Union fordert Abschiebungen nach Afghanistan – Grüne: Täter würde „dort noch belohnt“

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Nach dem Messerangriff in Mannheim deuten sich Konsequenzen an: Eine härtere Gangart bei Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Scholz plant eine Regierungserklärung.

Berlin – Ein 25-jähriger Afghane hat am Freitag (31. Mai) auf einer Kundgebung von Islamkritikern in Mannheim mehrere Menschen mit einem Messer attackiert. Ein Polizist starb am Sonntag an seinen Verletzungen.

Der mutmaßliche Täter ist wohl ein Islamist: Bundesjustizminister Marco Buschmann schrieb am Montagabend (3. Juni) auf der Plattform X, mittlerweile lägen „klare Hinweise für ein islamistisches Motiv“ vor. Kurz zuvor hatte die Bundesanwaltschaft verkündet, sie gehe von einer religiösen Motivation des Täters aus, und die Ermittlungen an sich gezogen.

Messerattacke in Mannheim befeuert Debatte über Abschiebungen nach Afghanistan

Der Fall befeuert die Debatte über Abschiebungen von Islamisten und ausländischen Straftätern – auch nach Afghanistan, wo Abschiebungen seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 ausgesetzt sind. Kurz vor der Europawahl wollen die Regierungsparteien sowie die Union beim Thema Islamismus wohl nicht der AfD das Feld überlassen.

Als Erstes kam der Vorschlag, schwerkriminelle Ausländer künftig auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben, von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Er will Abschiebungen nach Afghanistan zum Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz machen, sagte er am Montag.

Ein Bild aus dem Jahr 2018 zeigt einen jungen Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen.
Ein Bild aus dem Jahr 2018 zeigt einen jungen Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen. Seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 schiebt Deutschland nicht mehr nach Afghanistan ab. © Boris Roessler/dpa

CDU-Minister fordern Abschiebungen nach Afghanistan – Taliban-Herrschaft sei kein Argument

Mehrere unionsregierte Bundesländer unterstützten den Vorschlag Grotes. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), „die Voraussetzungen für Rückführungsmöglichkeiten von Straftätern und Gefährdern nach Syrien und Afghanistan zu schaffen.“ Wichtig sei dabei die Abwägung der Grund- und Menschenrechte und eine Betrachtung der Einzelfälle. Dass Abschiebungen an fehlenden diplomatischen Kontakten zu den Taliban scheiterten, wie der Bund argumentiere, sei nicht akzeptabel.

Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte dem RND, die Wiederaufnahme von Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan sei aus Sicht der CDU/CSU überfällig: „Wären Hamburg und die Bundes-SPD den Vorschlägen der unionsgeführten Länder wie Sachsen schon im letzten Jahr gefolgt, dann gäbe es Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien längst.“

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte dem RND: „Die Debatte, schwere Straftäter auch in Länder wie Afghanistan und Syrien abzuschieben, gibt es schon lange. Wenn wir jetzt zu einer Einigung in dieser Frage kommen, wäre das sehr zu begrüßen.“

CDU-Generalsekretär fordert nach Messerangriff in Mannheim Aktionsplan gegen Islamisten

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte in einem Gastbeitrag in der Welt gar einen Aktionsplan „Politischer Islam“. Dazu gehöre: Islamistische Organisationen verbieten, Kalifat-Forderungen strafrechtlich verfolgen und jeden abschieben, der sich nicht „an unsere Rechtsordnung hält und unsere Werte mit Füßen tritt“.

Vize-Unionsfraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) forderte in der Rheinischen Post als Reaktion auf die Bluttat von Mannheim ein Messerverbot an bestimmten Orten, etwa in Zügen oder an Bahnhöfen.

Scholz plant nach Messerattacke in Mannheim Regierungserklärung zur Sicherheitslage

Forderungen nach einer härteren Abschiebepolitik kommt auch von den Liberalen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Bild: „Personen, die hier islamistisch auffällig werden, sollten auch in Länder abgeschoben werden, in denen das bisher nicht möglich war, wie beispielsweise Afghanistan.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Donnerstag (6. Juni) im Bundestag eine Regierungserklärung zur aktuellen Sicherheitslage abgeben. Dies geht aus einem Schreiben des Kanzleramts hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Ob der Schwerpunkt innen- oder außenpolitisch sein wird, blieb offen, doch es ist davon auszugehen, dass Scholz sich auch zur Messerattacke in Mannheim äußern wird.

Faeser will Abschiebungen nach Afghanistan nach Messerattacke in Mannheim prüfen

Ob nach der Bluttat in Mannheim Abschiebungen von Gefährdern und Straftätern nach Afghanistan wieder möglich werden, will das SPD-geführte Bundesinnenministerium nun prüfen. Ministerin Nancy Faser verwies aber auch auf Hindernisse wie die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan sowie die Tatsache, dass keine international anerkannte Regierung in Afghanistan existiere.

Grüne gegen Abschiebungen nach Afghanistan nach Mannheimer Blutttat

Gegen die aktuellen Rufe nach mehr Abschiebungen stellte sich die Grünen-Politikern Lamya Kaddor am Dienstag (4. Juni) im ARD-Morgenmagazin. Ein in Deutschland verurteilter Täter hätte in Afghanistan unter den radikalislamischen Taliban womöglich „gar keine Strafe mehr zu befürchten“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. „Wahrscheinlich wird er dort noch eher belohnt.“

Abschiebungen nach Afghanistan seien zudem derzeit rechtsstaatlich nicht möglich. „Wollen wir wirklich diplomatische Beziehungen mit dem Taliban-Regime in Afghanistan aufbauen und denen Geld geben, dass sie Menschen nach Afghanistan zurücknehmen?“, fragte Kaddor. Verurteilte Menschen aus Afghanistan sollten stattdessen ihre Strafen in Deutschland verbüßen.

Polizist stirbt nach Messerangriff in Mannheim

Bei der Tat in Mannheim hatte ein 25-Jähriger aus Afghanistan am Freitag Mitglieder der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa mit einem Messer angegriffen. Ein Polizist wurde dabei schwer verletzt und starb am Sonntag.

Der mutmaßliche Täter lebte seit 2014 in Deutschland. Nach Informationen der Zeitung Welt war sein Asylgesuch damals abgelehnt worden. Er bekam aber später eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. (smu mit Material von dpa)

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