Polit-Knall nach Thüringen-Wahl: Erste Sitzung wird zum Desaster – CDU spricht von „Machtergreifung“

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Jürgen Treutler (AfD), Alterspräsident des Landtags in Erfurt, unterbrach die erste Sitzung. © Bodo Schackow/dpa

Nach drei Stunden Landtagssitzung in Thüringen und etlichen Unterbrechungen war die Stimmung aufgeheizt. Am Ende griff die CDU zum drastischen Mittel.

Erfurt – Es war von Beginn an klar, dass es nach dem Ergebnis der Thüringen-Wahl nicht einfach werden wird. Zwar wurde die AfD stärkste Kraft, doch koalieren will keine Partei mit ihr. Nun trafen sich die Fraktionen zur ersten Sitzung und zur Wahl des Landtagspräsidenten. Doch im Landtag kommt es zum Eklat. In der Folge kündigte Alterspräsident Jürgen Treutler nach zahlreichen Unterbrechungen an, die Sitzung am Samstagmorgen fortzusetzen und setzte die Sitzung bis dahin aus.

Nach Thüringen-Wahl: Erste Sitzung unterbrochen – Kritik an AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler

Im Streit um die Wahl eines Landtagspräsidenten in Thüringen hatte die CDU-Fraktion zuletzt angekündigt, das Landesverfassungsgericht anzurufen. Seine Fraktion greife damit nach einer chaotischen Landtagssitzung zum letzten Mittel, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl. Zuvor war es während der ersten Sitzung zum deutlichen Protest gekommen.

Kern des Streits waren der Ablauf der ersten Thüringer Landtagssitzung und die Sitzungsführung des AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler. Die CDU-Fraktion hatte sogar einen neuen Alterspräsidenten gefordert. „Wir fordern den zweitältesten Abgeordneten auf, die Sitzung zu führen“, rief der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Andreas Bühl, nachdem Treutler gegen massiven Widerstand der Parlamentarier erneut die Sitzung unterbrochen hatte. „Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung“, kritisierte Bühl.

Kritik an AfD nach Thüringen-Wahl: „Es ist eine Katastrophe“

„Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt“, sagte zuvor auch die Fraktionsvorsitzende des BSW, Katja Wolf, im Parlament in Erfurt. Die SPD-Abgeordnete Cornelia Klisch sprach von einer Behinderung des Parlaments, das sich durch die Verzögerungstaktik des Alterspräsidenten nicht wie vorgesehen nach der Landtagswahl vor vier Wochen konstituieren könne. „Wir möchten Parlament werden“, sagte sie der dpa. Der Alterspräsident habe kein Recht, das zu verhindern. Treutler hatte immer wieder Anträge ignoriert, die Beschlussfähigkeit des Thüringer Parlaments festzustellen. 

Thüringens geschäftsführender Innenminister und SPD-Abgeordnete Georg Maier sage: „Die AfD greift unsere Demokratie von innen aus an.“ Seine Rede sei politisch und aggressiv gewesen. Die Landtagssitzung wurde innerhalb von drei Stunden immer wieder länger unterbrochen. Es ging um die Feststellung der Beschlussfähigkeit und die Auslegung der Geschäftsordnung.

Parteien wählen nach Thüringen-Wahl Ministerpräsidenten – Schwierige Lage droht

Die AfD ist bei der Thüringen-Wahl am 1. September erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft geworden, diese hat in der Regel das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten. Doch CDU, BSW, SPD und Linke, die anderen Fraktionen im Landtag in Erfurt, hatten früh signalisiert, dass sie für den Posten keinen AfD-Kandidaten wählen wollen. Der Landtagspräsident repräsentiert in Thüringen das Parlament, er kann den Landtag jederzeit einberufen und leitet die Landtagsverwaltung. Bei einer Ministerpräsidentenwahl ist der Präsident oder die Präsidentin für den formal reibungslosen Ablauf zuständig.

Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, gab der Verlauf der ersten Landtagssitzung einen Vorgeschmack auf die demnächst anstehende Wahl des Ministerpräsidenten. Die CDU als zweitstärkste Fraktion will in Sondierungsgesprächen in der kommenden Woche eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD ausloten. Eine solche Brombeer-Koalition hat allerdings nur 44 von 88 Sitzen im Landtag. Ihr fehlt damit eine Stimme zur Mehrheit. (fbu/dpa)

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