Hohe Durchfallquote: Berliner Eltern wollen ihre Kinder aufs Gymnasium klagen
In Berlin sorgt der neu eingeführte Probetag für den Wechsel aufs Gymnasium weiterhin für großen Wirbel. Die Regelung, die es Schülern ohne Gymnasialempfehlung ermöglichen sollte, durch einen Test dennoch zugelassen zu werden, führte zu einer äußerst niedrigen Erfolgsquote: Nur 2,6 Prozent der teilnehmenden Schüler hatten die Prüfung bestanden. 1937 Kinder waren am Probeunterricht gescheitert.
Das wollen zahlreiche betroffene Eltern offenbar nicht auf sich sitzen lassen: Mehr als zwei Dutzend ziehen nun vor Gericht und fordern eine Überprüfung des Verfahrens.
Berliner „Probeunterricht“: Eltern klagen gegen das neue Verfahren
Wie der "Tagesspiegel" berichtet, haben sich mittlerweile 16 Familien dazu entschlossen, Klage gegen die neue Regelung einzureichen. Ihre Anwälte fordern Einsicht in die Prüfungsakten, um mögliche Verfahrensfehler zu identifizieren.
Insbesondere soll überprüft werden, ob die Testfragen und deren Bewertung korrekt und fair waren. Das Ziel der Eltern ist es, dass ihre Kinder nachträglich doch noch einen Platz an einem Gymnasium erhalten.
Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie äußerte sich gegenüber der "Welt" nicht zu den laufenden Verfahren. Grundsätzlich nehme man zu individuellen Rechtsstreitigkeiten keine Stellung, erklärte ein Sprecher der Behörde.
Ein umstrittenes Modell ersetzt das Probejahr
Der neue Probetag wurde an Berliner Schulen eingeführt, um das bisherige Probejahr zu ersetzen, das es Schülern mit schlechteren Noten erlaubt hatte, ein Jahr lang das Gymnasium zu besuchen und ihre Eignung unter Beweis zu stellen.
Laut der Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sei die Abschaffung dieser Praxis notwendig gewesen, da zahlreiche Schüler nach einem Jahr das Gymnasium verlassen mussten, weil sie die erforderlichen Leistungen nicht erbrachten. In der Koalition habe man sich daher bewusst für den neuen Probetag entschieden.
Dieser neue Zugangstest bestand aus Prüfungen in Mathematik und Deutsch sowie einer Bewertung von fächerübergreifenden Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Problemlösungsstrategien. Doch die Ergebnisse waren ernüchternd: Von den 1937 teilnehmenden Schülern, die einen Notenschnitt von 2,2 oder schlechter hatten und daher keine reguläre Gymnasialempfehlung erhielten, schafften lediglich 51 den Test.
„Probeunterricht“ in Berlin: Scharfe Kritik von Eltern und Opposition
Neben den Eltern beschwerte sich auch der Landeselternausschuss (LEA) über die neue Regelung. Die extrem niedrige Bestehensquote habe viele Eltern schockiert. "Auch wir als LEA sind vom Ergebnis sehr überrascht", hieß es von der Elternvertretung im März. Es stelle sich zudem die Frage, ob Schüler mit Gymnasialempfehlung den Test überhaupt besser bestanden hätten oder ob die Anforderungen generell zu hoch angesetzt seien.
Darüber hinaus betonte der LEA, dass die Prüfungssituation einen enormen Druck auf die Kinder ausübe, was sich negativ auf ihre Leistungen auswirken könne. Zudem sei unklar, ob die getesteten Kompetenzen in den Grundschulen überhaupt in ausreichendem Maße vermittelt wurden.
Die Elternvertretung forderte daher eine detaillierte Analyse des Testverfahrens. Sie will unter anderem wissen, welche Testteile besonders häufig nicht bestanden wurden und ob die abgefragten Inhalte wirklich notwendig sind, um am Gymnasium erfolgreich zu sein.
Forderung nach Transparenz und politischen Konsequenzen
Der Landeselternausschuss verlangte von der Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) auch, die Inhalte des Tests sowie die Bewertungsmaßstäbe offenzulegen.
Auch auf politischer Ebene sorgt die Debatte für Unmut. Die Berliner FDP sprach von einem "Armutszeugnis" und die Grünen nannten die neue Regelung einen "schweren Fehler". Beide Parteien forderten Nachbesserungen am System, um den Übergang auf das Gymnasium gerechter zu gestalten.
Zuvor hatten einige Eltern bereits per Eilverfahren versucht, Widerspruch gegen die neue Regelung einzulegen. Doch das Verwaltungsgericht entschied laut "Tagesspiegel", dass es keine verfassungsrechtlichen Zweifel an den neuen Übergangsbestimmungen gebe. Wie die laufenden Klagen ausgehen und ob sich am Verfahren noch etwas ändert, bleibt abzuwarten.