„Es geht um Zehntausende“: Viele Wahlberechtigte können bei Bundestagswahl nicht mitstimmen
Am Sonntag ist Bundestagswahl. Doch viele Deutsche können ihre Stimme nicht abgeben. Ihre Briefwahlunterlagen sind nicht rechtzeitig im Ausland angekommen.
Berlin – Vor der Bundestagswahl wird den Wahlberechtigten eingebläut, wie wichtig es ist, ihre Stimme abzugeben: Es sei eine historische Wahl, heißt es von allen Parteien, jeder solle von seinem demokratischen Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen. Ob Union, SPD. Grüne, AfD, FDP, Linke oder BSW – alle Parteien buhlen kurz vor dem Urnengang mit aller Kraft um Wähler. Besonders für die kleineren Parteien steht viel auf dem Spiel, nämlich das Knacken der Fünf-Prozent-Hürde und damit der Einzug in den Bundestag. Einen Überblick dazu liefern die letzten Umfragen zur Bundestagswahl, die die CDU/CSU weit vorne sehen.
Trotzdem fällt eine Gruppe bei der Bundestagswahl unter den Tisch: Viele Deutsche, die im Ausland leben, beklagen, dass sie keine Wahlunterlagen erhalten haben. Sie hätten zwar Briefwahl für die Bundestagswahl beantragt, aber die Unterlagen bis heute nicht bekommen, beschweren sich viele Auslandsdeutsche zum Beispiel in Internetforen und in den sozialen Netzwerken. Bei der Bundestagswahl mitzustimmen, wird ihnen damit unmöglich gemacht.
Gegenüber tagesschau.de erklärte der Verfassungsrechtler Ulrich Battis, dass es sich bei Auslandsdeutschen, die aufgrund verpasster Fristen nicht wählen können, nicht um Einzelfälle handelt. „Es geht um Tausende, wenn nicht Zehntausende“, wird er zitiert. Er hält es für denkbar, dass später dagegen Beschwerden beim Wahlprüfungsausschuss und später sogar beim Bundesverfassungsgericht eingehen könnte.
Vor vorgezogener Bundestagswahl: Auslandsdeutsche erhalten oft ihre Briefwahlunterlagen nicht
Es gibt keine exakten Zahlen der Behörden, wie viele Deutsche im Ausland leben. Laut Zeit wird ihre Zahl auf drei bis vier Millionen Personen geschätzt. Falls wie in Deutschland 73 Prozent davon wahlberechtigt sind, kommt man auf bis zu 2,9 Millionen Auslandsdeutschen, die theoretisch mitwählen könnten, vielfach aber offenbar nicht können.
Offenbar liegt es unter anderem an der vorgezogenen Neuwahl, dass es für Deutsche im Ausland diesmal so schwierig scheint, rechtzeitig an ihre Briefwahlunterlagen zu kommen. Denn dadurch sind auch die Fristen bei dieser Bundestagswahl kürzer als normalerweise. Doch auch schon früher hat es offenbar Probleme gegeben: Die Zeit berichtet beispielsweise über einen Deutschen, der seit 1998 in China lebt und dem es wegen des komplizieren Verfahrens bei keiner der seitdem stattgefundenen sieben Bundestagswahlen gelungen sei, zu wählen.
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Bei Bundestagswahl stehen Deutsche im Ausland vor langem Prozedere für Briefwahl
Doch wie ist überhaupt das Prozedere, wenn Deutsche im Ausland wählen wollen? Die Bundeswahlleiterin informiert darüber auf ihrer Homepage. Wählen kann nur, wer im Wählerverzeichnis eingetragen sei. Dies ist bei Deutschen im Ausland, die nicht in Deutschland gemeldet seien, nicht automatisch der Fall. Sie müssen einen schriftlichen Antrag stellen, ins Wählerverzeichnis eingetragen zu werden. Bei der Bundestagswahl 2025 endete die Frist dafür am 2. Februar. Zuständig ist die Gemeinde, in denen die Person vor ihrem Wegzug ins Ausland gelebt hat. Diese versendet dann die Briefwahlunterlagen per Post ins Ausland.
Da der Postweg unter Umständen sehr lange dauert, bietet das Auswärtige Amt einen Kurierdienst an. Allerdings müssen die Briefe dabei mehrere Stationen passieren, was offenbar oft zu Fehlern führt: Von der zuständigen Gemeinde müssen die Briefwahlunterlagen zum Außenministerium, von dort aus weiter an die Botschaften im Ausland und nach dem Ausfüllen des Stimmzettels wieder zurück. Eine Haftung für das rechtzeitige Ankommen der Wahlunterlagen übernimmt das Auswärtige Amt ausdrücklich nicht, wie es auf der Homepage der Bundeswahlleiterin heißt.
Fristen bei Bundestagswahl zur Briefwahl für viele Deutsche im Ausland nicht einzuhalten
Die Krux bei der Bundestagswahl 2025: Die Stimmzettel konnten erst ab 30. Januar gedruckt werden. Bis dahin lief die Einspruchsfrist zur Zulassung von Parteien. Verschicken konnten die Gemeinden die Briefwahlunterlagen also erst ab Anfang Februar. Gerade bei Auslandsdeutschen, die auf einem anderen Kontinent leben, waren in dieser Zeit zwei Postwege – das Erhalten der Briefwahlunterlagen und das anschließende Zurücksenden – schwer zu schaffen.
Bundestagswahl 2025 - Alles Wichtige zu den Neuwahlen im Februar
So funktioniert die Stimmabgabe: Alles zur Erststimme und Zweitstimme bei der Bundestagswahl 2025.
Antrag, Fristen, Zahlen: Das müssen Sie bei der Briefwahl vor den Neuwahlen beachten.
Vorsicht beim Kreuz: Diese Fehler sollten Sie beim Ausfüllen des Stimmzettels vermeiden.
Auszählung und Stimmabgabe: Alle Informationen zum Zeitpunkt der Ergebnisse der Bundestagswahl in der Übersicht.
Welche Partei passt zu meinen Vorstellungen: Hier finden sie den Wahlomat zur Bundestagswahl 2025.
Briefwahlunterlagen müssen am Tag der Bundestagswahl in der Gemeinde sein
Die ausgefüllten Briefwahlunterlagen müssen auch bei Auslandsdeutschen spätestens am Wahltag, 23. Februar 2025, bis um 18 Uhr bei der zuständigen Gemeinde eingehen – genauso wie es bei allen anderen Briefwahlunterlagen der Fall ist.
Bundeswahlleitern Ruth Brand hatte schon in der Diskussion um den Neuwahl-Termin nach der Vertrauensfrage von Kanzler Olaf Scholz Zweifel angebracht, ob die Wahl in der kurzen Zeit ordnungsgemäß ablaufen könne. Sie bezog sich dabei auch auf fehlende Wahlunterlagen und sah eine hohe Gefahr, dass „der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte“.