Kein Insulin mehr spritzen? Krebs-Medikament hilft offenbar bei Diabetes
Hoffnung für Diabetiker: Wissenschaftler haben Zellen in der Bauchspeicheldrüse so manipuliert, dass sie sich in insulinproduzierende Zellen verwandeln.
Melbourne – Australische Wissenschaftler haben einen neuen Ansatz zur Behandlung von Diabetes entdeckt – und damit die Tür zu potenziellen, ganz neuen Behandlungsmöglichkeiten geöffnet. Mithilfe von Medikamenten, die normalerweise Patienten mit seltenen Krebsarten verabreicht werden, programmierten sie die Zellen der Bauchspeicheldrüse so um, dass sie als Reaktion das Hormon Insulin produzierten und ausschütteten. Diese Entdeckung könnte bedeuten, dass Diabetiker eines Tages nicht mehr täglich mehrere Insulininjektionen benötigen.
Medizinischer Durchbruch: Krebs-Mittel lässt Zellen von Diabetikern regenerieren und Insulin produzieren
Die Forscher des Baker Heart and Diabetes Institute in Melbourne setzten dafür zwei bestehende Krebsmedikamente ein, um Zellen in der Bauchspeicheldrüse so zu manipulieren, dass sie sich in insulinproduzierende Betazellen verwandeln. Das Ergebnis der Studie, die im Januar in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, liefert einen ganz neuartigen Ansatz für die Behandlung der Typ-1-Diabetes, die sich oft mit Frühwarnsignalen zeigt.

Üblicherweise synthetisieren, speichern und setzen die Betazellen der Bauchspeicheldrüse Insulin frei. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes jedoch werden diese durch das Immunsystem zerstört, sodass sie nicht mehr in der Lage sind, das lebensnotwendige Hormon zu produzieren. Betroffene sind darum auf regelmäßige Insulininjektionen angewiesen. Eine Insulintherapie hilft zwar bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels, kann aber die Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse nicht verhindern, aufhalten oder umkehren.
Hoffnung für Typ-1-Diabetiker: Krebsmedikamente regen Insulinproduktion in der Zelle wieder an
Seit vielen Jahren konzentriert sich darum die Forschung auf die Entwicklung neuer Therapien, die das Wachstum und die Funktion der Betazellen stimulieren, um die Insulinproduktion bei Typ-1-Diabetikern wiederherzustellen. Nun vermelden die australischen Forscher also endlich einen Durchbruch. Sie schafften es, geschädigte Zellen der Bauchspeicheldrüse so zu regenerieren, dass sie Insulin produzieren und funktionell auf den Blutzuckerspiegel reagieren können.
„Wir betrachten diesen regenerativen Ansatz als einen wichtigen Fortschritt auf dem Weg zur klinischen Entwicklung“, sagte Sam El-Osta, der Erstautor der Studie. „Bisher war der Regenerationsprozess zufällig und ohne Bestätigung; noch wichtiger ist, dass die epigenetischen Mechanismen, die eine solche Regeneration beim Menschen steuern, nach wie vor schlecht verstanden sind.“
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Nach Labor-Erkenntnissen: Forscher wollen neuen Behandlungsansatz für Diabetes weiterverfolgen
Das Forscherteam arbeitete dafür mit Pankreaszellen von Spendern mit Typ-1-Diabetes. Nach „Behandlung“ der gespendeten Bauchspeicheldrüsenproben mit bekannten Krebsmedikamenten (GSK 126 und Tazemetostat) veränderten sich diese in Richtung einer Beta-ähnlichen Zellidentität. Nach 48 Stunden Stimulation mit den Medikamenten produzierten die umprogrammierten Zellen Insulin als Reaktion auf die Gabe von Einfachzucker (Glukose).
Zwar sind die Medikamente noch lange nicht für Versuche mit Menschen mit Typ-1-Diabetes geeignet. Aber die Labor-Ergebnisse sind ein vielversprechender erster Schritt auf dem Weg zu neuen Betazellenbehandlungen. Als nächsten Schritt planen die Wissenschaftler, die Therapie in einem präklinischen Modell zu untersuchen.