„Der Aufstieg Chinas ist eine Herausforderung für alle Länder der Welt“
Chinas Machthaber Xi Jinping will, dass sein Land Weltmacht wird. Hat die deutsche Politik die richtigen Antworten auf diese Herausforderung?
Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder der erneute Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl: Unsere Welt ist im Umbruch. Autoritäre Regime haben Aufwind, westliche Demokratien geraten in der Defensive. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University.
Herr Görlach, vor welche Herausforderungen stellt uns der Aufstieg Chinas?
Der Aufstieg Chinas ist eine Herausforderung für alle Länder der Welt, vor allem für die, die in der unmittelbaren Nähe der Volksrepublik sind. Thailand und Vietnam haben ihre ökonomischen Bande mit China vertieft, aber gleichzeitig ihre sicherheitsstrategischen weiter mit den USA verknüpft. Chinas Machthaber Xi Jinping hat einen nationalistischen Kurs ins Leben gerufen, einen Sozialismus chinesischer Prägung, und der besagt, dass China auf dem Mittelpunkt der Weltbühne stehen soll, so wie es in der Vergangenheit im alten chinesischen Kaiserreich seiner Meinung nach einmal der Fall war.
Ist sich die deutsche Politik dieser Herausforderungen bewusst?
Am Dienstag haben die Union, die SPD und die Grünen ihr Wahlprogramm vorgestellt. Darin findet natürlich auch die Volksrepublik China eine Erwähnung. Alle drei Programme nennen die Volksrepublik einen systemischen Rivalen oder einen Wettbewerber, und sie sind sich einig darin, dass man sich gegenüber der Volksrepublik anders positionieren muss. Sie sehen, dass es in Sachen Handel, Zugang zum chinesischen Markt einiges an Aufholbedarf gibt, auch im Hinblick auf die Sicherheitssituation bezüglich Taiwan und Indopazifik. Da haben zumindest die drei Parteien, die jetzt ihr Programm vorgestellt haben, schon das Konflikt- und Problempotenzial gesehen und benannt. Gleichwohl bleibt abzuwarten und zu sehen, wenn diese Parteien dann auch in Regierungsverantwortung sind, ob die Realität sie nicht einholt und viele dieser Worte jetzt nur schmuckhafte Füllungen des Wahlprogramms sind.
Donald Trump wird seine China-Politik nicht davon abhängig machen, was die Europäer tun“
Zur Person
Professor Alexander Görlach unterrichtet Demokratie-Theorie und -Praxis an der New York University. Der Geopolitik-Experte hatte verschiedene Positionen an der Universitäten Harvard und Cambridge inne. Unter anderem erschien von ihm „Alarmstufe Rot: Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Westpazifik in einen globalen Krieg führt“ (2022).

Werden die USA unter Trump von Deutschland einen schärferen China-Kurs einfordern?
Donald Trump wird seine China-Politik nicht davon abhängig machen, was die Europäer tun. Er wird auch die Europäer nicht zwingen, etwas zu tun, was sie nicht wollen. Donald Trump mag die bilateralen Gespräche, die bilateralen Auseinandersetzungen, also eine koordinierte Arbeit mit den Europäern zusammen. Von daher müssen die Europäer sehen, dass sie ihre eigene Strategie entwickeln, vor allem im Hinblick auf die US-amerikanischen Zölle, die auf chinesische Produkte erhoben werden sollen, extra, neu und frisch erhoben werden sollen. Weil das natürlich auch Rückwirkungen auf das hat, was die Bundesrepublik wiederum in die Volksrepublik exportieren kann. Also hier sind die Sachen dann wieder miteinander verknüpft. Aber Deutschland wird nicht umhinkommen, Europa wird nicht umhinkommen, eine eigene China Strategie zu entwickeln und auch in die Tat umzusetzen.
Hat sich die Ampel an die China-Strategie gehalten, die sie sich 2023 gegeben hat?
Die auseinandergebrochene Ampel-Koalition hat einige Zeit gebraucht, eine China-Strategie zu verabschieden. Doch in der Realität hat der Bundeskanzler eine andere Politik verfolgt, als die Außenministerin Frau Baerbock wollte: eine wertegeleitete Außenpolitik. Herr Scholz hat eine wirtschaftsinteressengeleitete vertreten. In der Realität sind trotz des angekündigten De-Riskings von der chinesischen Wirtschaft viel mehr Investitionen in die Volksrepublik geflossen als zuvor, also bevor diese Strategie verabschiedet wurde. Sodass man eigentlich sagen kann, dass diese Strategie, obwohl man lange dran gebastelt hat, am Ende keinen wirklichen Effekt hatte.