Angst vor Grönland-Effekt: Island will sich vor Trump und Putin schützen

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Trumps Grönlandpolitik ist „besorgniserregend“: Vor 10 Jahren brach Island die Dialoge über einen EU-Beitritt ab – jetzt könnten diese wieder aufgenommen werden.

Reykjavík – Am Mittwoch (9. April) wurde die isländische Ministerpräsidentin, Kristrún Frostadóttir, von Ursula von der Leyen in Brüssel empfangen. Nach Berichten der FAZ sollten die Gespräche um die Beziehungen zwischen Island und der Europäischen Union gehen.

Frostadóttirs Regierung trat im Dezember 2024 ihr Amt an. Mit dem Bündnis aus Sozialdemokraten, Liberalen und Zentralisten erschien auch ein EU-Beitritt wieder möglich. Frostadóttir will die Frage, ob Beitrittsgespräche wieder aufgenommen werden sollen, spätestens im Jahr 2027 in einem Referendum entscheiden lassen.

Menschen in Island wollen laut Umfrage Referendum: EU-Beitritt soll fehlerfrei ablaufen

Einen Vorgeschmack auf das Referendum liefert möglicherweise das Meinungsforschungsinstitut Prósent: Im Januar veröffentlichte das Institut, dass 45 Prozent der befragten Isländer für den Beitritt zur Europäischen Union sind, 35 Prozent dagegen und 20 Prozent weder dafür, noch dagegen. Ein höherer Anteil von 58 Prozent befürwortete die Durchführung eines Referendums über die Wiederaufnahme der Beitrittsgespräche, und 53 Prozent sprachen sich für die Einführung einer neuen Währung aus.

Trotz dieser wohlwollenden Ausgangslage betont Frostadóttir im Interview mit Euronews: „Das letzte Mal, als wir diesen Prozess durchliefen, gab es keine anfängliche Abstimmung, bei der die Öffentlichkeit gefragt wurde, ob sie diesen Prozess starten wollte“, so Frostadóttir. „Ich denke, das war ein Fehler.“ Außerdem sollen mithilfe unabhängiger Experten die Vor- und Nachteile der Einführung des Euros untersucht werden.

Trump und Putin lauern – „natürlich wird das Thema Sicherheit zur Sprache kommen“

Auch im Regierungsgebäude Reykjavíks blieben die Drohungen der US-Regierung unter Donald Trump gegen Grönland nicht unbemerkt. US-Vizepräsident Vance betonte erst Anfang Februar gegenüber Fox News die besondere strategische Bedeutung Grönlands für die „nationale Sicherheit“ der USA. Er verwies dazu auf Russland und China, welche die Seewege nutzen. Vance erklärte, Präsident Trump ist es „egal, was die Europäer uns zurufen, ihm sind die Interessen der amerikanischen Bürger wichtig“,

Putin will die Seewege, Trump vielleicht bald das Land – Island und seinen 40.000 Bürgern könnte ein politisches Kräftemessen bevorstehen. © IMAGO / ZUMA Press Wire/ Uncredited/AP/dpa/ Icelandic Civil Defense/Almannav/picture alliance/dpa/Planet Pix via ZUMA Press Wire (montage)

Dass der knapp 250 km entfernte Inselnachbar Island dadurch auch relevant für die „nationale Sicherheit“ der USA wäre, erscheint naheliegend. Gegenüber der Financial Times sagte Frostadóttir im Februar jedoch, dass das Referendum „nicht aus Angst“ vor den USA geplant sei. Vielmehr glaube die Regierung, dass es der richtige Schritt für Wirtschaft und Kultur sei. „Wir sollten der EU als Teil eines umfassenderen Bildes beitreten“.

Dänemark im Zwist, Finnland und Schweden in der Nato – Die Sorge in Skandinavien wächst

Gegenüber Euronews gab Regierungschefin Frostadóttir aber auch bekannt: „Natürlich wird das Thema Sicherheit zur Sprache kommen. Und in den kommenden Wochen und Monaten könnte es viele Änderungen geben, die sich darauf auswirken könnten.“ Argumentativ folgt die 36-jährige Ministerpräsidentin auch Schweden und Finnland. Unter dem Druck des russischen Angriffs auf die Ukraine beendete Schweden 2022 seine Bündnisneutralität und trat gemeinsam mit Finnland der Nato bei.

Frostadóttir relativierte das im Interview: „Die EU ist an und für sich kein Verteidigungsbündnis, auch wenn sie sich selbst aufrüstet“. Sie bezog sich dabei auf die 800 Milliarden Euro teure Aufrüstungsinitiative der EU.

Obwohl Dänemark eines der Gründungsmitglieder der Nato ist, hielt sich die US-Regierung auch dort nicht zurück. Vize JD Vance griff die dänische Regierung an, weil diese im Angesicht der Bedrohungen durch Russland und China, Grönland nicht genug schütze. Der dänische Außenminister konterte Vance mit harschen Worten: „So redet man nicht mit engen Verbündeten“. Die Regierung sei offen für Kritik, „aber um ganz ehrlich zu sein: Wir schätzen den Ton, in dem das vorgetragen wird, überhaupt nicht.“ (ko)

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