Nach über 70 Jahren: Traditionshersteller ist insolvent – „Versäumnisse der Politik“ treiben Firma in den Ruin

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In diesem Jahr könnte die Zahl der Insolvenzen im Land einen Höchststand erreichen. Auch viele Traditionsunternehmen kriegen die Kurve nicht mehr – so wie ein Reifenhersteller aus dem Norden.

Dissen – Vor 71 Jahren wurde die Marke „King Meiler“ im niedersächsischen Dissen gegründet. Heute geführt unter dem Namen Reifen Hinghaus GmbH gehört es nach eignen Angaben zu Europas größten Runderneuerungsbetrieben für Reifen – und ist einer der letzten solcher Reifenerneuerer in Deutschland. Diese Traditionsgeschichte könnte nun ein jähes Ende finden: Das Unternehmen hat Insolvenz beantragt. Darüber berichtete zuerst das Fachportal gummibereifung.de

Reifen Hinghaus GmbH ist insolvent: „Versäumnisse der Politik“ als Grund

Die Insolvenz von Reifen Hinghaus GmbH wurde bereits am 23. April durch das Amtsgericht in Osnabrück bestätigt, zum Verwalter wurde der Rechtsanwalt Dr. Peter Jacob bestellt. Das Unternehmen strebt nach Angaben des Geschäftsführers Mark Hinghaus-Kaul eine Sanierung in Eigenverwaltung an, um den Betrieb in Zukunft fortzuführen.

Reifen Hinghaus GmbH hat sich mit der Marke „King Meiler“ auf möglichst umweltfreundliche Pkw-Reifen spezialisiert. Auf der Webseite wirbt die Firma mit CO₂-neutralen Reifenprodukten, die unter der Verwendung von möglichst wenig Ressourcen und Energie hergestellt werden. Dabei geht es stets um die Runderneuerung – also das Recycling – von Pkw- und Transportreifen.

Junger Mann wechselt von Winterreifen auf Sommerreifen
Der Reifenhersteller „Reifen Hinghaus“ musste Insolvenz anmelden © R. Rebmann/IMAGO

Doch genau das könnte dem Unternehmen nun zum Verhängnis geworden sein, wie Hinghaus-Kaul gegenüber gummibereifung.de andeutet. „Die schlechte marktwirtschaftliche Lage im Land, der Preisdruck im Energiesektor, die Billig-Importreifen und die Versäumnisse in der Politik haben uns zu diesem Schritt geführt“, zitiert ihn das Portal. Um den europäischen Markt zu schützen, fordert er daher, „Maßnahmen wie die Erhebung von angemessenen Zöllen auf Billigreifen“ sowie mehr Kommunen, die ihre Fuhrparks mit runderneuerten Reifen ausstatten.

Billig-Importe aus China setzen viele Unternehmen unter Druck

Die Situation von Reifen Hinghaus GmbH ist nicht einzigartig. Vor allem für Schlagzeilen haben in der Vergangenheit Unternehmen in der Auto- und Solarbranche gesorgt, die sich dem wachsenden Preisdruck durch Importe aus China ausgesetzt sehen. Das treibt viele Unternehmen entweder in die Insolvenz, oder ins Ausland. Diesen Schritt hat beispielsweise die Solarfirma Meyer Burger im April vollzogen. In der Autoindustrie sah sich jüngst die bayerische Gießerei Franken Guss GmbH & Co. KG mit der Pleite konfrontiert.

Deutschland wird aber gerade generell von einer Pleitewelle erfasst, die viele Unternehmen in den Abgrund zieht. Ebenfalls in dieser Woche meldete Deutschlands ältester Baby-Nahrungshersteller Insolvenz an. Allein im Januar 2024 stieg die Zahl der Regelinsolvenzen um 27,6 Prozent an, so das Statistische Bundesamt.

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