"Angst haben brauchen nur die, die nicht wollen."

Ein Interview von Christian Gehrke mit dem Berliner Anwalt und Grünen-Politiker Benedikt Lux zu den geplanten Bürgergeld-Reformen entzündet eine leidenschaftliche Leserdebatte: Während einige die Notwendigkeit strenger Kontrollen und Sanktionen gegen vermeintlichen Sozialmissbrauch betonen, fordern andere mehr Eigenverantwortung und Flexibilität bei Bürgergeldempfängern. 

Den vollständigen Artikel, auf den sich die folgende Kommentar-Analyse bezieht, finden Sie hier: "Welt bricht zusammen": So reagieren Bürgergeld-Empfänger bei ihrem Anwalt

Insbesondere erhitzen sich die Gemüter an der Frage, wie viel Verständnis das System aufbringen sollte – viele zeigen wenig Toleranz für Ausreden bei Jobcenter-Terminen oder fordern konkrete Reformen in der Sozialpolitik. Gleichzeitig steht die Politik, vor allem die Grünen, massiv in der Kritik, während ein kleiner Teil Verständnis für individuelle Lebenslagen verteidigt. 

Verteilung der Meinung zu "Die sechs dominierenden Leser-Positionen zur Bürgergeld-Reform"
Übergreifend zeigt sich eine sehr kritische bis skeptische Grundstimmung gegenüber dem aktuellen Sozialsystem und seiner politischen Steuerung. FOCUS Online

Misstrauen gegenüber Bürgergeldempfängern

Fast ein Drittel der Leser äußert deutliche Zweifel an der Ehrlichkeit und Arbeitsbereitschaft von Bürgergeldbeziehern. Häufig ist von systematischem Sozialbetrug, falschen Krankmeldungen und mangelnder Eigeninitiative die Rede. Viele fordern strengere Kontrollen und härtere Sanktionen, um Missbrauch zu verhindern. Zugleich erkennen einige an, dass echte Bedürftigkeit Unterstützung verdient.

"Die typischen Nebelkerzen. Die Bürgergeldempfänger klagen "ihrem" Anwalt ihr Leid, den sie sich nicht leisten können (aber trotzdem vom Staat bezahlt bekommen). Wer arbeitslos ist und keine Arbeit findet, hat die Zeit, die Termine beim Jobcenter wahrzunehmen."  Zum Originalkommentar

"Angst haben brauchen nur die, die nicht wollen. Alle, die wollen, schaffen es auch, einen Termin wahrzunehmen oder sich zum Verlegen zu melden."  Zum Originalkommentar

"Die „maximalen 20%“ sind eine Steilthese, die nur stimmt, wenn man davon ausgeht, dass alle ehrlich sind. Die meisten BG-Empfänger, die ich kennengelernt habe, lehnen Arbeit nicht aktiv ab, sondern suchen nach Ausreden oder lassen sich den gelben Schein geben."  Zum Originalkommentar

"Natürlich gibt es sehr viele Bürgergeldempfänger, die zu Recht Unterstützung brauchen und kriegen. Aber es gibt Hunderttausende, die unser Sozialsystem schamlos ausnutzen. Diese müssen herausgefiltert werden und von Sozialleistungen ausgeschlossen werden."  Zum Originalkommentar

"Es ist ja nicht so, dass Menschen lernen, dass BG mit allen Zusatzleistungen ohne Arbeit den gleichen finanziellen Lebensstandard bietet wie Arbeit in unteren Lohngruppen. Während die Flughäfen geschlossen waren und die Kofferkulis zwangsweise zu Hause saßen, sich mit staatlicher Unterstützung anfreundend, kamen die nach der Pandemie nicht mehr."  Zum Originalkommentar

„Überall werden Mitarbeiter gesucht“ – Zweifel an Arbeitsmotivation

Etwa ein Fünftel der Leser versteht die Kluft zwischen vielen offenen Stellen und der Zahl der Bürgergeldempfänger als Zeichen fehlender Motivation. In ihren Augen könnten viele arbeiten, wollten es aber nicht. Sie verlangen mehr Eigenverantwortung und Flexibilität, besonders angesichts des Arbeitskräftemangels in einfachen Berufen.

"Man braucht nur zu schauen. Überall hängen Nachrichten, dass Mitarbeiter gesucht werden."  Zum Originalkommentar

"Wenn Beschäftigte pünktlich morgens um sieben zur Arbeit antanzen müssen, darf es für zeitlich flexible Bürgergeldempfänger kein Problem sein, zum Termin zu erscheinen."  Zum Originalkommentar

"Wenn man sich umhört, wird überall Personal gesucht. Verstehe also gar nicht, warum so viele bedürftig sind! Vielleicht einfach mal aus seiner Komfortzone kommen und was Neues angehen. Bei vielen denke ich, ein Luxusproblem."  Zum Originalkommentar

"Wenn man mir den Job kündigt, weil ich nicht zur Arbeit erschienen bin, geht für mich auch die Welt unter. Und manchen wird nur deshalb gekündigt, weil sie in der Automobilindustrie arbeiten, die aufgrund der Gesetzesvorgaben zum Klimaschutz in Deutschland keine Zukunft haben. Das kümmert die Grünen aber gar nicht."  Zum Originalkommentar

„Termine absagen ist doch selbstverständlich“ – Ruf nach mehr Eigenverantwortung

Rund 15 Prozent der Kommentare fordern, dass Bürgergeldempfänger ihre Termine im Jobcenter zuverlässig wahrnehmen oder absagen. Leser kritisieren Ausreden als unangebracht und sehen in einfacher Kommunikation per Telefon oder E-Mail eine Selbstverständlichkeit. Fehlende Rückmeldungen werten sie als Zeichen mangelnder Mitwirkung.

""Die alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern schafft es nicht immer, zu allen Terminen im Jobcenter zu gehen." Ist soweit nachvollziehbar. Sie sollte es allerdings problemlos schaffen, zum Telefon zu greifen und einen Termin abzusagen bzw. zu verschieben."  Zum Originalkommentar

"Auch eine alleinerziehende Mutter schafft es, Termine im Jobcenter wahrzunehmen. Und wenn es einmal gar nicht geht, kann man bestimmt auch um Verschiebung dieses Termins bitten."  Zum Originalkommentar

"Die oft zitierte Alleinerziehende mit 2 Kindern kann aber einen Termin absagen bzw. verschieben und braucht daher Sanktionen nicht zu fürchten. Es geht nur um unentschuldigt nicht wahrgenommene Termine! Termine abzusagen oder zu verschieben, wenn man nicht kann, ist eine völlige Selbstverständlichkeit."  Zum Originalkommentar

"Die alleinerziehende Mutter wird wohl ein Telefon haben, um einen Termin abzusprechen."  Zum Originalkommentar

"Man kann es nicht mehr hören, wenn ich den Termin nicht wahrnehmen kann, dann muss ich beim Amt anrufen und diesen absagen, sonst hängen Sie ja auch den ganzen Tag am Handy."  Zum Originalkommentar

Kritik an Grüner Politik

Viele Leser machen die Grünen für Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialsystem verantwortlich. Sie werfen der Partei Realitätsferne und ideologische Politik vor, die Arbeit entwerte und falsche Anreize setze. Auch die Auswahl eines Grünen als Gesprächspartner stößt auf Ablehnung.

"Auch an dieser Stelle wird politisches Versagen mehr als deutlich. Die Politik hat nichts dafür getan, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, im Gegenteil. Die Grünen Weltrettungsphantasien haben dem Arbeitsmarkt in diesem Land massiv geschadet."  Zum Originalkommentar

"Der Anwalt liegt mit seiner Aussage zur Gastronomie und den LKW-Fahrern genial daneben. Das ist kein Wunder, schließlich ist er Grünenpolitiker."  Zum Originalkommentar

"Grüne „die Alleinerziehende Mutter schafft es nicht immer zum Termin“, klar die daddelt den ganzen Tag auf dem Handy rum - nur beim Amt anrufen und den Termin verschieben geht natürlich nicht! Die Grünen, mit ihren Erklärungen, was alles nicht geht, sind einfach nicht mehr auszuhalten."  Zum Originalkommentar

Anwalt- und Bürgergeld-Empfänger-Skepsis

Rund 9 Prozent der Leser kommentieren mit spitzem Ton die Verbindung zwischen Bürgergeldempfängern und Rechtsbeistand.

"Ein Empfänger der Grundsicherung kann sich einen Anwalt, der im BT sitzt, leisten. Und der BTA hat Zeit für Empfänger der Grundsicherung. Interessant."  Zum Originalkommentar

„Sozialsystem überfordert – Politik wegsehen?" – Kritik an Sozialstruktur und Verantwortung

Mit einem Anteil von 8 Prozent kritisieren die Leser die Komplexität und Fehlentwicklungen des Sozialsystems, fordern zeitliche Begrenzungen und strengere Bedingungen für Sozialleistungen und werfen der Politik Verantwortungslosigkeit vor.

"Die Situation ist doch aktuell so, dass das Thema in den vergangenen zwanzig Jahren von den Protagonisten in der Politik bewusst ignoriert wurde und eine gewisse Vermögensumverteilung von den Erwerbstätigen an leistungsaverse Individuen durchaus gewollt war."  Zum Originalkommentar

"Bitte keine Panik verbreiten. Mit 1 Billionen Sondervermögen kann die aktuelle Regierung bis zur nächsten Wahl alle sozialistischen Träume bedienen. Und nach der Wahl geht es genau so weiter. Ich freue mich schon darauf, in diesem Sozialstaat vielleicht auch ohne Arbeit gut zu leben."  Zum Originalkommentar

"Dass Menschen in Not geraten und Hilfe benötigen, dies ist nicht das Thema. Man sollte aber immer bedenken, gerade als Empfänger dieser Hilfe, andere müssen dafür jeden Tag arbeiten."  Zum Originalkommentar

"Wie wäre es, welche Hilfsgelder auch immer, an Bezugsdauer und Arbeitsfähigkeit zu koppeln? In den ersten zwei Jahren volle Unterstützung und nach Jahren dann Brot, Bett und Seife. Bei erwiesener Arbeitsunfähigkeit natürlich fortlaufende Unterstützung."  Zum Originalkommentar

Ironie und Zuspitzung

Ein kleiner Teil der Kommentare nutzt Ironie und Spott, um Frust über die politische und mediale Debatte auszudrücken. Dabei steht weniger Sachkritik im Vordergrund als eine pointierte Ablehnung gegenüber Anwälten, Politikern und einem als ungerecht empfundenen Sozialsystem.

Die Bürgergeld-Debatte spaltet auch unsere Community: Ist die geplante Reform eine längst überfällige Maßnahme gegen Sozialmissbrauch – oder bringt sie zusätzliche Härte für wirklich Bedürftige? Wie empfinden Sie die aktuellen Vorschläge und welche Veränderungen halten Sie für notwendig? Diskutieren Sie mit: Welche Perspektive vertreten Sie? Schreiben Sie Ihre Meinung in die Kommentare und tragen Sie konstruktiv zur Debatte bei.

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.