Europawahl 2024: Im Ersteinsatz als Wahlhelfer in Otterfing

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Gewissenhaft am Werk: Im Otterfinger Trachtenheim zählten Wahlhelfer Briefwahlstimmen aus. Darunter Autor Volker Camehn, der erstmals mithalf. © Ralf Poeplau

Unser Autor Volker Camehn half bei der Europawahl als Wahlhelfer. Sein Debüt im Otterfing Trachtenheim hielt für Camehn ein paar Erkenntnisse bereit. Und Fragen.

Otterfing – Jetzt keinen Fehler machen. Roter Umschlag auf. Wahlschein raus. Stimmzettelumschlag auch. Roter Umschlag landet in einem großen, durchsichtigen Plastikbottich: „Europawahl 2024“ steht darauf. Wahlschein links ablegen. Stimmzettelumschlag wandert in die Wahlurne. Nicht umgekehrt! Die Wahlurne erinnert ein wenig an eine Mülltonne.

Sonntagnachmittag, kurz nach 16 Uhr. Europa will‘s an diesem Sonntag auch in Otterfing wissen. Der „Briefwahlvorstand“, insgesamt acht Personen, trifft sich im Otterfinger Trachtenheim. Hier sollen in den nächsten Stunden für den Wahlbezirk 12 die Briefwahlstimmen ausgezählt werden, weshalb die Lokalität für die Europaabstimmung zum „Auszählraum“ umfunktioniert wurde. Ein Schild an der Wand („Speckknödl mit Kraut sechs Euro“) lässt erahnen, dass es hier, bei den Teufelsgrabern, in der Regel geselliger zugeht.

416 Briefwahlumschläge müssen in Otterfing geöffnet werden

„Briefwahlvorstand“ ist natürlich ein großes Wort. Klingt nach Befugnissen, ist aber wohl eher semantische Verlegenheitslösung. Wahlvorsteher ist Gemeinderat Hubert Baldauf (Grüne), Stellvertreter sein Ratskollege Johann Thoma (CSU). Es gibt Schriftführerinnen (Ingrid Eder und Christiane Spiegl) plus vier Beisitzer, darunter meine Wenigkeit. Aha, denke ich: Auszählen ist hier noch Männersache. Baldauf koordiniert das Sortier-Procedere, die roten Briefwahlumschläge werden erst einmal gesichtet, Zehnerhäufchen, alles wird doppelt überprüft, dafür geht der jeweilige Nebenmann nochmal den Stapel durch. Eine pingelige Bestandsaufnahme, bevor es ans Öffnen geht. 416 Umschläge sind‘s.

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Sechs Mannsbilder stehen also um haufenweise Umschläge, das hat was von Wühltisch. Im Otterfinger Maschinenraum der europäischen Willensbildung ist das wichtigste Werkzeug: genau, der Brieföffner. Wann habe ich zum letzten Mal einen Brieföffner in der Hand gehabt? Die anderen hier womöglich bei der letzten Wahl, ich aber bin Wahlhelfer-Neuling. Das Hantieren mit spitzen wie scharfen Klingen war mir indes schon immer verdächtig. Jetzt bloß nichts anmerken lassen.

Wahlhelfer bei der Europawahl: überprüfen, sortieren, stapeln

Klar, selber schuld. Ich hatte mich irgendwann, fast spontan, für diese Tätigkeit bei meiner Gemeinde Otterfing beworben. Mal mehr tun fürs demokratische Gemeinwesen, war mein Grundgedanke. Und wahrscheinlich hat man an meinem Wohnort nur auf einen wie mich gewartet, denn die hiesigen Wahlorganisatoren nahmen mein Angebot doch glatt an.

Nun stelle man sich das alles nicht so leicht vor. Es gilt, im Laufe des Zählverfahrens dieses und jenes zu überprüfen, vor allem, ob die jeweilige abgegebene Stimme überhaupt gültig ist. Fehlt etwa die Unterschrift auf dem Wahlschein: ungültig. Wurden zwei statt nur einer Stimme abgegeben: ungültig. Was definitiv nicht funktioniert: Ich kann als Wahlhelfer zwar sehen, wer gewählt hat, aber nicht was. Dafür erfolgte ja die Trennung von Wahlschein und Stimmzettelumschlag.

Höchste Wahlbeteiligung bei der Europawahl in Otterfing

Zudem ist das Begutachten, Sortieren und Stapeln von Zetteln dann doch eher eine meditative Tätigkeit. Da fällt einem allerlei ein: Im Laufe dieses Jahres soll es ja keine Faxgeräte in den Amtsstuben mehr geben. Veraltet, unpraktisch, heißt es. Aber ich stehe jetzt hier und öffne kiloweise Wahlbriefe per Hand? Der Wahlakt, wie wir ihn kennen, ein überholtes Verfahren? Die Umschläge mit den Stimmzetteln erstrahlen in Blütenweiß. Ist das aus Altpapier? Und wenn nicht, warum nicht? Frage in die Runde – Achselzucken.

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Übrigens: Otterfing hatte mit 75,8 Prozent die höchste Wahlbeteiligung im Landkreis, wie Bürgermeister Michael Falkenhahn (SPD) noch am Abend verkündet. Und ich war dabei! Habe mit- und ausgezählt! Vielleicht war ich nie mehr Europäer als an diesem Wahltag.

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