Belarus setzt Präsidentschaftswahlen für Januar an – politische Beobachter äußern Kritik

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Der Termin für die Präsidentschaftswahlen in Belarus steht fest. Präsident Lukaschenko bestätigte seine Kandidatur. Oppositionsführerin Tichanowskaja kritisierte die Wahl aus dem Exil.

Minsk – Rund viereinhalb Jahre nach der letzten Präsidentschaftswahl soll in Belarus nun wieder gewählt werden. Wie die zentrale Wahlkommission Belarus’ vermeldete, wurde die Präsidentschaftswahl auf den 26. Januar 2025 angesetzt. Vom Parlament sei der Wahltermin bereits gebilligt worden. Der Leiter der Zentralen Wahlkommission, Igor Karpenko, sprach von einem „optimalen Datum“ für die Präsidentschaftswahl, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ausgehend von Informationen der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Belta meldete.

Belarus terminiert Präsidentschaftswahl auf Januar – womöglich, um Proteste zu erschweren

Dem belarussischen Gesetz nach hätte die Präsidentschaftswahl-Terminierung allerdings noch bis zum Juli 2025 Zeit gehabt, weil vier Jahre zuvor auch im Sommer gewählt worden war. Die Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko war damals von massiven Wahlbetrugsvorwürfen begleitet worden. Als Indiz hierfür galt eine geringe Zahl zuverlässiger Stimmzettel, die im Umkehrschluss einen Wahlsieg von Lukaschenkos damaliger Konkurrentin, der oppositionellen Swetlana Tichanowskaja, vermuten ließ.

Im russischen Kasan kamen die BRICS-Mitgliedsstaaten zu Gesprächen zusammen. Dort verkündete Belarus‘ Machthaber, bei der anstehenden Präsidentschaftswahl im Januar zu kandidieren.
Belarus‘ Präsident Alexander Lukaschenko beim BRICS-Gipfel in Kasan © IMAGO / SNA

Im Anschluss an Lukaschenkos Wiederwahl war es in Belarus zu Massenprotesten gekommen. Vielerorts im ganzen Land versammelten sich Hunderttausende auf den Straßen, um gegen Lukaschenkos scheinbar unrechtmäßige Wiederwahl zu protestieren. Der belarussische Staatsapparat ging mit aller erdenklichen Härte gegen die Demonstranten vor und brachte kritische Stimmen so zunächst zum Schweigen. Zahlreiche Regierungskritiker sitzen seitdem in Belarus in Haft, Angaben der Menschenrechtsgruppe Wjasna zufolge sollen es derzeit rund 1300 politische Gefangene sein. Oppositionsführerin Tichanowskaja musste das Land ins Exil nach Litauen verlassen, darüber hinaus wurde sie 2023 wegen vermeintlichen Hochverrats und „Verschwörung zur Machtergreifung“ zu 15 Jahren Haft in Belarus verurteilt.

Beobachter der politischen Landschaft Belarus’ gehen davon aus, dass mögliche erneute Proteste der belarussischen Bevölkerung mit dem nun bestätigten Wahltermin Ende Januar 2025 erschwert werden sollen. Denn während die Temperaturen in der Hauptstadt Minsk in den Sommermonaten wegen des Kontinentalklimas im Schnitt auf über 20 Grad steigen können, liegt der Mittelwert der Tageshöchsttemperaturen im Januar bei frostigen -3 Grad Celsius. Die Mindesttemperatur am Tag liegt dann im Schnitt gar bei -8 Grad Celsius, wobei es in den Wintermonaten noch deutlich kälter werden kann.

Tichanowskaja fordert Belarussen auf, „Farce“ der Präsidentschaftswahl „abzulehnen“

Kurz nach Bekanntwerden des Präsidentschaftswahltermins meldete sich auch Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja aus ihrem litauischen Exil zu Wort. Die auf Ende Januar angesetzte Präsidentschaftswahl bezeichnete die Tichanowskaja am Mittwoch via Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) als „Scheinwahl ohne wirklichen Wahlprozess, die in einer Atmosphäre des Terrors stattfindet“. „Es werden keine Gegenkandidaten oder Beobachter zugelassen“, kritisierte sie die geplante Präsidentschaftswahl.

Dies nahm Tichanowskaja zum Anlass, eine Forderung an die belarussische Bevölkerung zu richten: „Wir rufen die Belarussen und die internationale Gemeinschaft auf, diese Farce abzulehnen“. Tichanowskajas Ehepartner, der bekannte Oppositionspolitiker Sergej Tichanowski, befindet sich seit 2020 in Belarus in politischer Gefangenschaft. Kurz vor seiner Inhaftierung hatte Tichanowski angekündigt, bei der Präsidentschaftswahl 2020 gegen Lukaschenko kandidieren zu wollen. 

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk führte Tichanowskaja unlängst (6. August 2024) aus, mit welchen Bedingungen es ihr Mann als politischer Gefangener in Belarus zu tun habe und wie sie selbst mit seiner Haft umgeht. So habe sie im Sommer 2023 letztmals von ihrem Ehemann gehört, als belarussische Propagandisten ein Video von ihm veröffentlichten. Darin habe er dünn ausgesehen und offenbar stark abgenommen. Dabei betonte Tichanowskaja, dass politische Gefangene in Belarus keine medizinische Hilfe erhielten – egal, ob sie an Krebs oder Diabetes litten. Seitdem seien Tichanowskis Anwalt Besuche untersagt worden. Da Tichanowskaja in der Folge keine Briefe ihres Mannes mehr erhalten habe, sei ihr sein aktueller Gesundheitszustand nicht bekannt.

Lukaschenko bestätigt Präsidentschaftswahl-Kandidatur bei BRICS-Gipfel im russischen Kasan

Der 70-jährige Lukaschenko regiert die ehemalige Sowjet-Republik bereits seit 1994 und machte das Land zum engsten Vertrauten Wladimir Putins, nachdem er am 20. Juli desselben Jahres die erste belarussische Präsidentschaftswahl nach dem Fall des Eisernen Vorhangs für sich entscheiden konnte. Dem Demokratieverständnis westlicher Staaten zufolge, hat es seitdem in Belarus keine freien Wahlen mehr gegeben. Die Präsidentschaftswahl 2020 erkannten die EU-Staaten nicht an, ebenso wenig wie die Legitimität Lukaschenkos als Staatsoberhaupt Belarus’.

Lukaschenko selbst flog am Mittwoch zum Gipfeltreffen der BRICS-Mitgliedsstaaten ins russische Kasan. Gegründet wurde das multilaterale Bündnis 2006 mit dem Ziel, ein Gegengewicht zur wirtschaftlichen Dominanz des Westens oder anderer Foren, wie etwa den G7-Staaten, zu bilden. Die Abkürzung „BRIC“ setzt sich dabei aus den Anfangsbuchstaben der Mitgliedsstaaten zusammen: Brasilien, Russland, Indien und China, erweitert worden war das Bündnis zudem 2010 um Südafrika

In Kasan bestätigte Lukaschenko seine Kandidatur für 2025. „Ich trete bei der Präsidentenwahl an“, sagte er Vertretern des russischen Fernsehens. Russlands Präsident Putin nutzte das Treffen der ARD-Tagesschau zufolge, um seine internationale Handlungsfähigkeit trotz westlicher Sanktionen zu demonstrieren. Ein Ziel des Kreml-Chefs in Kasan sei so etwa, auf eine stärkere Kooperation einzuschwören – insbesondere im Finanzsektor. Wie am Donnerstag bekannt wurde, verwehren die BRICS-Staaten dem Kreml aber offenbar ihre Rückendung. (fh)

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