In Krisenzeiten zuversichtlich bleiben: Jahresrückblick mit dem Dietramszeller Bürgermeister
Rathauschef Josef Hauser hat viele gute Erinnerungen an das Jahr 2024. Im Interview spricht er über persönliche Highlights und was ihn geärgert hat.
Dietramszell – Zum Jahreswechsel sprachen wir mit Bürgermeister Josef Hauser (Freie Wähler) darüber, wie 2024 für die Gemeinde gelaufen ist und was das neue Jahr bringt.
Wenn Sie auf 2024 zurückblicken: Wie fällt ihre Bilanz aus – positiv oder negativ?
Es war ein gutes Jahr. Wir konnten einige wichtige und schöne Projekte erfolgreich zu Ende bringen. Eine Gemeinde ist wie ein großer Betrieb. Da greifen viele kleine Rädchen ineinander. Man jongliert immer ein bisschen, aber insgesamt funktioniert es gut. Das sehe ich als Erfolg.
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Welches waren die wichtigsten Projekte der Gemeinde?
Unsere Dauerbaustelle, die Generalsanierung der Grund- und Mittelschule, war pünktlich zum Schuljahresbeginn weitestgehend abgeschlossen. Jetzt fehlen nur noch ein paar elektrotechnische Ertüchtigungen. Vor allem die Büchereierweiterung ist total cool geworden und wird sehr gut angenommen. Dank ein paar Spendern konnten wir noch eine Sitzecke einrichten, in der die Schüler auch mal chillen können, wie man heute so sagt.
Ein sehr gelungenes Projekt ist auch das Gemeinschaftshaus der Schützen in Linden, das im Oktober eingeweiht wurde. Die Freiwillige Feuerwehr Ascholding konnte im Januar in ihr neues Gerätehaus einziehen; die offizielle Einweihung haben wir im Mai gefeiert. Bei beiden Bauten haben sich die Vereine sehr reingehängt, in der Ausführung ebenso wie in der Planung.
Die Vereine haben sich sehr reingehängt. In der Ausführung ebenso wie in der Planung.
Was war Ihr persönliches Highlight?
Die Frankreichfahrt hat mir sehr gut gefallen – viel besser, als ich es mir vorher vorstellen konnte. Im Mai sind wir mit ungefähr 60 Leuten mit dem Zug nach Baignes gereist. Dort haben wir unsere 40-jährige Partnerschaft gefeiert und den vom Kloster gespendeten Maibaum aufgestellt. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen, es war alles super organisiert und eine tolle Stimmung.
Der Bürgermeister hat sogar sein Ehebett für uns geräumt. Sehr schön waren auch die drei 150-Jahr-Feiern der Feuerwehren Ascholding, Linden und Föggenbeuern. Ich habe den Eindruck, die Leute genießen es sehr, nach den Einschränkungen der Corona-Jahre wieder Festl feiern zu können. Für mich persönlich war außerdem die Straßensanierung der Staatsstraße 2368 von Obermühltal bis fast nach Oberellbach ein Highlight. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich das jemals erlebe.
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Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
(Lacht.) Auf meine Tochter. Die hat ihr Abitur mit einer hervorragenden Note bestanden.
Worüber haben Sie sich 2024 geärgert?
Geärgert hat mich vor allem die Flüchtlingsgeschichte in Bairawies. Der Gemeinderat hat schon 2023 den Umbau der ehemaligen Ökoakademie in Linden befürwortet. Dort können in einem bestehenden Gebäude 113 Flüchtlinge unterkommen, das passt aus meiner Sicht.
Aber bis jetzt ist noch niemand eingezogen. Stattdessen kam der Vorbescheidsantrag zum Bau einer Containeranlage für 130 Flüchtlinge auf der grünen Wiese in Bairawies. Das werden wir uns nicht gefallen lassen. Wenn das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetzt und den Antrag genehmigt, lassen wir das anwaltlich prüfen und werden gegebenenfalls Klage einreichen.
Ärgerlich finde ich auch, wenn nicht durchdachte Verordnungen von oben kommen, die uns als Kommune das Leben schwerer machen statt einfacher. Zum Beispiel sollen Dachgeschosse künftig ohne Genehmigung ausgebaut werden dürfen und die Bauwerber müssen keine Parkplätze mehr nachweisen.
Das heißt, wir bekommen eine Maximalbebauung und die Autos stehen auf der Straße. Das erschwert den Winterdienst. Eine echte Erleichterung wäre es dagegen, wenn man bei der energetischen Sanierung nicht bis in die letzte Kilowattstunde optimieren müsste. Das macht das Bauen teuer und für viele nicht mehr erschwinglich.
Mit der gestiegenen Kreisumlage kommen nächstes Jahr auf die Gemeinde einige Mehrausgaben zu. Wie wirkt sich das aus?
Wir rechnen mit einem Anstieg von rund 240 000 Euro. Wie sich die Einnahmen entwickeln, können wir nicht abschätzen. Ein Großteil der Gewerbesteuer kommt bei uns von Baubetrieben. Wenn die Zahl der Bauanträge sinkt, wird dieser Topf kleiner. Bei der Einkommenssteuerbeteiligung müssen wir schauen, wie es weitergeht. Ich hoffe auf sichere Arbeitsplätze.
Am Ende des Tages müssen wir die Ausgaben den Einnahmen anpassen. An den Pflichtaufgaben können wir nicht sparen, beim Rest ist die Frage, wie wir es finanzieren. Es gab zum Beispiel den Gedanken, dass die Gemeinde im Einheimischenmodell in Schönegg selbst als Bauherr auftritt und in sozialen Wohnungsbau investiert. Ob wir uns das leisten können, wird sich herausstellen.
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Besonders die alte Schule in Linden wird total cool: ein schöner Altbau mit großen Fenstern in bester Lage, und alles zu einem bezahlbaren Preis.
Worauf freuen Sie sich im nächsten Jahr?
In Ascholding und Linden bauen wir zwei Gemeindeimmobilien zu insgesamt fünf Wohnungen um. Die werden nächstes Jahr fertiggestellt. Ich freue mich sehr, dass wir dort langfristig günstigen Wohnraum anbieten können – in erster Linie für Kita- und andere Gemeindemitarbeiter, aber auch für Bürger.
Besonders die alte Schule in Linden wird total cool: ein schöner Altbau mit großen Fenstern in bester Lage, und alles zu einem bezahlbaren Preis. Was mich freuen würde: Wenn der Lückenschluss beim Radweg an der Staatsstraße 2072 zwischen Bairawies und Einöd klappt. Die Grundstücksverhandlungen sind schon weit gediehen.
Auch beim geplanten Radweg von der Leonhardikirche bis Linden sind wir einen entscheidenden Schritt vorwärtsgekommen und können nächstes Jahr hoffentlich loslegen.
Und natürlich freue ich mich auf den Gegenbesuch der Franzosen. Dann bekommt der Bürgermeister unser Ehebett. (Lacht.)
Was erfüllt Sie mit Sorge?
Wenn ich über den Tellerrand hinaus auf die Entwicklung in der Welt schaue – da mache ich mir die gleichen Sorgen wie andere auch. Die Krisenherde werden immer mehr. Wie wirkt sich das auf unsere Wirtschaft und auf die Zahl der Flüchtlinge aus? Das beunruhigt mich.
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Wie gehen Sie damit um?
Mir ist wichtig, zuversichtlich zu bleiben. Gefühlt rutschen wir seit meinem Amtsantritt von einer Krise in die nächste. Corona und die Folgen, der Krieg in der Ukraine, die Energie- und die Wirtschaftskrise, das Zerwürfnis in Berlin – das muss die Gemeinde ausbaden.
Aber ich habe festgestellt: Es geht immer irgendwie weiter. Wir regeln, was wir auf kommunaler Ebene regeln können. Mehr können wir nicht tun. Die Integration der ganzen Flüchtlinge ist nicht mehr regelbar. Es macht für mich keinen Sinn, wie's derzeit läuft. Trotzdem bleibe ich positiv. Alles andere hilft nicht weiter.
Werden Sie bei der Wahl 2026 wieder kandidieren?
Ja. (Kurze Pause.) Ja. Werde ich.