Grünen-Abgeordnete wechselt zur CDU: Hintergründe sind Klatsche für Habeck und Baerbock

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Mit Melis Sekmen verlieren die Grünen eine Bundestagsabgeordnete. Sie wechselt zur CDU. Dabei spielte auch ein Gespräch mit Friedrich Merz eine Rolle.

Berlin – Die Opposition im Bundestag legt zu. Nicht nur theoretisch, in Form von den Ergebnissen der regelmäßigen Sonntagsfragen. Diesmal auch konkret, denn zum Start in die zweite Jahreshälfte erklärte mit Melis Sekmen eine Bundestagsabgeordnete ihren Wechsel von den Grünen zur CDU.

In einem dreiminütigen Video, das sie auf ihrer Homepage und ihrem Instagram-Account veröffentlichte, offenbarte die 30-Jährige am späten Montagabend: „Heute bin ich aus der Grünen-Partei und der Grünen-Bundestagsfraktion ausgetreten.“ Es handele sich um eine „sehr persönliche Entscheidung“.

Grünen-Abgeordnete wechselt zur CDU: Melis Sekmen macht künftig Oppositionspolitik

Sekmen, die für den Wahlkreis Mannheim seit 2021 im Bundestag sitzt, sprach von einem „langen Abwägungsprozess“. Sie war 2011 in die Ökopartei eingetreten, fungierte seit 2022 als Vorsitzende des Parlamentskreises Gründungen & Start-ups im Parlament, zudem als Obfrau und Ordentliches Mitglied im Wirtschaftsausschuss und als Stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss.

„Ich habe festgestellt, dass meine Vorstellung darüber, wie und mit welchem Stil Politik gemacht wird, sich weiterentwickelt hat“, nennt Sekmen Gründe für ihren Schritt auf die Oppositionsbank. Für sie sei es „ein Schritt nach vorne“. Eine kleine Klatsche für die ehemaligen Grünen-Vorsitzenden, Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Immerhin kommt Sekmen aus dem Wirtschaftsausschuss. Ebenso bitter ist die Entscheidung für die Grünen-Doppelspitze Ricarda Lang und Omid Nouripour.

In der Politik gehe es auch darum, „mit unterschiedlichen Lebensrealitäten umzugehen“, führt Sekmen weiter aus. Wichtig sei: „Wir müssen Menschen nach ihrem Tun und nicht nach ihrer Herkunft beurteilen.“ Dabei nennt sie Mannheim als Vorbild, wo Menschen nicht nur eine Heimat gefunden, sondern auch Chancen bekommen hätten.

Auch ihre eigene Familie – ihr Vater wanderte einst aus der Türkei ein – sieht sie als „Teil dieser wunderbaren Geschichte“. Der Mannheimer Weg könne „überall in Deutschland“ gelingen.

Melis Sekmen spricht im Bundestag am Rednerpult
Sieht ihre Zukunft in der CDU: Melis Sekmen verlässt die Grünen nach 13 Jahren. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Sekmen geht von den Grünen zur CDU: Lob für das Grundsatzprogramm unter Führung von Merz

„Genau diesen Geist habe ich im neuen Grundsatzprogramm der CDU wiedergefunden“, lobt sie das erst in diesem Jahr verabschiedete und 82 Seiten starke Papier der Christ-Demokraten mit dem Titel „In Freiheit leben“.

Sekmen erläutert: „Ich habe Friedrich Merz kennengelernt. Wir hatten ein sehr gutes Gespräch und wir waren uns schnell einig, dass wir das Grundsatzprogramm gemeinsam mit Leben füllen wollen.“

Der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer betonte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bereits, die Fraktion freue sich auf Sekmen als neues Mitglied. „Mit ihrer Familiengeschichte und ihren Themen verbindet Frau Sekmen vieles, wofür auch die CDU steht. Wir machen Politik für die fleißigen Menschen in unserem Land“, legt Merz ihr den Roten Teppich aus.

CDU freut sich auf Ex-Grüne Sekmen: „Total authentische und erfolgreiche Aufsteigergeschichte“

Manuel Hagel beschreibt Sekmen derweil als „absolute Power-Frau“, deren „total authentische und erfolgreiche Aufsteigergeschichte“ zu Deutschland passe. Ihr Herz schlage „für Start-ups in Deutschland“. Weiter hält der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg über die neue Parteifreundin fest: „Sie ackert für gute Rahmenbedingungen für Innovation und Schaffenskraft. Melis Sekmen trägt so dazu bei, das Wohlstandsversprechen in unserem Land immer wieder neu mit Leben zu füllen.“

Schon an diesem Dienstag wird sie nach dpa-Informationen erstmals in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag erwartet. Sekmen wird demnach als Gast an den routinemäßigen Beratungen der CDU/CSU-Abgeordneten teilnehmen.

Die nunmehr Ex-Grüne wünscht sich eine „Debattenkultur, die auch unbequeme Realitäten benennen kann, und in der Menschen für ihre Meinung oder für ihre Sorgen nicht in Schubladen gesteckt werden“. Sekmens Anliegen lautet: „Diese Stimmen müssen aus einer starken Mitte und nicht von den extremen Rändern der Politik kommen. Dafür möchte ich mich weiter einsetzen.“

Robert Habeck (l.) mit verschränkten Armen, Friedrich Merz in Jubelpose
Bekommt weiter Rückenwind: Oppositionsführer Friedrich Merz (r.) begrüßt eine langjährige Parteifreundin von Robert Habeck in der CDU. ©  IMAGO / Mike Schmidt, IMAGO / Rolf Poss

Grüne verlieren Bundestagsabgeordnete: Wechsel erinnert an Lengsfeld im Jahr 1996

Derweil sagte Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), Sekmens Austritt sei zu bedauern, aber auch zu respektieren. „Innerhalb der Fraktion werden wir nun beraten, wie wir organisatorisch damit umgehen“, fügte sie an.

Die Grünen-Bundestagsfraktion bestand zuletzt aus 118 Abgeordneten. Bei der Union waren es nach dem Ausscheiden der CSU-Politiker Andreas Scheuer und Stefan Müller im April und Mai noch 195 Abgeordnete.

Wechsel zwischen zwei Fraktionen kommen selten vor. Für die Union ist es der erste Zugang aus einer anderen Fraktion seit 1996. Damals verließ die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld ebenfalls die Grünen für die CDU. Die mittlerweile 72-Jährige saß bis 2005 im Bundestag, seit ihrem Austritt aus der CDU im November 2023 ist sie parteilos. (mg)

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