Die Arbeiten für die Seethermie, die innovative Energieversorgung für das Seegut-Projekt in Bad Wiessee, schreiten voran. In Tegernsee wurde die Frage gestellt, ob der See weitere Projekte vertragen könnte.
Bad Wiessee/Tegernsee - Wenn das Seegut-Projekt einmal abgeschlossen ist – 2028 wird angepeilt –, dann verfügt Bad Wiessee über ein Novum in der Region. Nicht nur in baulicher Hinsicht. Die riesige Luxus-Hotelanlage mit 25 Einzelgebäuden, Wellnessanlage und öffentlicher Gastronomie wird vor allem energetisch neue Maßstäbe setzen: Seethermie heißt die Technik, mit der die Gebäude des Großprojekts künftig energetisch versorgt werden – mittels Wasser aus dem Tegernsee, das für Wärme und Kälte sorgt.
Das Prinzip: In 35 Metern Tiefe, 350 Meter vom Ufer entfernt, wird Seewasser angesaugt und über ein Rohr mit 450 Millimetern Durchmesser zu einer Seewasserzentrale gepumpt, wo es in Wärme oder Kälte umgewandelt wird. Über ein zweites Rohr wird es zurück in den See befördert. Die Bauarbeiten befinden sich schon in der dritten Phase. Die nötigen Vorrichtungen an Land sind bereits umgesetzt. Unterirdische Leitungen am Ufer sind verlegt, auch die Seewasserzentrale mit ihrem Wärmetauscher ist errichtet.
Was nun folgt, ist die Verlegung der Rohre in den See. „Dazu werden große Leitungsteile am Ufer zusammengesteckt und dann ins Wasser eingelassen“, erklärt Athos-Sprecher Professor Stephan Heller den nächsten Schritt. Die Rohre selbst werden am Ufer nicht sichtbar sein, auch nicht bei Niedrigwasser. „Die ersten 25 Meter vom Ufer aus gesehen werden die Leitungen unter der Erde verlegt“, so Heller. „Nach 25 Metern hat der See eine Tiefe von etwa sechs Metern. Dann liegen die Leitungen am Seeboden und werden beschwert.“ In 35 Metern beziehungsweise 24 Metern Tiefe werden kleine Einsaug- und Rücklaufbauwerke entstehen. Sie werden etwa 100 Meter voneinander entfernt platziert.
Laut Heller soll die Verlegung der See-Rohre, und damit der dritte Bauabschnitt, wetterabhängig, aber in jedem Fall diesen Winter und damit „außerhalb der Saison am See“ erfolgen. Die Seeuferpromenade ist dafür bereits gesperrt. 2027 soll die Seethermie ihren Betrieb aufnehmen.
Im Tegernseer Stadtrat griff Barbara Staudacher (Grüne) das Thema auf. Die Stadt, in deren Hoheitsgebiet der See liegt, hatte im Rahmen des Genehmigungsprozesses ein positives Votum abgegeben, dennoch hakte sie nach. „Sollten wir nicht prüfen, ob es Kapazitätsgrenzen gibt, vor allem, was die Kühlung betrifft?“, fragte Staudacher angesichts weiterer Seethermie-Projekte. „Wird der See da nicht wärmer?“, erkundigte sich die Grünen-Rätin, die bei einem Projekt noch kein Problem sah, bei einer Vielzahl womöglich schon. Schließlich wäre Seethermie auch für ein Hallenbad oder die Seesauna eine Option.
Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) verwies auf die Stellungnahme der Schlösser- und Seenverwaltung im Vorfeld. „Man ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die wohl minimalste Veränderung der Seetemperatur durch die Menge des Seewassers egalisieren werde“, so Hagn. Bei mehreren Anlagen müsse die Schlösser- und Seenverwaltung die Auswirkungen neu untersuchen. Auch für die Seesauna die Technik zu verwenden, hielt Hagn wirtschaftlich wohl nicht für sinnvoll, das habe man bereits intern untersucht.
Sollte es weitere Anträge und Projekte am Tegernsee geben, dann würde die Stadt, so ergänzte Bauamtsleiterin Bettina Koch, als Trägerin öffentlicher Belange gehört. Sie verwies aber bereits auf das Athos-Genehmigungsverfahren, in dem es geheißen habe, dass eine Vielzahl an Anlagen entstehen könne, ohne dass dies Auswirkungen auf den Tegernsee habe.
Währenddessen richten sich viele neugierige Blicke auf das Projekt. „Das Medieninteresse an dieser ökologisch wertvollen und in anderen Ländern erprobten und ausgereiften Technik ist hoch“, lässt der Athos-Sprecher wissen. Von weiteren Projekten wisse er nichts. Was auch das Landratsamt auf Nachfrage bestätigt: „Uns ist nichts bekannt“, so eine Sprecherin.