Am Mittwoch las die Drag-Queen Vicky Voyage in der Puchheimer Stadtbibliothek Kinderbücher vor. Dagegen demonstrierte die AfD. Und kurzerhand hatten Puchheimer Schüler eine Gegendemo für „Toleranz und Vielfalt“ organisiert. Die Polizei stellte derweil sicher, dass die Lager sich nur verbal attackierten.
Puchheim – Rund ein Dutzend Polizisten war da, um zu verhindern, dass es kracht. Das gelang laut Einsatzleiter Christian Stadler auch. Die Bilanz: „Eine Anzeige und ein paar verbale Scharmützel.“
Im Vorfeld geriet die Lesung zum Politikum. Der AfD-Kreisverband witterte eine „Frühsexualisierung“ und „Gender-Ideologie“. Auch die CSU positionierte sich: Der Ortsvorsitzende Dominik Schneider monierte die Verwendung von Steuergeldern für die „ideologisch motivierte“ Veranstaltung und forderte deren Absage.
Solidarität mit der Stadtbibliothek
Puchheimer Gymnasiasten riefen kurzerhand zum Protest gegen die AfD-Demo auf. Julian Schell (18), Mitorganisator der Schüler-Demo, erklärt, es geht ihnen um „Solidarität mit der Stadtbibliothek“ und darum, sich „der Hetze der AfD“ entgegenzustellen. Dem schlossen sich viele Puchheimer an.
150 bei der Schüler-Demo
Einer von ihnen: Johannes Wittermann, 45. Ihm ist es wichtig für Vielfalt einzustehen und Kindern Offenheit vorzuleben. „Ich verstehe die Aufregung nicht, dass jemand Kindern vorliest“, erklärte er. Mit dabei seine Mutter Christa, 78. Laut Polizei waren auf der Anti-AfD-Demo rund 150 Personen.
Die AfD konnte hingegen nur 35 Personen mobilisieren, darunter Peter Banholzer, Vorstandsmitglied im AfD-Kreisverband. Es sei grenzwertig, wenn Kinder ab vier Jahren ideologisiert würden. „Da sind wir uns mit unseren Brandmauerpartnern von der CSU einig“, erläuterte er mit Bezug auf die Aussagen Schneiders.
Währenddessen brüllte ein AfD-Sympathisant Gegendemonstranten an: „Das einzige, was bei euch bunt ist, sind eure Messergriffe!“ Ein anderer lief mit Kamera-Stativ umher. Es war Helge Stark aus München. Er betreibt „SpunktNews“. Auf verschiedenen Plattformen vertreibt er „Nachrichten, Infos und Schabernack“. Man findet etwa einen Vergleich der Behandlung von Juden 1934 und Ungeimpfter während der Pandemie.
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Nur mit Anmeldung
Unterdessen schützte ein Sicherheitsdienst die Lesung, weil, so Bibliotheksleiterin Janine Weinberger, „die Welt momentan verrückt ist“. Ilona war mit ihrer Tochter (4) da. Sie teilte die Befürchtungen der AfD nicht und erwartete ein „tolles Kinderevent“.
Fotos mit der Drag-Queen
Drag-Queen Vicky Voyage animierte derweil die Kinder zum Mitmachen: „Wenn etwas süß ist, was macht ihr dann?“ „Awww“- riefen die Kinder begeistert. Es gab nichts Anstößiges. In der Pause lackierte Vicky Voyage den Kindern die Nägel. Später freuten sie sich, Fotos mit ihr machen zu können. Auch Mutter Ilona war nach der Veranstaltung begeistert: „Das machen wir auf jeden Fall noch mal!“
Derweil gab Banholzer im Duo mit einem anderen Parolen zum Besten: Sie krakeelen von der „Antifa-Faseser“ und „steuerfinanzierten NGOs“. Dann trollten sich die Rechten vorzeitig, während die Gegendemo im Chor „Nazis raus“ skandiert.
Von Patrick Tietz