein Freund der Bürger, der sich immer ihre Sorgen angehört hat“, erzählt der heute 82-Jährige. Als stellvertretender Vorsitzender der Handballabteilung des TSV Gerberau wendete er sich Ende 1969 an Bruno Danzer.
Danzer hat uns Asyl gewährt.
Die Handballer standen damals vor dem Aus. Ihre Halle war fünf Jahre zuvor abgebrannt, und die MAN planierte nun ohne Ankündigung den neuen Kleinfeld-Rasenplatz, um einen Parkplatz zu bauen. Bruno Danzer, ein begeisterter Handballfan, zögerte nicht und half. „Danzer hat uns Asyl gewährt“, erinnert sich Meikis. Der Bürgermeister bereitete den heimatlosen Handballern den Weg zu einem neuen Verein, dem TSV Eintracht Karlsfeld.
Danzer kündigte an der Jahnstraße auch den Bau eines Hartplatzes an. Die Karlsfelder Handballer hatten damit ein neues Zuhause. Als der Bau der Großturnhalle an der Krenmoosstraße vier Jahre später abgeschlossen wurde, hatte Danzer die Basis geschaffen, dass es auch weiterhin Handballsport in der Gemeinde Karlsfeld gibt.
Doch nicht nur für den Sport engagierte sich Danzer, sondern auch für die Kultur im Ort. Bei der Einweihung des Bürgerhauses ließ er die Handballabteilung einen Sketch vorspielen. Es war die Geburtsstunde des TSV Brettl. „Danzer war so begeistert und hat uns Räume zur Verfügung gestellt“, erzählt Meikis, einer der Gründungsmitglieder des TSV Brettl.
Es gibt viele Anekdoten aus dem Leben des Altbürgermeisters, die Danzers Weggefährten erzählen können und die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Zum Beispiel, als er bei der Eröffnung des Hallenbads plötzlich zum Drei-Meter-Brett schritt und mit Anzug ins Schwimmbecken sprang.
Eine von Danzers Lieblingsgeschichten stammt aber aus einer Zeit, als er als Standesbeamter tätig war und ein Paar trauen sollte, das sich zuvor zerstritten hatte. Als Bruno Danzer den Mann fragte, ob dieser mit seiner Braut den Bund des Lebens schließen wolle, antwortete der Bräutigam prompt mit einem Nein, woraufhin die Braut vor lauter Schreck in Ohnmacht fiel und Danzer das Ganze vertagen musste.
Wie sich Bruno Danzers Leben für immer veränderte
Bruno Danzers Leben hatte aber auch seine Schattenseiten. Er war im Krieg und wurde aus seiner Heimat vertrieben. 1970 verlor er seine Frau bei einem Autounfall. Doch er fand ein neues Glück: seine zweite Ehefrau Anni Danzer. Gemeinsam zogen sie Gerald, Danzers Sohn aus erster Ehe, auf. „Er war ein toller Familienmensch, der Kinder geliebt hat“, erzählt Anni Danzer.
Ihr Mann habe keine Launen gehabt, war immer positiv eingestellt. „Ihm war bewusst, wie kostbar jede Stunde ist, die man im Frieden leben kann“ Als ihr Mann in den wohlverdienten Ruhestand ging, war die Freude groß, endlich mehr Zeit miteinander verbringen zu können. Sie reisten um die Welt, jagten schneebedeckte Berge mit ihren Skiern hinunter, besuchten regelmäßig ihre große Verwandtschaft. Bruno Danzer konnte sich nun auch endlich voll und ganz seiner großen Leidenschaft widmen: seinen Pferden. Beim Reiten in der Natur konnte er abschalten, sich entspannen.
Ich bin aber sehr dankbar, dass er dennoch alt werden konnte.
Doch nach fünf Jahren erlitt Danzer einen Schlaganfall, der alles veränderte. Er war halbseitig gelähmt, musste fortan im Rollstuhl sitzen und konnte nicht mehr sprechen. „Das war am Anfang ziemlich hart für ihn“, erinnert sich Anni Danzer. „Ich bin aber sehr dankbar, dass er dennoch alt werden konnte“, sagt sie. Vor acht Jahren im Alter von 92 Jahren schloss Bruno Danzer für immer seine Augen.
Heute, an seinem 100. Geburtstag, zieren Schlüsselblumen, Primeln und Narzissen Bruno Danzers Grab auf dem Friedhof in Karlsfeld. Die Frühlingsblumen hat Anni Danzer extra besorgt. Sie feiert heute zusammen mit der Familie. Gemeinsam gedenken sie ihrem geliebten Mann, Papa und Opa. Bruno Danzer hat viele Spuren in den Herzen seiner Liebsten hinterlassen. Spuren, die nie verwischen.
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