Schlaganfall durch Kopfschmerztabletten? Neurologe klärt auf

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Eine Hausärztin wehrte sich, ihrer Patientin bestimmte Kopfschmerztabletten zu verschreiben – aus Angst vor einem Schlaganfall. Ein Neurologe klärt auf.

Allein in Deutschland haben etwa zehn Millionen Menschen mit Migräne-Anfällen zu kämpfen, ihr Leidensdruck ist teilweise massiv. Wenn gewöhnliche Schmermittel wie Ibuprofen oder ASS nicht ausreichend wirken, können sogenannte Triptane helfen. Doch manche Mediziner stehen diesen Medikamenten skeptisch gegenüber. Von einem Paradebeispiel aus der Praxis hat jetzt die Deutsche Hirnstiftung berichtet. Demnach weigerte sich eine Hausärztin, ihrer 19-jährigen Patientin Triptane zu verschreiben. „Der Grund ist die Angst vor einem Schlaganfall“, weiß Dr. Wolf-Oliver Krohn, Neurologe und Patientenberater der Hirnstiftung.

Porträtfoto von Dr. Wolf-Oliver Krohn
Dr. Wolf-Oliver Krohn ist Neurologe und Patientenberater der Deutschen Hirnstiftung. © Deutsche Hirnstiftung

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Deutsche Hirnstiftung: Studie aus Dänemark widerlegt erhöhte Schlaganfall-Gefahr durch Triptane

Besonders verbreitet sei die Sorge vor einem Schlaganfall mit Blick auf Frauen, die die Anti-Baby-Pille einnehmen. Die zusätzliche Einnahme eines Triptans verstärke die Gefahr aber nicht, wie unlängst eine große Studie aus Dänemark gezeigt habe, betont die Hirnstiftung. In Dänemark seien alle Menschen erfasst worden, die zum ersten Mal ein Triptan einnahmen – also auch Frauen, die mit der Pille verhüten. „Das Schlaganfallrisiko durch ein Triptan war verschwindend gering und betraf vor allem Menschen über 60 Jahren mit erhöhtem Risiko für Gefäßerkrankungen“, erläutert die Hirnstiftung.

Nur sieben Prozent der Migräne-Patienten bekommen die hochwirksamen Medikamente

Die nach Einschätzung der Experten-Organisation unberechtigte Sorge vor einem Schlaganfall habe tragische Konsequenzen. Nur etwa sieben Prozent der Migräne-Patienten erhalten die hochwirksamen Triptane. Das habe sich in der Studie „Burden 2020“ herauskristallisiert.

Migräne: Pulsierende Schmerzattacken

Migräne ist weit verbreitet. Die Schmerzen breiten sich anfallartig aus und sind heftiger als bei Spannungskopfschmerzen. Betroffene beschreiben sie oft als pulsierend oder stechend und bei Bewegung besonders stark. „Typisch sind auch Übelkeit, Erbrechen sowie eine besonders hohe Licht-, Geruchs- und Geräuschempfindlichkeit“, erläutert Solveig Haw, Ärztin und Gesundheitsexpertin der Versicherung DKV.

Botox kann die Schmerzen bei chronischer Migräne lindern, sagt Franziska Hahn, Neurologin in Bad Tölz (Symbolbild).
Verlust an Lebensqualität: Millionen Menschen leiden unter Migräne-Attacken. © IMAGO/imageBROKER/Oleksandr Latkun

Hinzu kommt bei vielen Patienten im Vorfeld der Attacke eine sogenannte Aura, die für Einschränkungen in der Wahrnehmung sorgen kann. „Während eines Migräneanfalls können der Rückzug an einen dunklen, ruhigen Ort, Pfefferminzöl an den Schläfen oder das Kühlen der Stirn schmerzlindernd wirken“, empfiehlt Haw.

Bei einer akuten Migräne sind außerdem möglichst frühzeitig eingenommene Schmerzmittel hilfreich. „Patienten sollten mit ihrem Haus- oder Nervenarzt klären, welche Medikamente in welcher Dosis bei einer Attacke am besten sind. Seltene Kopfschmerzformen und komplizierte Verläufe gehören in die Hand des Facharztes oder in eine Migräne-Sprechstunde, die meist an großen Kliniken zu finden ist,“ rät die Expertin.

Migräne ist nur eine von mehr als 200 Kopfschmerzarten. Für viele sind die Ursachen noch unbekannt, so die DKV-Expertin weiter. Doch es existieren einige Faktoren, die Schmerzen begünstigen können“, so Haw. Zu den Risikofaktoren zählen unter anderem Alkohol, Dehydrierung, Wetterwechsel, Koffein, Stress oder Lärm. „Wer seine ‚Trigger‘ kennt, kann diese bewusst vermeiden und so die Häufigkeit der Kopfschmerzen reduzieren“, erklärt die Gesundheitsexpertin der DKV. Darüber hinaus können auch leichter Ausdauersport, Bewegung an der frischen Luft, zum Beispiel Spaziergänge, oder Entspannungsmethoden dazu beitragen, Kopfschmerzen vorzubeugen.

Neurologe Dr. Oliver Krohn: Betablocker können helfen, Migräne-Attacken vorzubeugen

Im Kampf gegen Migräne-Attacken seien Medikamente eine wichtige Waffe, betont Neurologe Krohn: „Zunächst gilt es, konsequent die akuten Schmerzen zu lindern. Dabei haben sich die Triptane bewährt, wenn die klassischen Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen nicht ausreichend wirken.“ Die Zahl der Migräne-Anfälle lasse sich zudem durch Sport, Entspannung und die Suche nach Auslösern verringern, etwa Schlafmangel und Stress, so Krohn weiter. „Vorbeugend wirkt eine Reihe von Medikamenten, wie zum Beispiel Beta-Blocker. Helfen diese nicht, können sogenannte CGRP-Antikörper verschrieben werden. Sie setzen an der Wurzel des Problems an und hemmen bestimmte Botenstoffe zwischen Nervenzellen, die am Entstehen der Anfälle beteiligt sind.“ Mehr erfahren Betroffene bei der Deutschen Hirnstiftung.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion nicht beantwortet werden.

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