Autobahnblockade verboten - Traktoren-Protest am Straßenrand: „Es geht um die Allgemeinheit“

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Zehn Traktoren stellten Landwirte und Unterstützer am Mittwoch an den Parkplatz am Autobahnzubringer ab. Sie protestierten gegen die Agrarpolitik – ohne eine Straßenblockade wie in anderen Orten. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Landwirte protestieren am Mittwoch am Autobahnzubringer. Eine Blockade der Zufahrt wurde ihnen vom Landratsamt verboten. Die Haltung der Bauern ist deutlich.

Wolfratshausen – Die Blockade wurde ihnen verboten. Protestieren wollten die Landwirte aber trotzdem. Am Autobahnzubringer trafen sich am Mittwoch etwa zehn Traktorfahrer, um für ihre Sache einzustehen. Obwohl: „Ihre Sache“ – das möchte Sebastian Müller aus Münsing nicht so stehen lassen. „Es geht um alle Menschen bei unseren Protesten.“ Denn unter ständigen Mehrkosten oder gestrichenen Subventionen leiden zwar in erster Instanz Unternehmen und Höfe. „Aber am Schluss müssen die Verbraucher dafür mitbezahlen“, erklärt Bernhard Ruhdorfer. Der Forstwirt und schloss sich am Mittwoch dem Protest auf dem Parkplatz an. An ihre Maschinen hatten sie Plakate gespannt. „Für bezahlbaren Wohnraum“ stand auf einem, „Erst stirbt der Bauer, dann das Land“ auf einem anderen.

Autobahnblockade verboten - Traktoren-Protest gibt‘s trotzdem: „Es geht um alle Menschen“

Auch auf den Transparenten wurde klar: Den Protestierenden geht’s nicht nur um die Landwirtschaft allein. „Der Mittelstand muss alles ausbaden“, sagt Müller. „Dabei sind das die Leute, die den ganzen Laden am Laufen halten.“ Deshalb würde sich der Münsinger erhoffen, „dass noch viel mehr Menschen auf die Straße gehen“, nicht nur die Landwirte selbst. „Es geht mir um die Allgemeinheit.“ Umso mehr freut er sich über den vorbeifahrenden Sattelzug, der der Demo anerkennend zuhupt. Und umso weniger Verständnis haben Ruhdorfer, Müller und Co. für Autofahrer, die den Landwirten den Scheibenwischer deuten.

Kreisbauer enttäuscht von Blockadeverbot: „In allen anderen Landkreisen auch genehmigt“

Peter Fichtner ist Kreisobmann des Bauernverbands. Er hatte beim Landratsamt eine Demonstration angemeldet – und eine andere Protestform genehmigt bekommen. Ursprünglich wollten die Landwirte aus dem Landkreis die Autobahnauffahrt blockieren. „So, wie es in allen anderen Landkreisen auch genehmigt wurde und wozu das Innenministerium auch ja gesagt hat“, sagt Fichtner. Wieso es hier nicht gestattet wurde? „Das müssen’s das Landratsamt fragen.“ An dem Bad Heilbrunner habe es nicht gelegen. Er sei gesprächsbereit gewesen, hätte etwa an eine Blockabfertigung gedacht – „15 Minuten freie Fahrt, 15 Minuten Blockade“ zum Beispiel.

Landratsamts-Pressesprecher Michael Heigl sieht den Landkreis nicht in einer Sonderrolle. „In anderen Landkreisen wurden solche Blockaden ebenfalls nicht erlaubt.“ Am Autobahnzubringer in Wolfratshausen sei der Polizei das Risiko zu hoch erschienen, das mit dem Traktorprotest einhergegangen wäre. „Deshalb wurde sie nicht genehmigt“ und stattdessen die Kompromisslösung am Parkplatz gefunden. „Sonst wären mehr gekommen“, mutmaßt ein Teilnehmer, der am Vormittag hinter seiner John-Deere-Maschine eine Breze isst.

Landwirte demonstrieren weiter: „Geht um die gesamte Entwicklung“

Für die meisten ist es nicht die erste Demo, erklärt Martin Strobl aus Münsing. Er war schon bei mehreren Protesten. „Für mich ist nicht nur der Agrardiesel Thema – es geht mir ums große Ganze und die gesamte Entwicklung, die da peu à peu weitergeht.“ Es möge schon sein, dass die Proteste der Landwirte Aufmerksamkeit erregen und immer mehr Menschen Notiz von der Entwicklung nehmen, die den Hofbesitzern so missfällt – „aber bei denen, die’s entscheiden, bei der großen Politik, da glaub ich, nehmen sie das zur Kenntnis und dann machen’s weiter.“

Ampelregierung enttäuscht - „Frag mich, wie jemand so einen Schmarrn erzählen kann“

So wie Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP. Die Protestler am Zubringer werden sich so schnell keinem Lindner-Fanclub anschließen. „Der steht auf der Bühne in Berlin und erzählt, dass er weiß, wie hart die Arbeit in der Landwirtschaft ist. Ich frag’ mich, wie jemand so einen Schmarrn erzählen kann“, poltert Kreisobmann Fichtner. „Das muss den Leuten doch auffallen.“ Und dass Cem Özdemir, der grüne Bundesagrarminister, zwar Verbesserungen ankündigt, „aber seit zwei Jahren als Minister nichts vorangebracht hat“, bringt ihm am Autobahnzubringer nur wenig Sympathiepunkte ein. Gegen 14 Uhr räumten die Protestler ihre Stellung an der B11A. Laut Polizei lief die Demonstration ruhig und geordnet ab.

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