Boris Palmer rudert nach Merkel-Kritik an Merz zurück – „war außerhalb meiner Vorstellungswelt“

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Boris Palmer hat Friedrich Merz bereits als Sieger im Kanzlerrennen gesehen, rudert nach der deutlichen Kritik von Altkanzlerin Merkel an dem CDU-Chef jetzt aber zurück.

Tübingen - Nachdem die Union unter der Federführung von Parteichef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit Stimmen von AfD, FDP und BSW den umstrittenen Migrationsantrag im Bundestag durchgebracht hat, war die Kritik und der Aufschrei groß. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hatte daraufhin erklärt, dass die Bundestagswahl schon entschieden sei, und zwar für Friedrich Merz. Nach der deutlichen Kritik von Altkanzlerin Angela Merkel an dem Kanzlerkandidaten ihrer Partei revidiert der frühere Grünen-Politiker seine Ansicht jedoch. Ist doch noch alles offen?

Angela Merkel hatte am Donnerstag (30. Januar) auf ihrer Seite eine Erklärung veröffentlicht, in der sie das Vorgehen von Friedrich Merz deutlich kritisierte. Merkels Kritik löste in der Union große Wut aus und nicht nur Merz selbst keilte zurück. Auch Boris Palmer war von der öffentlichen Kritik der Altkanzlerin gegen ihren Nachfolger an der CDU-Spitze überrascht. „Ich gebe es ehrlich zu, dass die Bundeskanzlerin Friedrich Merz offen die staatspolitische Verantwortung absprechen könnte, war außerhalb meiner Vorstellungswelt“, schreibt er auf Facebook.

Boris Palmer: „Wenn die CDU nicht zu ihrem eigenen Vorsitzenden steht, kann sie pulverisiert werden“

Boris Palmer hatte sich bereits in der Vergangenheit mehrfach für einen Kanzler Merz und für eine Koalition der Union mit den Grünen ausgesprochen. Die Kritik von Angela Merkel, die übrigens eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene auch als Möglichkeit bezeichnet hatte, lässt den Rathauschef aber offenbar zweifeln. „Wenn die CDU zu ihrem eigenen Vorsitzenden nicht steht, kann sie pulverisiert werden“, erklärt er und führt ein Beispiel aus Baden-Württemberg an. „Die Diadochenkämpfe um die Nachfolge Erwin Teufels haben eine einst unbesiegbare Partei zweimal auf Platz 2 bei Landtagswahlen verwiesen.“

Zur Erklärung: Erwin Teufel war von 1991 bis 2005 Ministerpräsident von Baden-Württemberg und trat nach längeren internen Streitereien freiwillig zurück. Sein Nachfolger, Günther Oettinger (2005 bis 2010), war zwar ebenfalls ein CDU-Politiker und nach der kommissarischen Übernahme seines zweiten Kabinetts durch FDP-Mann Ulrich Goll konnte sich mit Stefan Mappus erneut ein Unions-Kandidat behaupten, dieser verlor sein Amt aber nur knapp ein Jahr später durch eine Wahlniederlage. Seit 2011 konnte sich die CDU in Baden-Württemberg nicht mehr gegen die Grünen in Person von Winfried Kretschmann behaupten.

Boris Palmer glaubt, dass Bundestagswahl „wirklich zur Schicksalswahl“ werden könnte

Dass die Union auf Landesebene auf den zweiten Platz verwiesen wurde, macht Palmer offenbar an den internen Streitereien während der Amtszeit von Teufel fest. „Was allerdings aus Deutschland wird, wenn das nun mit der Bundespartei passiert, kann ich mir im Moment auch noch nicht vorstellen“, schreibt er in Bezug auf die aktuelle Situation in der Union. „Diese Bundestagswahl wird wohl wirklich eine Schicksalswahl. Zumindest für die letzte Volkspartei.“ Dass die Bundestagswahl zur Schicksalswahl wird, war von anderen Parteien bereits ebenfalls zu hören.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) bei einer Veranstaltung zur Energiewende.
Boris Palmer glaubt, dass die Bundestagswahl für die Union wirklich zur Schicksalswahl werden könnte. © IMAGO/Markus Ulmer

Boris Palmer, dem politische Streitereien nicht fremd sind, bemängelt zudem, dass die Konservativen solche Streits missbilligen würden. Ansonsten „könnte man der CDU ja noch die Strategie des legendären Hans-Christian Ströbele empfehlen“. Der Grünen-Politiker Ströbele hatte einst den Wahlspruch „Ströbele wählen, heißt Fischer (Joschka Fischer (Grüne), Anm.d.Red.) quälen“ plakatieren lassen. „Auf heute übersetzt: Merz wählen heißt Merkel quälen“, schreibt Palmer. „Aber ich fürchte, das führt eher nicht zur absoluten Mehrheit.“

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