„Bin zu Tode betrübt“: Inflation zwingt Ladenbesitzerin zur Aufgabe

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So kennen sie die Maisacher: Nicole Kölnsperger in ihrem „Rotblonden Faden“ in der Hauptstraße 5. Nun gibt sie ihren Laden auf. „Es bricht mir das Herz“, sagt sie. © Strauß

Maisach verliert wieder ein Geschäft: Nicole Kölnsperger gibt ihren „Rotblonden Faden“ auf. Die Inflation zwingt die 35-Jährige in die Knie – obwohl sie genügend Aufträge hätte, wie sie sagt.

Maisach – Ob personalisierte Kissen zur Geburt, individuelle Stickereien auf Taschen, T-Shirts & Co oder Tassen mit witzigen Sprüchen – wer in Maisach eine besondere Kleinigkeit suchte, ging zum „Rotblonden Faden“. Doch dieser Laden in der Hauptstraße wird demnächst Geschichte sein. Nicole Kölnsperger gibt ihn auf. Der Abverkauf von Waren und Maschinen ist bereits gestartet.

Zu Tode betrübt

„Ich bin zu Tode betrübt, weil ich es eigentlich gar nicht will“, sagt die 35-Jährige. Doch alles werde teurer, ihre Fixkosten seien wahnsinnig gestiegen, ebenso die Materialkosten. „Das ist alles nicht mehr handlebar“, sagt die Maisacherin. „Ich verdiene zwar Geld, aber nicht so, dass ich fürs Alter Rücklagen bilden kann.“ Deshalb habe sie nun die Reißlinie gezogen – schweren Herzens.

Wichtig sei ihr zu betonen, dass sie nicht pleite sei. Im Gegenteil. „Ich habe viele Kunden, wahnsinnig viele Aufträge“, sagt Nicole Kölnsperger. Viele seien traurig, dass sie aufgeben müsse. Das zeigen auch die Reaktionen auf Facebook auf ihre Ankündigung, den Rotblonden Faden zu schließen.

Höhere Preise?

Wochenlang habe sie überlegt, ob es nicht eine andere Lösung gebe als die Geschäftsaufgabe. Ihr Steuerberater habe ihr empfohlen, die Preise deutlich zu erhöhen und weniger Zeit in die persönliche Beratung zu investieren beziehungsweise diese in Rechnung zu stellen. „Das will ich aber nicht, das bin nicht ich“, sagt Nicole Kölnsperger. „Ich möchte, dass es dieses besondere, mit Liebe gemachte Geschenk bleibt.“

Angefangen mit ihrem Geschäft, das sie nach den Haarfarben ihrer beiden Töchter (10 und 13) benannt hat, hat die Maisacherin vor gut sechs Jahren – damals noch in einem kleinen Werkraum unterhalb der Familienwohnung. Richtig bekannt geworden ist der „Rotblonde Faden“ dann durch die Corona-Pandemie. Denn 2020, als Masken Mangelware waren, startete Nicole Kölnsperger ein beispielloses Projekt: Sie nähte mit ihrer Familie Mundschutzmasken. Unterstützt wurden die Kölnspergers von zahlreichen Hobbynäherinnen. Sogar Stern-TV berichtete über die Initiative.

Es war ein Traum

Gut ein Jahr später zog der „Rotblonde Faden“ dann in die Hauptstraße 5 um, in die Räumlichkeiten der ehemaligen Bio-Bäckerei Gürtner. „Ich hatte damals einen Traum“, erzählt die 35-Jährige. „Ich habe mich eigentlich immer mit dem Rollator aus dem Laden rausfahren sehen.“ Doch das habe sich erledigt.

Zeitnah will Nicole Kölnsperger in ihren Beruf als Arzthelferin zurückkehren. Dann könne sie nicht nur etwas für ihr Alter zurücklegen, sondern habe auch wieder etwas mehr Zeit für ihre Familie. So wie ihr gehe es gerade vielen Selbstständigen, sagt die Maisacherin. Durch Inflation und Bürokratie würden die Kleinbetriebe kaputt gemacht. Das müsse sich wieder ändern.

Nachmieter gesucht

Wann Nicole Kölnsperger das letzte Mal ihren „Rotblonden Faden“ zusperrt, ist noch unklar. Der Mietvertrag für die 67 Quadratmeter (Verkaufsraum, Arbeitsraum, kleine Küche) inklusive Stellplätze (drei vor dem Laden, einer im Hinterhof) läuft nämlich noch bis zum 28. Februar 2026. Deshalb sucht sie dringend einen Nachmieter. Allerdings gebe es Auflagen seitens des Vermieters. erklärt sie. Eisdiele, Dönerladen und Lebensmittelgeschäft seien ausgeschlossen. Interessenten können mit Nicole Kölnsperger über ihre Homepage (www.rotblonderfaden.de) Kontakt aufnehmen oder direkt im „Rotblonden Faden“, Hauptstraße 5, vorbeikommen.

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