Bayerns Kultusministerin: Bei Religion kann gestrichen werden - Kirche ist entsetzt
Bei der geplanten Reform der Grundschulen hat die Kultusministerin nun eine wichtige Festlegung getroffen. Die dritte Religionsstunde in der 3. und 4. Klasse könne sehr wohl gestrichen werden, wenn „die Schulfamilie“ dies wolle, sagte Anna Stolz im Bayerischen Landtag.
München – Sie nennt es „die Pisa-Offensive“: Als Reaktion auf das Absinken deutscher Schüler in der jüngsten Pisa-Studie will die Kultusministerin Mathematik und Deutsch an den Grundschulen stärken. Nachdem zunächst Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Ideen vorgeprescht war, veröffentlichte vergangene Woche auch Stolz ihr Konzept: In den Klassen eins bis vier soll es je eine Stunde mehr Deutsch geben, in Klasse drei und vier auch je eine Stunde mehr Mathematik.
Schulen sollen selbst entscheiden, wo sie kürzen
Da die Stundenzahl insgesamt aber nicht steigen soll, sind im Gegenzug auch Streichungen notwendig, wie Stolz gestern im Bildungsausschuss des Landtags betonte. Dabei will sie „flexible Möglichkeiten vor Ort belassen“. Das heißt: Die Schulen sollen selbst entscheiden, wo sie kürzen. Auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Gabriele Triebel bestätigte Stolz, dass neben Englisch auch eine Religionsstunde geopfert werden könne. „Ich schließe eine Flexibilisierung da nicht aus.“ Diese Offenheit bei der 3. Religionsstunde, die es in der 3. und 4. Klasse gibt, müsse sein. Die CSU hatte das kürzlich während ihrer Klausurtagung noch ausgeschlossen. Im Ausschuss gestern allerdings gab es keinen Widerspruch von den CSU-Abgeordneten. Der CSU-Abgeordnete Björn Jungbauer begrüßte sogar, dass die Schulen flexibel entscheiden können. Eine „rote Linie“ ziehe sie allerdings bei Sport, ergänzte Stolz. Hier dürfe es keine Kürzung geben. In einigen Wochen will sie den „Orientierungsrahmen“, der alle Kürzungsmöglichkeiten im Detail nennt, vorlegen.
Andere Akzente als Söder
Etwas andere Akzente als Söder setzte Stolz auch bei weiteren bildungspolitischen Themen. Anders als Söder, der in einem Interview mit unserer Zeitung Beschränkungen bei der Gewährung von Teilzeit angekündigt hatte, setzt Stolz auf Freiwilligkeit. „Mein vorwiegender Ansatz ist, Anreize zu schaffen, bei Teilzeit aufzustocken.“ Auch hier: kein Widerspruch der CSU, im Gegenteil: Uta Eiling-Hütig betonte, der CSU gehe es „mitnichten“ darum, Teilzeitmöglichkeiten abzuschaffen. Die Lehrerverbände sind ohnehin dieser Meinung. „Es kann nicht oft genug betont werden, dass Teilzeitverbote ein Attraktivitätskiller für den Berufsstand sind“, betonte gestern der bayerische Realschullehrerverband erneut.
Auch beim Thema Alltagskompetenzen an Schulen will Stolz flexibel agieren. Während CSU und FW Alltagswissen künftig „im Rahmen eines Schulfachs“ verankern wollen, wie es im Koalitionsvertrag heißt, setzt Stolz auf eine Ausweitung von Projektwochen. Also: kein eigenes Schulfach. Bei der Verfassungsviertelstunde will sie differenzieren: An den Grundschulen stehe das „Demokratie erleben“ im Vordergrund, in höheren Jahrgangsstufen sollten auch einzelne Artikel der Verfassung durchgenommen werden.
Stolz kündigte zudem an, im März 2025 erste verpflichtende Sprachstand-Erhebungen in den Kitas durchzuführen. Das soll verhindern, dass Kinder mit Migrantenhintergrund in die Schulen kommen, obwohl sie kein Deutsch verstehen. An die Adresse der AfD, die explizit gefordert hatte, „deutsche Kinder“ stark zu machen, sagte Stolz: „Alle Kinder, die bei uns sind, sind bayerische Kinder und sind unsere Kinder.“ Alle Abgeordneten – abgesehen von der AfD – applaudierten.
Kirche protestiert
Die katholische Kirche protestierte: „Keine Einsparungen bei der Wertevermittlung, Hände weg vom Religionsunterricht“, erklärte der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, Armin Schalk. In einer am Freitag in München veröffentlichten Stellungnahme verwies er darauf, dass das Fach Religion Orientierung und Werte vermittle.
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Dieses ausgerechnet jetzt, wo der Zusammenhalt der Gesellschaft zunehmend gefährdet sei, einsparen zu wollen, sei unangebracht