CDU-Chef Merz erhöht in der Migrationspolitik den Druck auf die Ampel-Regierung. Nach dem Treffen mit Scholz bekräftigt er seine Forderungen und macht dem Kanzler ein Angebot.
Berlin – Nach dem tödlichen Messer-Angriff in Solingen fackelte Friedrich Merz (CDU) nicht lange und forderte endgültig eine Wende in der deutschen Migrationspolitik. Abschiebungen sollten konsequenter durchgeführt werden, Geflüchtete aus Afghanistan und Syrien gar nicht erst ins Land gelassen werden, regte der CDU-Vorsitzende noch am Wochenende an. Um diese Forderungen umzusetzen, erklärte Merz sich auch zu einer Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz bereit. Nach einem Treffen zwischen dem Kanzler und dem Oppositionsführer am Dienstag bekräftigte Merz seine Forderungen auf einer Pressekonferenz und nahm Scholz in die Pflicht.
Nach Treffen mit Kanzler Scholz: Das sind Merz‘ Migrations-Forderungen für Deutschland
Konkret forderte der CDU-Chef Änderungen des Aufenthaltsrechts und des Asylbewerberleistungsgesetzes, aber auch weiterer Vorschriften etwa im Polizeirecht. Zudem sollten er und Scholz jeweils eine Person benennen, die zügig darüber sprechen sollten, was „wir im Bereich des bestehenden Rechts ändern können“. Er würde für diese Aufgabe den Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), benennen, sagte Merz.
Weiter sprach sich der CDU-Chef dafür aus, Asylsuchende künftig bereits an der Grenze zurückzuweisen. Aus seiner Sicht sei dies rechtlich möglich, weil die Betroffenen alle bereits mindestens ein sicheres Herkunftsland durchquert hätten, also nach den EU-Regeln „schon mindestens ein Land zu weit gereist“ seien. Nach dem Dubliner Übereinkommen muss der Asyl-Antrag im ersten Land innerhalb der EU gestellt werden. Sollte es dennoch Probleme mit dem EU-Recht geben, sprach sich Merz dafür aus, eine „nationale Notlage“ auszurufen, um die Pläne dennoch umzusetzen. „Es gibt kein Tabu. Wir können über alle Regeln reden“, stellte der CDU-Chef klar.
Merz stellt Migrations-Forderungen an Deutschland: Seine sieben Kern-Punkte im Überblick
- Änderung im Aufenthaltsrecht
- Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz
- Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien
- Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze
- Regierung und Union sollen je ein Migrationsbeauftragen stellen
- Mehr Kompetenzen für die Bundespolizei
- Bei Problemen mit EU-Recht: nationale Notlage ausrufen
Merz fordert Migrations-Wende und bietet Scholz Zusammenarbeit an – FDP und Grüne außen vor?
Umgesetzt werden sollen die Gesetzesänderungen so schnell wie möglich. Bereits in der nächsten Sitzungswoche des Bundestags will Merz fraktionsübergreifend Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. Nach dem Vorschlag von Merz solle dafür ein halber Tag von den geplanten Haushaltsberatungen abgezweigt werden, um zu klären, auf welche Änderungen in der Migrationspolitik man sich verständigen könne.
Meine news
Er setze dabei auf ein gemeinsames Vorgehen „mit den Teilen der Koalition, die guten Willens sind“, so Merz. Er verwies dazu auf eine Mehrheit von Union und SPD, die dafür ausreichen würde – auch ohne FDP und Grüne. „Das ist hier ausdrücklich nicht die Bitte um Aufnahme in eine Koalition. Wir wollen hier nicht Teil der Regierung werden“, ordnete Merz jedoch ein.
Der Vorschlag kommt dabei jedoch der Forderung nach einem Koalitionsbruch gleich. Im Koalitionsvertrag von 2021 heißt es zur Zusammenarbeit der drei Ampel-Partner: „Im Deutschen Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“
Merz attackiert Scholz scharf: „dem Bundeskanzler entgleitet das eigene Land“
Mit der Ampel-Regierung ging der Oppositionsführer am Dienstag weiter hart ins Gericht. Merz attestierte der Koalition einen generellen Kontroll- und Vertrauensverlust, der so nicht hingenommen werden dürfe. In dem Gespräch habe er Scholz „deutlich“ gesagt, „dem Bundeskanzler entgleitet mittlerweile das eigene Land, er verliert das Vertrauen“, sagte Merz. Er halte es „für eine dramatische Entwicklung, dass wir so eine Feststellung heute treffen müssen“.
Zu den gemeinsamen Plänen habe Merz von Scholz nach eigenen Angaben zunächst keine Zustimmung erhalten. Der Kanzler habe jedoch „sehr wohl zugesagt, dass er das bedenken will und mir kurzfristig eine Rückantwort geben will“, erklärte der CDU-Chef. Er gehe davon aus, dass der Bundeskanzler „dieses Angebot nicht ausschlagen“ werde.
Merz, der als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl 2025 gilt, gab weiter an, dass er sich eine Lösung der Migrationsfrage noch vor dem Beginn des Bundestagswahlkampfs wünsche. „Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir in der Lage wären, das Problem so zu lösen, dass es nicht mehr einer der Hauptgegenstände der Auseinandersetzung der Bundestagswahl 2025 wird“, sagte der Oppositionsführer. Die nächste Sitzungswoche, in der Merz die ersten Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen will, startet am 9. September. (fd mit Material von dpa und afp)