Sozialhilfe: Ausgaben steigen stark
Bei der Sozialhilfe geht es um viel mehr als nur Geld. Das wurde schnell deutlich, als deren Leiter Peter Steigenberger den Bericht der Sozialhilfeverwaltung im Sozialausschuss des Landkreises vorstellte. Aber, auch das wurde klar, am Ende geht es auch um Geld. Um viel Geld.
Waren es Anfang 2020 noch 717 sogenannte „Zahlfälle“, bei denen Einzelpersonen oder Bedarfsgemeinschaften Hartz IV bezogen, stieg die Zahl mittlerweile auf 995, also um 28 Prozent. Das sei eine bemerkenswerte Entwicklung, stellte Sozialamtsleiter Peter Steigenberger im Sozialausschuss klar. Denn nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine strömten Kriegsflüchtlinge in den Landkreis. Auf Beschluss des Bundes fallen diese nicht unter das Asylbewerberleistungsgesetz, sondern beziehen von Beginn an Bürgergeld.
Insofern ist es wirklich bemerkenswert, dass die Zahl der „Zahlfälle“ nicht noch stärker angestiegen ist. Gezahlt wird heuer dennoch deutlich mehr als noch 2020. Wurden damals 3,7 Millionen Euro für die Grundsicherung ausgereicht, waren es im vergangenen Jahr bereits rund 6,6 Millionen Euro, also rund 77 Prozent mehr.
Doppelt so viele „Bildung und Teilhabe“-Kunden
Die Gründe für diese Entwicklung würden auf der Hand liegen, so Steigenberger. Zum einen habe es – nicht zuletzt bedingt durch die Inflation der vergangenen Jahre – massive Leistungserhöhungen gegeben. Zum anderen steigen die Wohnkosten nach wie vor unaufhörlich. Für den Kreishaushalt sei das allerdings kein Problem, so Steigenberger. Die Kosten würden komplett vom Bund übernommen. Direkt vom Landkreis kommen derweil die „Hilfen zum Lebensunterhalt“. 2020 wurden hierfür 233 000 Euro ausgegeben, vier Jahre später waren es 64 Prozent mehr, also 382 000 Euro.
Verdoppelt hat sich der Kundenbestand des Jobcenters beim „Bildung und Teilhabe“-Paket im Vergleich zu 2020. „Derzeit unterstützen wir aus diesem Topf 715 Kinder“, berichtete Steigenberger. Auch hier sind die Kosten für den Landkreis explodiert und liegen mit 273 000 Euro um 245 Prozent höher als noch 2020. Das liege daran, dass durch die Wohngeldreform die Zuständigkeit in Sachen „Bildung und Teilhabe“ in vielen Fällen vom Jobcenter zum Landkreis gewechselt sind. Das Jobcenter hatte in diesem Bereich eine Kostensteigerung von 77 Prozent zu verzeichnen, wie aus Steigenbergers Bericht weiter hervorgeht.
Senioren vereinsamen und kämpfen mit „multipler Schuldenproblematik“
Einen zunehmenden Betreuungs- und Beratungsbedarf stellt das Sozialamt bei den Senioren fest. Sie leiden laut Steigenberger zunehmend unter Vereinsamung und psychischen Erkrankungen, kämpfen oftmals mit einer „multiplen Schuldenproblematik“. Viele würden sich durch die immer komplexer werdende Lebenswelt überfordert fühlen, kämpfen mit der steigenden Regelungsdichte und bürokratischen Hürden. „Ja, wenn man bei uns einen Antrag auf Unterstützung stellt, erwartet einen ein Papierberg“, so Steigenberger. Aber „wenn man einmal im Bezug ist, läuft es dann in der Regel reibungslos“.
Man merke diese Probleme deutlich im Tagesgeschäft. Die Nachfragen und Gespräche nehmen zu. So sehr, dass das Sozialamt jetzt ein „rollierendes Frontoffice“ eingeführt habe. Immer donnerstags sitze ein Mitarbeiter am Empfang und nehme die Telefonate entgegen, versuche zu helfen und zu beraten, wo es möglich ist. An die Kollegen verbinden würde er aber nicht: „So haben die Mitarbeiter, die nicht im Frontoffice tätig sind, die Möglichkeit, sich in Ruhe auch mit den komplexeren Fällen zu beschäftigen“, so Steigenberger.
Viele Vorteile würde auch der elektronische Antrag bringen, der seit 2023 verfügbar ist. Doch dieser werde immer noch zu wenig genutzt. Zunehmend Probleme bereite den Mitarbeitern auch der Versand von Bescheiden, Briefen und Unterlagen per Post. Die Postlaufzeiten würden teilweise bis zu sieben Tage betragen, berichtete der Leiter des Sozialamtes. Deswegen stelle man gerade auf ePost um: Die Unterlagen werden digital an die Post übermittelt, dort ausgedruckt, eingetütet und verschickt. Dadurch hätten die Kunden ihre Bescheide deutlich früher. Noch werde das System auf freiwilliger Basis eingesetzt, ab August soll es verpflichtend für alle Mitarbeiter sein.
Umstellung auf neue Software
Die nächste digitale Herausforderung stehe dann zum Jahreswechsel an. Dann soll ein neues Fachprogramm eingeführt werden. Die Umstellung der Software werde sorgfältig vorbereitet, zudem könne man, wenn es doch Probleme geben sollte, wieder zum alten Programm zurückkehren, erklärte Steigenberger: „Idealerweise läuft der Umstieg so, dass es draußen keiner merkt und jeder am Monatsanfang sein Geld auf dem Konto hat.“