Merz rudert bei Vergewaltigung in Ehe zurück – „Würde heute anders stimmen“
Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat eine traditionelle Vorstellung von Familie und Geschlecht. Jetzt äußert er sich zu umstrittenen Themen wie Abtreibung.
Berlin – Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, hat seine Position zur Reform der Vergewaltigung in der Ehe revidiert. „Ich würde heute anders abstimmen“, sagte Merz gegenüber Medienvertretern. Er bezog sich auf seine umstrittene Entscheidung von 1997, gegen einen Gesetzesvorschlag zu stimmen, der vorsah, die Vergewaltigung in der Ehe ins Strafgesetzbuch aufzunehmen.
Merz betonte, dass Vergewaltigungen in der Ehe schon immer als Nötigung und schwere Körperverletzung strafbar war. Er habe nicht gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gestimmt, sondern für eine Widerspruchsklausel, die den Opfern die Möglichkeit gegeben hätte, eine Strafverfolgung zu verhindern.
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„Ich habe vor über 25 Jahre für eine solche Lösung gestimmt. Auch rund die Hälfte der Unionsfraktion hat das so gesehen wie ich. Andere haben es anders gesehen – und sie haben recht gehabt aus der Rückschau“, sagte Merz. Neben seiner Positionsänderung zum Thema der Vergewaltigung in der Ehe zeigte sich der Unions-Kanzlerkandidat auch offen gegenüber einer Neuregelung zur Abtreibung hin zu echter Straffreiheit.
Merz signalisierte grundsätzlich Gesprächsbereitschaft zu einer möglichen Änderung, betonte jedoch auch die Notwendigkeit einer umfassenden gesellschaftlichen Diskussion. „Natürlich kann man sich nach so vielen Jahren noch einmal neu mit dem Thema beschäftigten“, sagte Merz gegenüber der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft, der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten in ihrer Wochenendausgabe.
Merz zeigt sich vor Bundestagswahl offen gegenüber Neuregelung zu Abtreibungen
„Wir sehen ja, dass es auch da einen gesellschaftspolitischen Wandel gibt“, sagte Merz und zeigte sich offen für Gesprächen. „Bitte nicht auf den letzten Metern vor der Wahl“, fügte der Unions-Kanzlerkandidat jedoch hinzu. Eine weitreichende Debatte, die sowohl im Parlament als auch in der Gesellschaft geführt wird, sei erforderlich. Ein überstürztes Vorgehen würde dem Thema allerdings nicht gerecht, sagte Merz, der in der Vergangenheit immer wieder durch sexistische Aussagen auffiel.
Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemäß § 218 des Strafgesetzbuches illegal. Abtreibungen bleiben jedoch in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn die Frau zuvor eine Beratung in Anspruch genommen hat. Ebenso bleiben medizinisch notwendige Eingriffe sowie Abbrüche nach einer Vergewaltigung straffrei. Der Kern eines Reformvorschlags, der hauptsächlich von Abgeordneten von SPD und Grünen vorgelegt wurde, besteht darin, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen.
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Stattdessen sollen Abbrüche bis zur zwölften Woche, nach einer Vergewaltigung und aus medizinischen Gründen künftig „rechtmäßig und straffrei“ sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Ob es vor den Bundestagswahlen zu einer Entscheidung über den Gesetzentwurf kommt, bleibt ungewiss.
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Merz, der für die Union aus CDU und CSU bei der Bundestagswahl 2025 als Kanzlerkandidat antritt, ist in der Vergangenheit immer wieder durch antifeministische Aussagen aufgefallen. Er lehnt laut Tagesschau etwa die Geschlechterparität im Kabinett ab. Nach aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl liegt die Union mit 32 Prozent weit vor allen anderen Parteien. Die Wahrscheinlichkeit, dass Merz der neue deutsche Kanzler wird, ist hoch. (lm/dpa)