Wegen fehlender Hilfe aus dem Westen: Ukraine-Kommandeur warnt vor Rückzug bis zum Dnepr
Seit über zwei Jahren macht die russische Armee bei der Besatzung der Ukraine nur langsame Fortschritte. Doch der Ukraine gehen allmählich die Mittel zum Widerstand aus.
Kiew – In der Ukraine mehren sich Hinweise auf eine drohende russische Großoffensive im Sommer – und vor dem Hintergrund abnehmender Unterstützung aus dem Westen wächst damit auch die Befürchtung, weitere Teile des Landes nicht mehr länger gegen den russischen Angriffskrieg verteidigen zu können. Experten warnen vor einem drohenden Wendepunkt im Ukraine-Krieg und auch der hochrangige ukrainische Militär-Kommandant Pavlo Kyrylenko warnte in einem Interview mit dem britischen Telegraph vor schweren Rückschlägen.
So könne eine mögliche Offensive Russlands laut Kyrylenko womöglich schon bald dazu führen, dass die Truppen der Ukraine sich aus einem größeren Gebiet in den Regionen Saporischschja und Donezk zurückziehen müssen und einem Großteil des Landes rechts des Dnepr die Besatzung drohen könnte. Um das zu verhindern, sieht Kyrylenko als einzige Möglichkeit mehr Unterstützung des Westens.

Statt Waffen aus dem Westen: Ukraine setzt auf Drohnen aus Crowdfunding-Kampagnen
Dabei betont der Militär-Kommandant, der laut dem Bericht des Telegraph bereits 2014 gegen die drohende Besetzung des Flughafens in Donezk gekämpft hat, dass der Westen der Ukraine vor allem durch Waffen helfen könne. Zwar profitierten auch einige seiner Leute von den Trainings des Westens, die dem Militär der Ukraine Nato-Strategien vermitteln sollen, dennoch seien diese Trainings vor allem zeitraubend und teilweise nur schwierig anwendbar, da die Realität entlang der rund 1600 Kilometer langen Frontlinie im Ukraine-Krieg mit Nato-Praktiken häufig wenig zu tun habe.
Generell betont er, dass die Lage der Ukraine sich über die vergangenen Monate deutlich verschlechtert habe. So sei die Situation noch vor einem Jahr noch als schlecht zu bezeichnen gewesen, heute sei sie „schrecklich“, was Kyrylenko vor allem damit begründet, dass dem Land Munition und Ausrüstung fehlen. Das einzige Mittel, mit dem die ukrainischen Kämpfer, die Angreifer derzeit noch zurückdrängen könnten, seien die sogenannten FPV-Drohnen (First Person View), die zu einem Großteil aus Crowdfunding-Kampagnen finanziert und angeschafft würden.
Bevorstehende Offensive in der Ukraine: Wenige Chancen gegen Russlands Übermacht
Doch gegen eine drohende neue Offensive aus Russland sei das nicht genug, zumal Führungskräfte aus Militär und Politik in der Ukraine bereits mehrfach davor gewarnt haben, dass Russlands Militär trotz der Schwächung in über zwei Jahren Krieg immer noch übermächtig sei. „Das müssen Sie sich so vorstellen“, erklärte Kyrylenko dem Telegraph, „dass wir den einen Tag noch mit einem Mörser auf eine Reihe russisches Kriegsgerät schießen können. Am nächsten Tag haben wir dafür aber nur noch Maschinenpistolen“.
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Vor allem die fehlende Unterstützung der USA bringt die Ukraine in diesem Jahr gegenüber den russischen Angreifern in Bedrängnis. Dort herrscht bereits seit Ende 2023 Uneinigkeit zwischen den Demokraten und Republikanern im US-Kongress, was die weitere Unterstützung der Ukraine angeht. Auch mehrere Aufrufe des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj haben bislang nichts an der Blockadehaltung der republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus geändert. (saka)