Regen gegen Dürrestress: „Der Sommer ist für die Bäume noch nicht gerettet“

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Schwerpunkt Waldumbau: Der staatliche Forstbetrieb Schliersee – hier zu sehen Stefan Wiebel – setzt auf Pflanzungen zur Artenvielfalt, um den Wald für die Zukunft möglichst widerstandsfähig zu halten. © Forstbetrieb Schliersee

Regen, Regen, Regen - gleichzeitig leiden die Bäume seit Jahren unter Dürrestress. Ob sich dieser nun entspannt hat, beleuchtet Forstamtsleiter Korbinian Wolf im Interview.

Gefühlt ist es im Oberland seit vergangenem Herbst für die Jahreszeit zu feucht – auch im Winter. So wurde am Sudelfeld vorzeitig die Saison beendet. Und auch jetzt im Frühsommer sind die Badetage bislang übersichtlich. Manch einer tröstet sich damit, dass wenigstens die Bäume vom oft regnerischen Wetter profitieren könnten – eine These, die Korbinian Wolf, Leiter des Forstbereichs am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Holzkirchen, auf Nachfrage unserer Zeitung fachlich einordnet.

Herr Wolf, immer wieder gibt es bei uns längere Regenperioden, jetzt zuletzt sogar Starkregen. Gleichzeitig ist seit Jahren die Sorge groß, dass unsere Bäume zu stark von Trockenheit belastet sind. Haben sie sich nun erholt?

Ich denke, dass es zuletzt ausreichend geregnet hat – vielleicht mit Ausnahme des Aprils. Die Wasserspeicher sind ziemlich voll, und die Bäume bei uns gut versorgt. Probleme gibt es aber dennoch.

Welche denn?

Zum einen haben wir noch Schneebruchschäden aus dem Winter, zum anderen Hagelschäden vom August 2023. Und die sind teilweise massiv. Die Folge davon ist: Die betreffenden Bäume sind geschwächt. Deshalb ist es interessant, wie sich das Wetter bis Anfang August entwickelt. Denn der Sommer ist aus Sicht der Bäume noch nicht gerettet.

Was ist denn das große Problem hinter Wetterschäden und Trockenheit?

Der Borkenkäfer. Geschwächte Bäume können sich schlechter gegen diesen Schädling schützen. Wobei das aktuelle Wetter gegen den Käfer hilft. Zu Beginn des warmen Aprils ist der Borkenkäfer schon geschwärmt und hat sich eingebohrt. Aber der Schnee und das kühle Wetter haben ihn wieder eingebremst. Im liegenden Holz ist der Käfer bereits drin, im stehenden bestand eigentlich nur im nördlichen Oberland Gefahr. Deshalb ist es jetzt wichtig, das Schneebruchholz zügig aufzuarbeiten.

Wie sieht denn „gutes Waldwetter bis August“ aus?

 Kühl und ausreichend Regen. Das heißt ein bis zwei Tage dosierten Landregen am Stück, den der Boden gut aufnehmen kann, ohne dass es zu Überschwemmungen kommt.

Sie haben auch Hagelschäden genannt. Wie kam es dazu?

Das war im vergangenen Jahr ein Streifen, der sich – grob gesagt – zwischen Gmund und Rottach-Egern von West nach Ost in Richtung Schliersee bewegt hat. Die Hauptschäden haben wir im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen festgestellt. Nadelbäume, die auf Bergkuppen stehen, wurden teils nahezu vollständig entnadelt und haben viel Nadelmasse verloren. Vor allem Fichten waren da betroffen. Auch gab es Schäden an den Rinden, die zu Harzfluss führten.

Aber die Nadeln wachsen doch wieder nach, oder?

Das schon. Die Fichte erneuert ihre Nadeln im Lauf einiger Jahre. Aber wenn im Schnitt 50 bis 60 Prozent zu ersetzen sind, schwächt auch das den Baum. Ebenso aufgeschlagene Rinden mit beschädigten Leitungsbahnen. Dann ist die Versorgung mit Nährstoffen nicht mehr optimal. Dabei müssen die Wunden heilen und brauchen Energie. Das bietet eine Angriffsfläche für den Borkenkäfer. Und der Bergwald hat als Schutzwald ja auch eine wichtige Funktion.

Unterm Strich: Wie beurteilen Sie die Gesamtsituation bei uns im Oberland?

Wir sind hier immer noch auf der Insel der Seligen. In den vergangenen drei Jahren hatten wir keine langen Hitzeperioden und keinen großen Borkenkäferbefall. Zudem waren die genannten Unwetter sehr lokal und haben keine großflächigen Schäden verursacht.

Dennoch heißt es, vorbereitet zu sein, oder?

Ja. Deshalb setzen wir beim Wald auf Vielseitigkeit. Denn die Entwicklung des Wetters ist auf die nächsten 100 Jahre nicht absehbar. Neben Artenvielfalt geht es auch um Strukturreichtum, den wir mit Baumverjüngung erreichen wollen. Damit die nächste Baumgeneration schon in den Startlöchern steht.

ddy

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