Bahnhof Murnau: Schalter wird 2027 geschlossen – Protestschreiben des Marktgemeinderats

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Anlaufstelle: der Schalter am Murnauer Bahnhof. Rechts das Video-Reisezentrum. © Lory

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft will den Schalter am Murnauer Bahnhof Ende 2027 dicht machen. Der Marktgemeinderat beschloss, ein Protestschreiben zu schicken.

Murnau – Kurz war die Tagesordnung des Murnauer Marktgemeinderats. Doch der Punkt „Anfragen und Bekanntgaben“ hatte es in sich. Zum einen teilte Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP/Bürgerforum) mit, dass er bei den Kommunalwahlen 2026 nochmals antreten möchte. Zum anderen sagte der Rathauschef, dass der Schalterbetrieb am Murnauer Bahnhof im Dezember 2027 aufgegeben werden soll. Dies hatte die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) in einem Schreiben an die Gemeinde angekündigt. Die BEG nannte laut Beuting wirtschaftliche Gründe.

Für Begeisterung sorgte der Schritt nicht. Das gebe „kein schönes Bild“ ab, fand der Bürgermeister. Ab 2027 gebe es „so etwas Ähnliches wie den Halbstundentakt“. Daher halte er die Schließung des Schalters für „ein wenig kontraproduktiv“. Altbürgermeister Dr. Michael Rapp (CSU) erinnerte daran, dass die Gemeinde um den Bahnhof gekämpft habe und das Umfeld hergerichtet worden sei. Er riet, die Entscheidung nicht einfach so hinzunehmen. „Wir sollten klar und deutlich die Stimme erheben.“ Das sah Verkehrsreferent Welf Probst (Freie Wähler) auch so. „Die Bahn tut alles dafür, dass die Leute nicht auf den Zug umsteigen.“ Was Probst zum Beispiel beklagt: Im Zug seien die Menschen  – etwa am Sonntagabend – „eingepfercht wie Viecher“. Zum Teil komme man gar nicht in den Zug hinein. „Das ist frech, was die da bieten.“ Die Deutsche Bahn bezeichnete er als „schlechtestes Unternehmen“.

Auch Anna Schlegel-Herz (ÖDP/Bürgerforum) kritisierte die geplante Schließung: „Der Service wird immer schlechter.“ Sie wies darauf hin, dass Murnau eine relativ alte Bevölkerung hat. Ihr Fraktionskollege Michael Jungnitsch meinte, dass ein Schalter für einen Tourismusort „wichtig“ sei.

Verweis auf Digitalisierung

Das Kundenzentrum am Murnauer Bahnhof ist 35 Stunden pro Woche besetzt. Zudem gibt es ein Videoreisezentrum, das 70 Stunden pro Woche zugänglich ist, und die Fahrkartenautomaten. „Der personenbediente Verkauf steht in einem zunehmenden Wettbewerb mit der fortschreitenden Digitalisierung und der damit verbundenen Verlagerung von Ticketkäufen auf die elektronischen Vertriebswege“, sagt Thomas Prechtl, Sprecher der BEG-Geschäftsführung. Die Entwicklung neuer Vertriebsformen über das Smartphone oder online mache den Erwerb von Fahrkarten deutlich einfacher. „Dazu gehört insbesondere die Tatsache, dass die Verbreitung des Deutschlandtickets das Bedürfnis nach der Möglichkeit zum Erwerb von Einzelfahrausweisen deutlich hat schrumpfen lassen.“ Der Landkreis tritt 2026 dem MVV bei. „Erfahrungsgemäß lässt die vereinfachte Tarifstruktur den Bedarf an persönlicher Beratung nochmals sinken“, teilt Prechtl mit.

Die BEG verweist auf das Videoreisezentrum. „Mit einer Öffnungszeit von 70 Wochenstunden, davon zwölf Stunden am Wochenende, konnten die bisherigen Öffnungszeiten von 35 Wochenstunden verdoppelt werden. Die Reisenden profitieren also von einer deutlich besseren Erreichbarkeit.“ Reisende müssten keine Vorkenntnisse in Bezug auf die Nutzung des Internets oder sonstiges technisches Vorwissen haben. „Um persönlich mit einem Ansprechpartner zu sprechen, genügt ein Knopfdruck, und die Verbindung wird aufgebaut. Im Unterschied zum Kundenzentrum sitzt das Gegenüber in einer Videozentrale, die jederzeit besetzt ist.“

Norbert Moy von Pro Bahn Oberbayern sieht die Sache differenziert. „Man schließt Kundengruppen aus.“ Etwa Ältere, die mit dem Smartphone nicht vertraut sind, oder Menschen mit Einschränkungen. Andererseits laufe der Großteil des Vertriebs über den digitalen Weg. „So ein Schalter ist allein mit Fahrkartenverkauf nicht lebensfähig.“ Es gäbe die Möglichkeit, dass jemand anders den Vertrieb mitmacht, also ein Angebot mit Bahn-Dienstleistungen kombiniert. „Die Provisionen, die man für Fahrkarten bekommt, sind aber gering. Da hat niemand wirklich Freude an dem Geschäft.“ Außerdem: „Das muss man können. Das ist nicht in einer Woche angelernt.“

Beuting will namens des Gemeinderats ein Schreiben an die BEG schicken mit dem Inhalt, dass die Schließung „nicht unsere Zustimmung findet“.

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