Große Asylunterkunft am Starnberger See: Ist der geplante Bau gar nicht zulässig?

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Auf diesem Millionengrundstück unweit des Starnberger Sees würden Freistaat und Landkreis gerne eine große Asylunterkunft errichten. © Bayernatlas

Die umstrittenen Pläne, auf einem Millionengrundstück eine große Asylunterkunft zu errichten, haben einen massiven Dämpfer erhalten. Denn laut Bürgermeister ist der Entwurf nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar. Zudem hat der Gemeinderat einen wegweisenden Beschluss gefasst. Das Landratsamt will die Pläne aber noch nicht aufgeben.

Seeshaupt – Es ist ein Bauprojekt, das nach Bekanntwerden für Aufsehen und oft auch für Kopfschütteln sorgte: An der Sankt-Heinricher-Straße in Seeshaupt, auf einem Millionengrundstück und in unmittelbarer Nähe zum Starnberger See, soll eine Unterkunft für Asylbewerber entstehen (wir berichteten). Das Grundstück war früher einmal eine Mülldeponie und ist im Besitz des Freistaats Bayern.

Bei 99 Asylbewerbern wird es wohl nicht bleiben

Als die Pläne in der jüngsten öffentlichen Gemeinderatssitzung vorgestellt wurden, hagelte es massive Kritik aus den Reihen des Gemeinderats. Das Gremium störte sich nicht nur an der Lage, sondern auch an der Größe der Unterkunft. Zumal es als offenes Geheimnis gilt, dass es wohl nicht bei den angedachten 99 Asylbewerbern bleiben wird. Denn das Landratsamt plant zudem Wohnungen für bis zu 53 Personen auf dem Gelände. Vermietet werden sollen diese jedoch zu ortsüblichen Preisen, hieß es vonseiten der Landratsamtsverteter bei der Sitzung. Dass jemand zu Starnberger-See-Mieten direkt neben eine Asylunterkunft ziehen wird, erscheint vielen im Ort jedoch als äußerst unwahrscheinlich. Befürchtet wird deshalb, dass auch die Wohnungen mit Asylbewerbern belegt werden.

Doch nun könnte es sein, dass die große Asylunterkunft – zumindest in dieser Form – gar nicht kommen wird. Denn wie Bürgermeister Fritz Egold im Gespräch mit der Heimatzeitung sagte, habe man bei genauerer Prüfung festgestellt, dass das Vorhaben laut dem geltenden Bebauungsplan in dieser Form gar nicht zulässig sei. Dabei gehe es rein um die Maße, betont Egold, nicht etwa um die Nutzung als Asylunterkunft. „Das wäre auch nicht zulässig, wenn ein Münchner Investor dort Millionäre ansiedeln wollen würde“, so der Rathauschef.

Nachbar schreibt offenen Brief an Innenministerium

Das Landratsamt antwortet auf Nachfrage wie folgt: „Das Landratsamt hatte von der unteren Bauaufsichtsbehörde prüfen lassen, welche Bauvorhaben zulässig waren und in diesem allgemeinen Wohngebiet sind laut dem Bebauungsplan Anlagen für soziale Zwecke zulässig“, so die Behörde. „Die ersten Planungen mit Blick auf die Dimensionen und Maße wurden durch unser Planungsbüro durchgeführt.“ Aber: Eine Überprüfung der Entwürfe durch die Bauaufsichtsbehörde gebe es erst nach Einreichung des Bauantrages.

Zu einem ähnlichen Urteil wie Bürgermeister Egold kommt hingegen Dr. Michael Böcker – er ist Rechtsanwalt und wohnt in der Nachbarschaft des Geländes, auf das die Asylunterkunft kommen soll. Am Dienstag hat Böcker einen offenen Brief an das bayerische Innenministerium geschrieben, der der Heimatzeitung vorliegt. „Für die vorgesehene Fläche besteht seit über zehn Jahren ein Bebauungsplan, der dort unter anderem eine lockere Villenbebauung vorsieht und eine Vielzahl von weiteren Vorgaben macht“, betont der Rechtsanwalt in dem Schreiben. „Die derzeit vorliegende Planung berührt diese Grundzüge der Planung nicht nur, sondern sie zerstört sie vollständig“, so Böcker weiter: „Die Umsetzung dieses Vorhabens würde den Charakter des Gebiets vollständig verändern.“ Die Missachtung der „Planungshoheit der Gemeinde“ findet Böcker „unglaublich und erschreckend“.

Gemeinderat beschließt: Bereich ist künftig „reines Wohngebiet“

Am Mittwochabend fasste der Seeshaupter Gemeinderat nun einen weitreichenden Beschluss, der vielleicht sogar das grundsätzliche Aus für eine Asylunterkunft auf dem Gelände besiegeln könnte. Denn in einer nichtöffentlichen Sitzung habe der Gemeinderat laut Bürgermeister Egold einstimmig Anpassungen am Bebauungsplan, der für das Gebiet rund um die geplante Unterkunft gilt, beschlossen. So soll der Bereich statt wie bisher als „allgemeines Wohngebiet“ künftig als „reines Wohngebiet“ ausgewiesen werden. Egold begründet diese Änderung mit der Tatsache, dass rund um das Grundstück für die Unterkunft nur Einfamilienhäuser seien. Bis der Plan geändert ist, soll eine Veränderungssperre greifen.

Der springende Punkt bei dieser Entscheidung: In einem „allgemeinen Wohngebiet“ sind laut Gesetz „Anlagen für soziale Zwecke“, wozu das Landratsamt die Asylunterkunft zählt, grundsätzlich erlaubt. Das ist beim „reinen Wohngebiet“ anders. Dort sind „Anlagen für soziale Zwecke“ nur in Ausnahmefällen zulässig. Die Hürden, um auf dem Gelände eine Unterkunft errichten zu können, sind somit deutlich höher. Beim Landratsamt wolle man nun erstmal die Beschlussfassung mit der Begründung für die Änderung des Bebauungsplans und die Veränderungssperre abwarten. „Solange die Rechtslage noch davon ausgeht, dass es sich um ein allgemeines Wohngebiet handelt, werden wir die Unterkunft wie geplant weiter umsetzen.“

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