BND-Chef spricht von „Belegen“: Wladimir Putin soll konkret Angriff auf die Nato planen
Der Chef des BND wähnt in Russland unter Wladimir Putin konkrete Vorbereitungen auf einen militärischen Konflikt mit der Nato. Und damit auch mit der Bundeswehr.
Berlin - Kreml-Machthaber Wladimir Putin lässt im Ukraine-Krieg Städte und Infrastruktur des geschundenen Nachbarlandes wieder heftig bombardieren, nachdem das Bomber-Fiasko des Moskau-Regimes in Russland international weiter für Schlagzeilen sorgt.
Warnung vor Wladimir Putin: Russland soll sich für Konflikt mit Nato rüsten
Immer wieder gibt es in dieser Gemengelage Warnungen, Putin arbeite auch an einem Plan für einen russischen Angriff gegen die Nato. Nicht nur, dass es aus Russland immer wieder Provokationen gegen das Militärbündnis gibt. Auch westliche Geheimdienstler sind in Sorge und tun diese auffällig offen kund. Als eindringliche Warnung.
„Wir sind sehr sicher und haben dafür auch nachrichtendienstliche Belege, dass die Ukraine für Russland nur ein Schritt auf dem Weg nach Westen ist“, erklärte BND-Chef Bruno Kahl am Pfingstmontag im Podcast „Table.Today“. Seiner Einschätzung nach gebe es in Moskau „Leute, die glauben nicht mehr, dass Artikel 5 der Nato funktioniert. Und sie würden das gerne testen“.
Russischer Angriff auf die Nato? Artikel 5 regelt Bündnisfall der Militärallianz
Artikel 5 klärt im Nordatlantikvertrag den sogenannten Bündnisfall. In dem am 4. April 1949 in Washington beschlossenen Vertrag steht unter Artikel 5: „Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen (...) der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet“.
Und zwar „unverzüglich“ und „einschließlich der Anwendung von Waffengewalt,( ...), um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten“. Der Nordatlantikvertrag und seine inhaltlichen Bestimmungen berufen sich wiederum auf Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen, der das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung festschreibt und abbildet. Bislang kam Artikel 5 der Nato nie zur Anwendung, obwohl Moskau und das westliche Verteidigungsbündnis sich zwischen den 1950er und Ende der 1980er Jahre in einem sogenannten „Kalten Krieg“ befanden.
Nato
Die Nato, im Deutschen auch als Atlantisches Bündnis oder als Nordatlantikpakt bezeichnet, ist ein Verteidigungsbündnis 32 europäischer und nordamerikanischer Mitgliedstaaten, das dem gemeinsamen Schutz der eigenen Territorien dient und darüber hinaus das Ziel weltweiter politischer Sicherheit und Stabilität verfolgt. Es geht ausschließlich um Verteidigung. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit 6. Mai 1955 Mitglied der Nato. Zuletzt kamen Finnland (April 2023) und Schweden (März 2024) hinzu.
Wladimir Putins Russland-Regime: Experten warnen vor Moskau-Angriff auf das Baltikum
Geheimdienstler Kahl sagte im Podcast „Table.Today“ drastisch: „Sie wollen die Nato zurückkatapultieren auf den Stand von Ende der 90er-Jahre. Sie wollen Amerika aus Europa herauskicken, und dazu ist ihnen jedes Mittel recht.“ Zuletzt gab es Befürchtungen, die USA könnten unter Präsident Donald Trump die Militärallianz ganz verlassen oder zumindest ihr Engagement in dieser deutlich zurückschrauben. Deswegen hatte unter anderem Deutschland unter der neuen schwarz-roten Bundesregierung von Friedrich Merz angekündigt, es wolle künftig fünf statt zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für Verteidigung ausgeben.
Militär-Experten und Politikwissenschaftler sehen vor allem das Baltikum an der Ostsee durch Russland bedroht. Die drei kleinen baltischen Länder Estland (rund 1,37 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner), Lettland (1,87 Millionen) und Litauen (2,87 Millionen) waren bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion und ihrer Unabhängigkeit 1991 durch Moskau dominiert. Dieser Tage warnte etwa der litauische Präsident Gitanas Nausėda erneut und vehement vor Putin. „Es geht um eine Bedrohung für uns alle“, sagte er der Bild: „Russland wird sich nicht auf die Ukraine beschränken. Das ist mehr als offensichtlich.“
Bundeswehr in Litauen: Mit Leopard-2-Panzern - und mit Kampfdrohnen?
In Litauen sind aktuell rund 1000 Soldatinnen und Soldaten der deutschen Bundeswehr im Rahmen einer Nato-Battlegroup stationiert. Bis Ende 2027 sollen es in einer neu aufgestellten Brigade Litauen 4800 Bundeswehr-Soldaten mit rund 100 Leopard-2-Panzern sein, die im Baltikum ihren Dienst verrichten. Sie würden, in der Theorie, bei einem russischen Angriff auf Putins Truppen treffen. Zum Beispiel Dr. Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr München hatte jüngst bei „Markus Lanz“ im ZDF gefordert, diesen Bundeswehr-Kampfverband in Litauen mit vielen neuartigen Kampfdrohnen auszustatten – zur Abschreckung Putins.
Auch Vilnius rückt in den Fokus. So warnte der viel zitierte deutsche Politikwissenschaftler Christian Mölling (European Policy Center) in der erstmals im Frühjahr 2024 ausgestrahlten ARD-Dokumentation „NATO – wer wird Europa schützen?“, das russische Regime Putins könnte versuchen, die litauische Hauptstadt zu besetzen und durch seine Armee regelrecht als Geisel zu nehmen. Mölling sagte damals: „Dann geht es nicht um die militärische Stärke der Nato, sondern um die politische Solidarität und die Frage: Schicken Deutschland und Paris Soldaten, um Vilnius zu befreien? Oder aber nicht?“ (pm)